Liebe ist stärker als der Tod
Ev überschrieben und ihnen schuldenfrei vererbt nach ihrem Tod.
»Wer kauft denn dieses Haus?« sagte Madame Coco entrüstet, als Ev davon anfing. »Pierre ist und bleibt ein Idiot! Er soll sich einen Mas (ein Landhaus) in der Provence oder an der Côte d'Azur kaufen, aber wer die Rue Princesse liebt, muß schon ein Fossil wie ich sein. Nein! Nein! Keinen Sou für dieses Haus!«
Pierre malte wie besessen.
Ev besprach die Kapitalanlage mit Callac, der keine Ahnung und nie zu Geld eine andere Verbindung gepflegt hatte als die, es zu besitzen, zu horten und sich am Kontostand zu freuen. Jetzt gab er Ratschläge, daß man mit Geld etwas tun müsse, aber was, das wußte auch er nicht.
Notaren mißtraute er unverständlicherweise. Bankiers kannte er so viele als Kunden, daß er behauptete, sie zu fragen, wäre gleichbedeutend, das Geld der Mafia zu leihen. Er hielt überhaupt nichts von Leuten, die gewerbsmäßig mit Geld umgehen, warum, das begründete er nie. Er war eben auch nur ein alter Sonderling, über den die Zeit hinweggerollt war und der nur lebte, weil man von ihm die besten Gemälde erwerben konnte … praktisch aus einer Zeit, aus der er stammte. Ein Stück atmendes Altertum … ça c'est Paris!
Ev entschloß sich, etwas zu wagen: Sie kaufte vier Autos, Fürst Globotkin, der das Gewerbe hatte, übernahm sie in sein Taxiunternehmen, und so liefen ab Ende Mai vier neue Taxis auf de Sangries' Rechnung durch die Straßen von Paris. Die Autos unterschieden sich von den anderen Taxis dadurch, daß die durchweg russischen Chauffeure Mützen mit einem Band trugen, auf dem – wie bei der Marine – zu lesen war: ›Paris – ma fortune‹. (Paris – mein Erfolg).
Das sprach sich 'rum, und Fürst Globotkin ließ die Idee schützen.
Und so kam es, daß Ev und Pierre mit ihrem grünen Vehikel und dem häßlichsten Hund von Paris durch die Stadt fuhren und ab und zu den schönen Wagen mit den fröhlichen Chauffeurmützen begegneten, und Pierre nicht wußte, daß er der Besitzer dieser Attraktion war. Er hätte sie nämlich sofort abgestoppt und verboten.
»Mein Erfolg ist nicht Paris, mein Erfolg ist Ev …«, hätte er gesagt. »Ändert sofort die Mützen, sonst reiße ich sie euch vom Kopf!«
Warum also alles komplizieren, wenn es einfacher geht?
Callac wurde immer unruhiger, je näher der Juni kam und der Tag, an dem Pierre und Ev in die Provence fahren wollten. Seine Erinnerungen mit Cosima erwürgten ihn fast, auch wenn er gesehen hatte, was jetzt aus ihr geworden war. Für ihn war sie noch immer das junge Mädchen mit den langen schwarzen Zöpfen, die er im harten Salzgras der Camargue entflochten und dann wie eine schwarze Fahne im Wind hatte flattern lassen. Eine Wolke aus schwarzen Haaren gegen einen stahlblauen Himmel und im warmen Meerwind wiegendes mannshohes Schilf … wer kann das vergessen, wenn er noch ein Stückchen Herz übrigbehalten hat?
»Ihr müßt in die Camargue –«, sagte er immer wieder zu Ev, wenn sie zusammen im kleinen Büro saßen. »Ich habe es nie mehr gewagt, hinzufahren. Jawohl, nicht gewagt! Ich habe zuviel dort zurückgelassen. Aber wenn ihr mir vom Etang d'Ulmet einen Arm voll Schilf mitbringt und ein Stück Salzerde, könnt ihr den verdammten Callac weinen sehen. Aber betrügt mich nicht … ich weiß genau, wie das Schilf und der Boden am Etang d'Ulmet aussehen.«
Und so kam der Juni, Paris wurde zum Zauber, den man auf der Zunge schmeckte, wenn man tief einatmete, und der Wetterbericht im Radio verkündete, im Süden Frankreichs lagere ein Hoch mit anhaltendem Sonnenschein.
Pierre begann, in der Werkstatt seinen grünen Wagen ›Mes Rues‹ durchzusehen und auf große Fahrt zu trimmen. Vergeblich redete Wladimir Andrejewitsch auf ihn ein, das Vehikel zu verkaufen und einen sicheren Wagen zu erwerben. Bouillon kam ebenfalls in arge Konflikte: In der Umgebung der Rue Princesse gab es jetzt sieben läufige Hündinnen, und er war ständig unterwegs, kam nur nach Hause, um bei Madame Coco zu fressen und neue Kraft zu tanken und um neben Evs Bett (das gab er nicht auf!) zu schlafen. Sonst aber … so häßlich er war, Bouillon entwickelte sich zu einem Hund, von dem Kenner gesagt hätten: Olala!
»Man sollte Pierre das mal zeigen«, schlug der ›Rote Henry‹ vor. »Wenn Bouillon es fertiggebracht hat, damals das erste Bild von Pierre bei Callac zu verkaufen, vielleicht bringt er es jetzt auch fertig, Pierre auf Ev zu legen. Zwischen Herr und Hund besteht manchmal
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