Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge
kann ich dir nur sagen, dass du aufhören musst, um dich selbst zu kreisen.«
»Grandma!« Ich rede bewusst leise, damit die Nachbarn nichts mitkriegen. »Bist du wirklich der Meinung, dass eine Frau ihre Bedürfnisse für einen Mann hintenanstellen soll?« Fragend blicke ich sie an. In was für einer Zeit leben wir?
Sie zieht die Augenbrauen hoch. »Wenn du jemanden liebst, dann tust du das automatisch.«
Jetzt ist es mir klar: Nach einem Monat voller peinlicher Treffen mit Chris ist so gut wie sicher, dass ich ihn nie werde lieben können. »Okay. Grandma, es tut mir leid, dass ich so heftig war, aber das macht mich wirklich fassungslos! Was brauchen Männer denn so unbedingt?«
»Einen Freund, Krissy. Ein Mann braucht jemanden, der seine Arbeit unterstützt. Jemanden, der ihn umarmt und es auch so meint, wenn er abends nach Hause kommt.« Sie hört auf, in die Pedale zu treten, und beugt sich zu mir. »Willst du mit einem wirklich guten Mann zusammen sein?«
Ja klar, was denn sonst? , denke ich.
»Dann musst du Mut haben. Und Geduld. Viel Geduld.«
Mut und Geduld. Wo sie recht hat, hat sie recht. Ein Mädchen, das mit dem Doktor zusammen sein will, sollte cool sein und unglaublich geduldig ihm gegenüber.
Grandma fährt fort: »Du musst deinen Platz im Leben schon gefunden haben, um stark genug zu sein, die Herausforderung zu meistern. Willst du ein Geheimnis wissen, das ein Mann dir nie verraten würde?«
»Ja.«
»Die erfolgreichen Männer sind diejenigen, die ihr Herz am wenigsten auf der Zunge tragen.« Sie hebt den Finger. »Sie sind es gewohnt zu siegen.«
»Und«, langsam dämmert es mir, »sie sind so sensibel, dass sie keinen Rückschlag ertragen.« Ich beginne zu begreifen. An dem Abend, als wir schwimmen gegangen sind, hat Chris ein anstrengendes Telefonat in unserer Garage geführt, während ich das Abendessen zusammengepackt habe. Dabei hat er den Tennisball, den mein Dad an einer Schnur so aufgehängt hat, dass meine Mom weiß, bis wohin sie den Wagen fahren muss, so traktiert, dass er quer durch die Garage geflogen ist und den Werkzeugkasten meines Vaters heruntergeholt hat. Als Chris ihn nicht wieder aufhängen konnte, hat er mich gedrängt zu fahren. »Wir kommen zu spät.« Ich sollte auf keinen Fall merken, was er angerichtet hatte.
»Verstehst du? Deshalb habe ich mich nach jedem Streit mit deinem Großvater immer als Erste entschuldigt.«
»Auch wenn du im Recht warst?«
»Manchmal.«
Stöhnend lasse ich den Kopf in meine Hände sinken.
Grandma versteht mich. »Krissy, das musst du lernen: Starke Männer haben viel Stolz. Sie werden dir erst zeigen, wie sie sind, wenn sie dich wirklich brauchen, und selbst dann musst du ihnen noch versichern, dass es in Ordnung ist, verletzlich zu sein.« Erneut hebt sie warnend den Finger. »Aber du musst stark sein.«
Sie wird es wohl wissen. Sie hat sechs Jahrzehnte mit meinem Grandpa verbracht, der manchmal ziemlich anstrengend gewesen sein muss, auch wenn ich ihn als perfekt wahrgenommen habe. Großmutter hat mir kürzlich erzählt, dass er in seinen Zwanzigern und Dreißigern den Grundstein für sein Unternehmen gelegt hat und manchmal wochenlang durchs Land gereist ist, um Kunden und Geschäftspartner anzuwerben, während sie mit den fünf Kindern alleine zu Hause blieb. Bei einer Stippvisite zu Hause ist Grandpa in die Kneipe am Ort gegangen. Dort hat er einen seiner Kumpel getroffen, der ihn fragte, ob er nach Michigan fliegen wollte, um einen alten Kollegen zu besuchen.
»Klar«, sagte mein Großvater. »Ruf mich morgen an, und dann machen wir einen Termin.«
»Nein«, erwiderte sein Kumpel, »ich meine heute Abend.«
»Heute Abend? Nein, tut mir leid. Ich habe kein Geld dabei.« (Mein netter Großvater, er hat keinen Gedanken an seine Frau und die fünf Kinder verschwendet, die ihn zum Abendessen erwarteten!)
»Kein Problem, George«, sagte sein Freund. »Mein Flieger steht am Flughafen. Komm, morgen früh sind wir zurück.« Und die beiden flogen nach Michigan, um mit einem Kumpel zu feiern. Als Großvater am nächsten Morgen nach Hause kam, saß Grandma im Wohnzimmer, und sie ist heute noch stolz darauf, dass sie an jenem Tag bis zum Schlafengehen kein Wort mit ihm geredet hat. »Ich habe den ganzen Tag vor Wut gekocht, und er wusste es!« Sie lacht. »Aber wir sind nie wütend ins Bett gegangen.«
»Grandma, sieh mich an. Ich habe so viel Zeit und Kraft investiert, die bestmögliche Leistung zu erbringen, und daraus habe ich
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