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Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge

Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge

Titel: Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Gasbarre
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bevor er meinen Körper sieht? Im Dunkeln war das nicht so schlimm, aber jetzt ist helllichter Tag!
    Er führte mich an seinen Steg, wo er Truthahnschenkel auf Vollkornweizenbrot mit frischen Ananaswürfeln angerichtet hatte.
    »Setz dich«, sagte er. »Du musst etwas essen vor deinem ersten Segeltörn.« Hatte ich ihm etwa erzählt, dass ich bedauerte, während meines Aufenthalts in Italien nicht gesegelt zu sein? Hatte er daran gedacht? Und hatte er das tatsächlich alles alleine vorbereitet? Wundervoll. Seine Augen strahlten blauer als der See, und als ich ihn ansah, wurde mir klar, dass ich tatsächlich verliebt in den Mann war. »Was ist das für ein Ring?«, fragte ich. Normalerweise gehe ich Typen mit Ringen aus dem Weg – zu machomäßig und selbstverliebt –, aber der breite Silberring an seinem kleinen Finger war … sexy.
    »Das habe ich dir noch gar nicht erzählt«, sagte er und schenkte Wasser aus einem Kristallkrug in Weingläser ( Weingläser! ), »aber wir hätten uns letztes Jahr in Italien durchaus begegnen können. Ich habe in Florenz Urlaub gemacht.«
    »Letzten Sommer?« Ich versuchte, gleichmütig zu reagieren, aber mein Herz machte einen Satz.
    »Ja. Und an einem unserer freien Tage habe ich einen Ausflug in ein kleines Dorf gemacht, wo alle möglichen Künstler ihre Werke auf der Straße ausgestellt haben. Es waren nur wenige Touristen dort, und ich habe den Namen vergessen, es war wirklich abgelegen. Und da habe ich diesen Ring gefunden, und der Goldschmied und ich haben versucht, uns darüber zu unterhalten – aus was für einem Metall er ist, warum er gerade dieses Schicht-Design ausgewählt hat –, aber schließlich trennten sich unsere Wege, bevor ich verstand, was der Ring ihm bedeutete. Doch was er mir bedeutete, das wusste ich. Ich denke jeden Tag daran, dass ich in erster Linie ein Künstler bin. Zuerst bin ich Künstler und dann erst Chirurg und Arzt.«
    Ich hätte ihn am liebsten unterbrochen und darauf hingewiesen, wie ähnlich unsere Arbeit war: Beide fanden wir die Schönheit im Alltäglichen. Ich behielt meine Ansicht jedoch für mich; nur meine Gefühle für den Mann wurden immer stärker.
    Während des Essens fiel mir etwas ein, das ich zum ersten Mal auf der Highschool an mir bemerkt hatte: Wenn ich mit jemandem zusammen bin, den ich mag, dann esse ich ganz langsam (sonst tue ich das nämlich nicht – meine Grandma hat kürzlich festgestellt, dass Essen das Einzige ist, was ich ihrer Meinung nach schnell erledige).
    Als Chris sah, dass ich meinen Truthahnschenkel halb gegessen hatte, packte er ihn für mich ein, damit ich ihn mit nach Hause nehmen konnte. Dann legte er mir die Hand aufs Knie. »Du musst dir das Boot ansehen.« Er zog das Boot vom Ufer ins Wasser und bat mich hinein. Als ich an Bord kletterte, schöpfte er Wasser mit der Hand und spülte die winzigen Steinchen von meiner Fußsohle, so sorgfältig wie ein, na ja, wie ein Chirurg. Es erinnerte mich an die Bibelstelle, in der die Fußwaschung beschrieben wird. Es heißt ja immer, das sei der größte Dienst, den eine Person einer anderen erweisen könne. Ich war auf jeden Fall noch nie mit einem so fürsorglichen Mann aus.
    »Okay«, sagte er, »das Segel steuert im Wesentlichen das Boot, aber der Wind lenkt natürlich das Segel. Wenn ich Kiel sage, bedeutet das, dass du dich ducken musst, weil ich dann das Segel über deinen Kopf schwinge. Hast du verstanden?«
    Ich nickte. »Ja.«
    »Hier, setz die auf.« Er zog die Sonnenbrille von seiner Gabriel-Aubry-Nase und setzte sie mir vorsichtig auf.
    »Wie nett von dir«, sagte ich. »Danke.«
    Und schon segelten wir mitten auf dem See, und Chris erklärte mir, dass dieser von Menschen angelegt und von Wald umgeben sei und deshalb nautisch eine Herausforderung darstelle. Nach gerade mal vier Jahren, die er hier lebte, wusste er mehr über den See, als ich in den achtzehn Jahren erfahren hatte, die ich hier aufgewachsen bin. Mit ihm im Boot erschien mir der See auf einmal viel exotischer und völlig anders. Chris brachte mich an einen anderen Ort, auf ähnliche Weise wie die Erinnerung an meinen Großvater, wenn ich einen hohen, schützenden Baum betrachte.
    »Mir ist ganz heiß, dir auch?«, fragte er. Überrascht blickte ich ihn an. »Möchtest du mal rasch ins Wasser springen?«
    Oh, er meinte das Wetter. »Klar. Du auch?«
    Er zog sein weiches graues T-Shirt aus und reichte es mir. Geschützt durch die Sonnenbrille konnte ich ungehindert seinen Brustkorb

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