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Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Grund, zu feiern mit einer Art Artisten-Diät, Piperade basquaise, auf deutsch: Rührei mit Tomaten auf baskisch.
    Trotz aller Kritik, allen Anfechtungen (und drei Nachahmungen in Orléans, Lyon und Marseille) erwies sich Fürst Globotkins Idee mit den Bildern in den Taxis als Erfolg. Nach vier Wochen waren 33 Bilder verkauft, in der fünften Woche meldete Graf Nikolai Seraphinowitsch per Funk aus dem Taxi Nr. 1036, daß Pierres letztes Bild verkauft sei. An einen Amerikaner. Für 600 Francs. Das war die Krönung, und man feierte wieder.
    Danach lag das Geschäft lahm, wie man geahnt hatte. Weder Wladimir Andrejewitsch, der mit imponierenden Zahlen aufwartete, noch der ›Rote Henry‹ oder das ›Gebetbuch‹ vermochten Pierre umzustimmen, statt seiner farbenberauschten Bilder mit Ev im Mittelpunkt erneut eine Serie mit Sacré Coeur, der Pont Neuf oder der Seine mit dem Eiffelturm aufzulegen.
    »Ich bin keine Hure –«, sagte er einmal grob, als sogar Madame Coco die Seligkeiten eines auf Sicherheit gebauten Lebens schilderte. »Ich weiß, was ich will und kann! Ich will keinen Namen verlieren.«
    Sie hatten jetzt 7.245 Francs. Sie lagen nicht auf der Bank, sondern bei Madame im Küchenschrank. Dort war der sicherste Ort, geschützt vor allen Bankspekulationen, Terminkäufen, Devisengeschäften und dergleichen Geldartistik mehr, von denen man täglich in den Zeitungen las.
    »Glaub nicht, daß du ein reicher Mann bist«, sagte Madame böse, als Pierre begann, ein Triptychon zu malen. Es wurde, das sah man schon in der Anlage, keine heilige Angelegenheit, sondern eine dreiteilige Landschaft, endlos und sonnig, schwermütig und doch verzaubernd. Eine Kindheitserinnerung, das Land seiner schönen Mama.
    »Wer soll das kaufen?« fragte Madame. »Siebentausend Francs können verfliegen wie siebentausend Fürze.« Manchmal, wenn es nötig war, konnte sie ausfällig werden, als sei sie in der Gosse der alten Hallen geboren. Pierre lächelte sie an.
    »Auch das wird eine Mühe werden«, antwortete er. »Petite mère, schimpfen Sie nicht. Ich weiß, daß Sie mich verstehen, wie Ev …«
    »Wie Ev!« Madame setzte sich in einen der alten Plüschsessel. »Wann heiratest du sie?«
    Pierre sah sie nicht an, er rührte neue Farbe an. Goldgelb mit einem Schimmer Rot. »Nie!« sagte er schließlich.
    »Bist du verrückt, Pierre? Sie arbeitet für dich, sie putzt und kocht, ihr lebt wie Mann und Frau –«
    »Das ist nicht wahr, petite mère …«, unterbrach er sie. Madame Coco fuhr sich mit beiden Händen durch die rote Löwenmähne – es war offensichtlich, daß sie die Welt nicht mehr verstand. »Wie Schwester und Bruder –«
    »Du hast mit ihr nicht –«
    »Nein, Madame.«
    »Soll sie dir weglaufen, du Idiot?«
    »Kann man einen Menschen nur durch das Bett festhalten? Dann soll sie weglaufen –«
    »Du liebst sie nicht?«
    »Petite mère – das war die dümmste Frage, die ich je von Ihnen gehört habe«, sagte Pierre. Er trug das Sonnengelb auf die Leinwand, dick, mit einem Spachtel. Konzentrierte Wärme, nach der er sich zeit seines Lebens gesehnt hatte. »So etwas hätten Sie früher nicht gefragt. Madame, Sie werden alt …«
    Mit nichts konnte man Madame mehr treffen als mit einer solchen Feststellung. Sie sprang auf, wuchtete zur Tür und verließ das Zimmer mit einem Türenknall.
    Pierre legte die Palette zur Seite und trat an das große Fenster. Draußen regnete es noch immer. Ein grauer Himmel, durchsetzt mit Nebel und dem Dunst der Abgase einer Millionenstadt. November. Der lange, häßliche Schornstein des Nachbarhauses stieß einen fetten, gelblichen Rauch aus.
    Ihr kennt mich alle so gut und wißt doch nichts von mir, dachte er. Und das ist gut so. Es soll so bleiben, bis ihr von einem zum anderen Tag die Wahrheit begreift. Es ist nicht mehr viel Zeit, Ev …
    *
    Ein paar Abende später sprachen sie darüber. Sie lagen im Bett, in dem eisernen Ofen gluckerte das Feuer, der Regen rauschte gegen das große Fenster. Zwischen Evs und Pierres Bett stand das Triptychon auf der Staffelei, und wenn sie sich sehen wollten, mußten sie sich aus den Betten beugen und unter den Spreizbeinen der Staffelei hindurchblicken.
    »Ich danke dir, Pierre«, sagte Ev unvermittelt.
    »Wofür?« fragte er zurück.
    »Für deine Anständigkeit. Du hast nicht versucht, mich zu deiner Geliebten zu machen.«
    »Hast du darauf gewartet?«
    »Ja«, sagte sie ehrlich. »Was ist logischer? Was wäre natürlicher? Jeder hätte es

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