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Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dem breiten Flur, lehnte er sich an die Wand. Die Menschen um ihn herum, Ärzte, Schwestern, Pfleger, Patienten, die ihn erstaunt ansahen, erkannte er kaum.
    Malen wie ich liebe, dachte er. Wenn das möglich wäre, würde ich Bilder schaffen, wie sie noch kein menschliches Aug e gesehen hat.
    *
    Die Polizei vom 14. Arrondissement kam nicht weiter.
    Leutnant René Branne stieß wie gegen eine Wand aus Gummi, sobald er bei seinen Verhören ins Detail kam. Die zusammengeschlagenen Lederjünglinge vom ›Club Jeunesse 2000‹ redeten über alles, über die Sozialisierung der Polizei, den Klassenkampf, die Hörigkeit der Behörden gegenüber der herrschenden Bourgeoisie, sie hielten Vorträge über die Reform des Strafrechts in Anwendung auf politische Demonstrationen, nur, wenn die Sprache auf die mysteriöse Nacht kam, wurden sie mundfaul. Auch die schwerer Verletzten im ›Hôpital N. D. de bon secours‹ retteten sich hinter Schwächeanfällen und lagen mit verdrehten Augäpfeln in ihren Kissen, bis der Arzt die Verhöre abbrach.
    Irgendeine grandiose Sache mußte in dieser Nacht passiert sein, die aus den revierbekannten ›Schwererziehbaren‹ (gutes Polizeivokabular) lammfromme Jünglinge gemacht hatte. Leutnant Branne zerbrach sich darüber den Kopf, aber seine Phantasie reichte nicht aus, die Wahrheit auch nur annähernd zu ertasten.
    Dreiundzwanzig Taxifahrer, darunter Kerle wie Schränke, die kaum ein Wort sagten, sondern losprügelten. Ein fetter Kerl mit einem roten Bart, der mit geradezu teuflischer Ruhe ein Gedicht an die Wand malte. Ein Bürschchen mit Gummiknochen, den keiner greifen konnte, weil er durch die Hände flutschte, als sei er aus Schmierseife, und zuletzt – als Krönung – als alles kampfunfähig auf dem Boden und zwischen den zerbrochenen Möbeln lag, ein langer dürrer Mensch, der herumging, von Mann zu Mann, die Hände faltete, ein frommes Wort sprach und ein Heiligenbildchen auf die Brust legte. Und hinter allem das Wissen: Wir haben zwölftausendfünfhundert Taxifahrer in Paris gegen uns.
    Wer kann das verkraften? Vor allem, wer kann so etwas erzählen?
    »Ich lasse nicht locker!« sagte Leutnant René Branne, als er müde und abgespannt die Verhöre abbrach. »Es kann sich hier nur um eine Bandenschlacht gehandelt haben. Und das in meinem Arrondissement! Jetzt geht es um unsere Ehre, Kameraden.«
    Die Polizisten nickten ehrfürchtig, aber mehr konnten sie auch nicht.
    An diesem Abend – Pierre saß oben in seinem Dachzimmer und malte, während Bouillon auf dem Bett schnarchte und der ›Rote Henry‹ Tee kochte – rief Madame Coco bei Monsieur Callac an.
    »Aha! Sie sind es, Cosima!« rief Callac. Er erkannte ihre Stimme schon beim ersten Ton. »Das ist Telepathie. Ich wollte Sie eben auch anrufen. Bei aller ehemaligen Liebe: Das geht zu weit! Sie übernehmen sich.«
    »Reden Sie keinen Blödsinn, Marius«, Madame Coco brüllte in den Apparat, daß Callac den Hörer von sich weghielt und entsetzt anstarrte. »Was fällt Ihnen ein, sich in meine Familienangelegenheiten zu mischen?«
    »Ihre Familie?« Callac setzte sich und angelte nach der Kognakflasche. »Ich habe nie den Ehrgeiz entwickelt, Ihre Familie kennenzulernen.«
    »Pierre und Ev sind meine Familie!« schrie Madame Coco. »Sie haben heimlich durch Ihren verdammten Anwalt die Kosten bei Professor Mauron übernehmen lassen. Ist das wahr? Leugnen Sie nicht, Marius. Maître Foulandre, mein Anwalt, hat es herausbekommen.«
    »Und Maître Dumoulin, mein Anwalt, hat erfahren, daß Sie ebenso heimlich auch die Kosten übernommen haben. Das sollte mich treffen! Mich allein! Reden Sie nicht herum, Cosima. Als ob ich ein abscheuliches, geiziges, widerwärtiges Scheusal wäre …«
    »Der Geiz hat Sie vertrocknet, das stimmt. Um so gemeiner ist es, jetzt den anonymen Gönner zu spielen.«
    »Ev ist meine Angestellte.«
    »Sie benehmen sich, als sei sie Ihre Geliebte.«
    »Cosima!« Callac saß erstarrt. Er entkorkte die Flasche und goß sich ein hohes Glas voll ein. »Das ist infam! Das Mädchen, ich gestehe es, ist mir ans Herz gewachsen. Es könnte meine Enkelin sein. Sie hat Sonnenschein in mein Leben gebracht … dafür bin ich Ihnen dankbar, Cosima. Und was geschieht? Mein Anwalt teilt mir mit, daß die Klinik den Scheck nicht annimmt. Es ist alles bezahlt. Das waren Sie!«
    »Ha!« Callac schrak zusammen. Es hörte sich an, als wäre am anderen Ende der Leitung Madame Coco vom Stuhl gefallen. Er nahm schnell einen tiefen

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