Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge
Selbstachtung gezogen.« Ich versuche mir vorzustellen, so auf Chris einzugehen. »Glaubst du wirklich, ich könnte so fürsorglich werden?«
»Ja klar!«, ruft sie. »Aber natürlich, Krissy, das kannst du doch. Bloß weil etwas an dem Mann dir unvertraut ist, ist das doch noch lange kein Grund, wegzulaufen. Du musst einfach daran glauben, dass es okay ist, einer anderen Person zu vertrauen.«
Ich stelle meine Eiscremeschale auf den Glastisch und sitze still da. »Grandma«, flüstere ich, »es ist zu spät. Ein anderer Mann ist gekommen, hat gesagt, er sei verrückt nach mir, und hat mich geküsst … und er hat keinen Raum für Zweifel gelassen.« Ich will ihr sagen, dass ich so lange alleine war, dass ich mich einfach nicht auf eine weitere ungewisse Sache einlassen kann.
Tucker habe ich über meine Mutter kennengelernt. Sie und ihre Kolleginnen von der Kanzlei im Ort haben in der Woche nach dem vierten Juli einen Tag organisiert, an dem sie ihre Kinder zur Happy Hour ins Büro eingeladen haben. Weil alle Kinder schon über einundzwanzig waren, wurde es eine ausgelassene Party. »Ich bin so aufgeregt, dass du Tucker endlich kennenlernst«, sagte Mom. »Natürlich musst du dich nicht mit ihm verabreden, guter Gott, nein, er ist ja noch auf dem College. Aber er wäre ein netter Kumpel. Er ist so lustig. Und ein hübscher Bursche … aber natürlich nicht für eine Beziehung.«
Ich hatte die Sonnenblende heruntergeklappt und zog mir die Lippen nach. »Bitte, Mom, ich fange doch nichts mit einem Zweiundzwanzigjährigen an.«
Tuckers Mutter hatte ihm dasselbe erzählt. »Du musst unbedingt Krissy kennenlernen, aber glaub bloß nicht, dass du bei ihr landen kannst.« Er saß mir gegenüber und war wirklich süß, mit seinen schönen Augen, den breiten Schultern und dem ständigen Lächeln. Wir alberten den ganzen Abend herum, und er gab mir ein Bier aus, aber als er mich zum Karaoke einladen wollte, musste ich ihm seine Grenzen aufzeigen.
»Du solltest gehen!«, meinte Mom, die begeistert davon war, wie gut ich ankam.
»Mom, er ist zweiundzwanzig und ein bisschen zu selbstbewusst. Es ist Zeit, den Abend zu beenden.«
In der Woche darauf rief er mich an. »Meine Kumpel und ich fahren in die Ski Lodge in der Nähe des Sees bei eurem Haus. Willst du auch kommen?«
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich zwei Wochen lang nichts vom Doc gehört und war bereit, ihn ziehen zu lassen. Ich zog mir etwas Ausgeschnittenes an und frisierte meine Locken so wild, wie ich es seit Adam Hunt nicht mehr getan hatte. Als ich den Pub betrat, kam Tucker nervös auf mich zu und umarmte mich. »Leute, das ist Krissy«, sagte er. Er wischte sich die feuchten Handflächen an der Jeans ab und führte mich zu einer Gruppe niedlicher Jungs.
»Oh, du bist diejenige, von der er ständig redet!«, rief einer. »Er sagt, deine Mom wäre auch heiß.« Ich stemmte die Hände in die Hüften und blickte mich gespielt schockiert um, aber eigentlich liebte ich den rauen Umgangston.
An jenem Abend tranken wir Jägermeister, und Tucker sagte: »Ich habe zu meiner Mom gesagt, dass du die schönste Frau bist, die ich je gesehen habe.«
Er trug ein bisschen dick auf, aber ich war so ausgehungert nach Zuneigung, dass es mir egal war. An jenem Abend nahm ich ihn mit nach Hause, und auch wenn er im Gästezimmer schlief, verbrachte ich den größten Teil der Nacht mit ihm. Er umarmte mich wie ein Mann und küsste mich wie ein Mann, und es gefiel mir. Für unsere erste Verabredung lieh er sich den glänzenden Pick-up Truck seines Vetters, und wir fuhren wieder zu einem Picknick in der Kanzlei unserer Mütter. Moms Kolleginnen tuschelten, aber so unerwartet sie unsere Verbindung auch fanden, sie betrachteten uns doch als reizendes Paar. Er war so vertraut und unkompliziert, dass wir vier Tage am Stück miteinander verbrachten. Ich genoss es, dass er unter seiner jungenhaften Schale ein offener, liebevoller junger Mann war, dessen Bereitwilligkeit, seine Bedürfnisse auszusprechen – und eins davon schien ich zu sein –, mir wieder das Gefühl gab, stark und geliebt zu sein.
»Du hältst eine Beziehung mit diesem neuen Jungen also tatsächlich für möglich?« Grandma hat mich noch nicht einmal nach seinem Namen gefragt.
»Nun, ich glaube schon. Ich meine, es geht ja erst seit ein paar Wochen, aber wenn er mit der Schule fertig ist …«
»Soll das heißen, er geht noch zur Schule?«
»Äh.« Das hatte ich ihr auch noch erzählen wollen. »Ja. Letztes Jahr auf
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