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Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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antwortete Pierre nur:
    »Ich weiß nicht, warum ihr alle auf dem Kopf herumrutscht? Was ist denn passiert? Sie sagen doch bloß die Wahrheit. Was ich bisher gemalt habe und was ihr da durch Paris spazierenfahrt, ist wirklich Scheiße. Von jetzt an werde ich ganz anders malen –«
    Und er malte Ev und die grandiose Natur, aufgelöst in von der Sonne herabtropfenden Farben.
    Callac, dem Eva ein Bild mitbrachte und zeigte, nannte Pierre schlicht ein Arschloch. Keiner hatte von Callac etwas anderes erwartet.
    Eine böse Auswirkung allerdings hatte die ›Taxikunstausstellung‹ doch: Monsieur Emanuel Thierry, der Bananengroßhändler, kündigte Pierre den Auftrag zu dem Bananenplakat und wies seinen Freund Adolph, den Meister, an, einen anderen Gabelstaplerfahrer zu engagieren. Gründe nannte er dafür nicht, aber Pierre gelang es nach langen Nachforschungen und Stiftung einer Flasche Calvados für Robert Adolph, die Hintergründe zu erforschen. Gegen Pierre de Sangries hegte Thierry keinen Groll, im Gegenteil, er wußte Cleverneß im Geschäft zu schätzen, nur – die Bilder wurden von Russen herumgefahren. Und Monsieur Thierry war allergisch gegen Russen. Nicht aus politischen Motiven, nein, ein Russe hatte ihm 1952 seine Frau ausgespannt, die mit fünfzig Prozent am Geschäft beteiligt war. So etwas geht an den Nerv. Wer gibt schon gern fünfzig Prozent her?
    »Da ist gar nichts zu machen, Pierre«, hatte Adolph traurig gesagt. »Wären es Taxis von französischen Kriegsveteranen gewesen …«
    »Aber die Kriegsveteranen hatten nicht diese Idee. Die hatten die Russen«, sagte Pierre.
    »Eine russische Idee ist immer schlecht«, antwortete der Bananenmeister und entfaltete seine erste Morgenzeitung. »Man muß heute in jeder Lebenslage politisch denken, selbst wenn man auf einer Frau liegt. Russisch ist jetzt immer schlecht …«
    Damit war das Kapitel Markthalle für Pierre vorerst abgeschlossen. Es sprach sich in den neuen Hallen von Rungis schnell herum, daß morgens um fünf der Maler Pierre de Sangries um Arbeit anstand. Wohin er auch kam in die vierzehn Großhallen, jede hundertsiebzig oder zweihundert Meter lang und sechzig Meter breit, zu den elektronisch gesteuerten Fließbändern, die von Computern befehligt wurden, zu den Leuchttafeln und den zweihundertfünfzig Fernsehkameras, die dieses riesige Gelände von zweihundert Hektar überwachten, überall, wo man ihn hätte vielleicht für ein paar Stunden brauchen können, verneigte man sich tief vor ihm, nannte ihn ›Meister‹, und ein Clochard ließ sogar seine dreckige, nach Urin stinkende Hose runter und schrie: »Maître, lohnt sich das? Ich stehe Modell für fünf Francs die Stunde!«
    »Wie konnten wir uns bloß darauf einlassen?« jammerte Madame, als Pierre solche Erlebnisse und Erkenntnisse berichtete. »Wo ist mein Instinkt geblieben? Zum Teufel, ich habe doch bloß das Beste gewollt!«
    Niemand zweifelte daran. Aber es gab in diesen Tagen doch einige Lichtblicke, gewissermaßen einsame Inseln, zu denen man hinschwimmen und sich langlegen und ausruhen konnte. Das waren die Abende mit Pierres Freunden, die um ihn zusammenrückten wie eine schützende Mauer.
    Der ›Rote Henry‹ hatte zwei größere Stories verkauft; angenommen hatte sie eine Fachzeitschrift der Friseure und die Stories schon bezahlt, was beweist, daß die wirtschaftliche Situation des Pariser Friseurhandwerks ziemlich gesund ist. Man feierte diesen Erfolg mit Käsebroten und Rotwein. ›Das Gebetbuch‹ verzeichnete ebenfalls einen Erfolg: Ihm war es gelungen, einen Bischof aus der Fassung zu bringen, als er mitten in dessen Predigt laut durch die Kirche rief: »Hat Jesus das gewollt?!« Natürlich war das gelogen, keiner glaubte ihm das, aber es hörte sich so schön an, daß man auch das mit einem großen Topf Délice de volaille Grand-Palais (das ist Hühnerklein, in Schinken gewickelt und übergossen mit einer Soße aus Käserahm) feierte. Madame kochte diese Köstlichkeit, und Wladimir Andrejewitsch fraß, bis er buchstäblich vom Stuhl fiel. Ponpon, der Einäugige, wartete mit einer neuen Sensation auf: Es war ihm gelungen, seinen Oberkörper, nach hinten biegend, durch seine Beine nach vorn zu schieben, den linken Arm um seinen Hals zu schlingen und dann das rechte Bein zu heben. So stand er, nur auf dem Ballen des rechten Fußes, ein menschliches Knäuel und eine unnachahmliche Leistung als Schlangenmensch. Es brachte ihm fünfundzwanzig Francs mehr Abendgage ein … ein

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