Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge
ich bin nicht bereit zu akzeptieren, dass die Beziehung, in der ich mich gerade befinde, nicht die Antwort ist, und ich will auch nicht glauben, dass sie nicht hält … andererseits beweist Grandma mir, dass sie mehr über Beziehungen – und Frauen wie mich – weiß, als ich jemals vermutet hätte. Mit »stark und geduldig« hat sie nicht gemeint, dass ich einem Mann folgen soll, der mir ein bisschen Aufmerksamkeit schenkt. Sie hat gemeint, ich soll stark und geduldig sein für den Partner, der für mich der Richtige ist, und sie stellt die Diagnose, dass Tucker und ich aufgrund der unterschiedlichen Punkte, an denen wir in unseren Leben angekommen sind, nicht zueinander passen.
Das ist wirklich kein einfaches Gespräch. Aber ich kann meine Großmutter nicht kritisieren: Sie hatte genau das, was ich will – eine glückliche Ehe, eine große Kinderschar und ein Leben voller Liebe und Sinn. Als ich über ihre Worte nachdenke, wird mir klar, dass sie damit etwas bezweckt. Sie zwingt mich, mich den Dämonen zu stellen, die meinem Glück im Wege stehen. Versuche ich tatsächlich, der Planung meiner Zukunft zu entgehen, indem ich passiv darauf warte, dass ein Mann das für mich in die Hand nimmt? Wie bin ich bloß auf die Idee gekommen, dass das ein guter Schritt wäre?
Ich meine, Tucker ist reif für sein Alter und unglaublich liebevoll – und ehrlich gesagt, im Bett ist er super –, aber vielleicht kann er mit zweiundzwanzig Jahren noch gar nicht so weit denken wie ich mit achtundzwanzig. Bei unserer dritten Verabredung hat er mich gebeten, seine Frau zu werden. Zuerst habe ich gelacht, aber dann war ich entsetzt. »Oh, mein Gott, du hast das ernst gemeint.«
»Ja, ich mache keine Witze. Ich will mein ganzes Leben mit dir verbringen.« Beinahe hätte ich ihn daran erinnert, dass er keinen Job hatte und dass wir auf der Luftmatratze in seinem Jugendzimmer Sex miteinander hatten, aber es hätte sich nicht gelohnt, darüber zu streiten. Tief im Inneren wusste ich, dass es irgendwann zu Ende sein würde. Ich kannte mich gut genug, um zu wissen, dass ich keines dieser Mädchen war, die sich über einen Antrag auf der Dorfkirmes bei der dritten Verabredung freuen konnten.
Ich gebe Grandma einen Kuss, als ich in die Küche gehe. Ihre zarten Falten geben unter meinen Lippen nach. Auf der Fensterbank an der Spüle steht ihre Marienstatue, und ich blicke an ihr vorbei auf den Kolibri, der in der Sonne Nektar aus Grandmas Futterröhrchen trinkt. Er macht keinen Lärm, er genießt die Säfte des Lebens – wie es Grandma in ihrer Ehe getan hat. Als mir die Porzellanschüssel aus Versehen ins Edelstahlbecken fällt, fliegt der Vogel weg.
»Alles okay, Grandma!«, rufe ich. »Keine Sorge! Nichts passiert!« Sie kichert leise und sagt etwas zu sich, und kurz darauf höre ich sie mit der Zeitung rascheln.
Wie kann ich von dieser Frau abstammen, diesem Inbegriff an Ruhe und Geduld, die über Jahrzehnte hinweg dankbar dafür war, dass sie für ihren Liebsten Opfer bringen konnte? In zwischenmenschlicher Kommunikation bin ich ein Elefant im Porzellanladen; ohne Ziel stürze ich mich in Beziehungen, ganz gleich, ob sie mir etwas bedeuten oder nicht. Verbirgt sich hinter meinem glücklosen Streben nach einer Bindung nur die Tatsache, dass ich überhaupt nicht bereit bin, mein Leben mit jemandem zu teilen, weil ich mich erst noch selbst verwirklichen muss? Kreise ich deshalb immer nur um dieselben Männer?
Großmutters Wangen glühen, als ich in meine Flip-Flops schlüpfe, um zu gehen. Unser Gespräch scheint sie mehr belebt zu haben als das kleine Trainingsfahrrad – die Erinnerung an Grandpa hat ihre Wangen rosig gefärbt … und unsere Unterhaltung über Männer hat uns wieder auf Augenhöhe gebracht.
Am darauffolgenden Sonntag findet unser alljährliches Familien-Boccia-Turnier statt. Dieses zehnjährige Jubiläum ist nicht nur deshalb eine große Sache, weil Hunderte von Teilnehmern für die katholischen Schulen im Ort Geld spenden, sondern auch, weil es zum ersten Mal ohne meinen Großvater, der es ins Leben gerufen hat, stattfindet.
Tucker und ich sind zu spät. Meine Mutter wirft mir einen finsteren Blick zu, als wir uns zu den Leuten gesellen, die am ersten Boccia-Platz stehen (in den letzten zwölf Jahren hat Grandpa insgesamt drei Plätze am See gebaut). Als ältester Sohn und Generaldirektor des Familienunternehmens (ich sage immer im Scherz, dass er auch der Generaldirektor der Familie ist) ist Onkel Phil
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