Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge
das Augenlicht wiedergab, und Valentin versprach, es zu versuchen. Er und die Tochter wurden während der Behandlung gute Freunde (sehr enge Freunde anscheinend – obwohl das auf der Karte nur angedeutet wird), und weil sie intelligent, aber ungebildet war, begann Valentin, sie zu unterrichten. Eines Tages fragte sie ihn, ob Gott ihre Gebete wirklich hören würde, und Valentin erklärte ihr, dass Gott immer das tun würde, was das Beste für uns sei, wenn wir nur an ihn glaubten – die Liebe Gottes müsse man sich nicht verdienen. Kurz vor seiner Hinrichtung gab Valentin ihr einen Liebesbrief mit einer Blume und der Botschaft, Gott zu suchen. Sofort nach Valentins Tod erlangte sie ihr Augenlicht wieder. Als sie in den Spiegel blickte, sah sie, wie schön sie war. In seinem Liebesbrief hatte Valentin geschrieben, dass sie die schöne rote Rose in seinem grauen, elenden Leben gewesen sei, und in jenem Moment begriff sie, dass all ihre Unsicherheit, nicht geliebt zu werden, unnötig gewesen war.
In der Karte, die ich Grandma gegeben habe, steht ein Gebet an den heiligen Valentin.
Lehre mich, großzügig zu lieben und unendliche Freude im Teilen zu finden. Befähige mich, das Beste in anderen hervorzubringen und meine Liebe in die Welt zu senden.
Vielleicht liegt das Geheimnis zur Zufriedenheit darin, dass man aufhört, sich zu fragen, was einem fehlt; wir müssen aufhören, nach der Liebe zu suchen, und anfangen, uns selbst zu akzeptieren und die Menschen zu lieben, denen wir begegnen. Zwei Wochen liegt der erste Jahrestag von Großvaters Tod zurück, und dieses Gebet an den heiligen Valentin erinnert mich daran, wie mein Herz in den ersten Wochen nach Grandpas Tod vor Liebe überfloss. Als ich nach der Beerdigung nach Italien zurückfuhr, konnte ich einfach nicht anders, als allen alten Damen im Ort die Türen aufzuhalten, die Kinder, die ich beaufsichtigte, ständig zu küssen und Celestes Rechnung in der Bar zu übernehmen, wenn ihr Chef mal wieder vergessen hatte, sie zu bezahlen. Dass ich meinen Großvater verloren hatte, machte mich fürsorglicher anderen gegenüber, und ich stellte fest, dass ich weniger nach Liebe hungerte, wenn ich sie anderen schenkte.
Am Sonntag nach dem Valentinstag fährt Celeste nach Ohio zurück, und Mom packt mir einen herzförmigen Hackbraten für Grandma ein. Ich weiß, wie sehr Grandma es hasst, alleine zu essen, deshalb leiste ich ihr Gesellschaft. Sie blickt mich an und lässt Messer und Gabel sinken. »Du kommst mir irgendwie anders vor.«
»Ja?«
»Du hast abgenommen, nicht wahr?«
Ich nicke und schlucke einen Bissen Kartoffelpüree hinunter. »Ein bisschen, fünf Pfund vielleicht. Nach den Feiertagen sind die Pfunde einfach so gepurzelt.«
»Aber das allein ist es nicht.« Sie mustert mich aufmerksam. »Du wirkst glücklicher.«
Ich ziehe die Nase kraus. » Wirklich? «
»Mm-hm.«
»Nun, du übrigens auch. Vielleicht liegt es daran, dass du dein erstes Jahr ohne Grandpa überstanden hast.«
»Ja, damit hat es vermutlich etwas zu tun. Aber du …«, sagt sie nachdenklich. »Irgendetwas ist ganz anders.«
Macht uns Zufriedenheit attraktiver? Ich erinnere mich noch gut an das erste Video, das ich von Bon Jovi gesehen habe. Zunächst sah er einfach nur gut aus, so wie immer, aber als er dann beim Refrain plötzlich übers ganze Gesicht strahlte, da bekamen alle anwesenden Mädchen – na ja, mein Babysitter, ihre Freundin und ich – ganz weiche Knie. Jeder sieht besser aus, wenn er glücklich ist und Wärme und Selbstsicherheit ausstrahlt. Deshalb benutzen wir das Wort »anziehend« – die positive Ausstrahlung einer Person zieht uns an wie ein Magnet.
Aber ich frage mich natürlich, ob das auch bei großen Entfernungen funktioniert. Ich erzähle Grandma, dass Chris seit Ende Januar wieder in Asien ist und dass wir uns vorher noch versöhnt haben. Er hat sich als Erster gemeldet, weil er Unterlagen gesucht hat, an denen ich gearbeitet hatte. Dieses Gespräch war nur kurz, aber herzlich, und er gab mir zu verstehen, dass er tief in meiner Schuld stehe, weil ich immer bereit sei, ihm zu helfen … Allerdings bin ich nie ganz sicher, ob er solche Aussagen aufrichtig meint oder sie nur tätigt, weil er sich gerne dabei zuhört.
Ein paar Tage später rief er mich um sieben Uhr morgens an. Verschlafen ging ich ans Telefon, und er entschuldigte sich sofort, dass er mich so früh geweckt hatte. »Nein, nein, schon gut. Was ist denn los?«, fragte ich.
»Mach dir keine
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