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Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Pierre, in der Natur weiß der Schwächere immer, wann er aufzugeben hat. Ich habe einmal zwei Füchsen zugesehen, die sich um eine Feh stritten –«
    »Ich bin kein Fuchs, Tonkopf«, sagte Pierre ernst und eindringlich. »Und wenn du Ev anfaßt, stelle ich die Natur auf den Kopf, und der Wurm greift den Elefanten an –«
    Er stand auf und ging hinunter. Bouillon folgte ihm, fast auf den Fersen, es war als verstände er jedes Wort der menschlichen Sprache.
    Am Freitag kam Monsieur Randolph Braillon aus St. Rémy, um von dem ›Tonkopf‹ neue Vasen, Krüge, Amphoren, Schalen und Zierteller abzuholen. Er bezahlte in bar, erzählte Neuigkeiten aus der Stadt und der großen Weltpolitik, die den ›Tonkopf‹ wenig interessierten, und blieb eine Stunde in der Töpferei. Pierre und Ev bekam Braillon nicht zu Gesicht, und der ›Tonkopf‹ erwähnte sie auch nicht. Pierre hatte sich geweigert, seine bereits fertiggestellten Gemälde Monsieur Braillon zu zeigen. »Jeder Idiot ist anders«, hatte der ›Tonkopf‹ gesagt. »Selbst der Steinzeitmensch lebte vom Tausch. Aber bitte, bitte … suche dir dein Paradies so, wie du's willst. Male deine Landschaften und verrecke wie van Gogh …«
    Zehn Tage Sonne und Liebe … und zehn Tage irgendwo auf einem Hügel und malen. Mit Farben, die wie ein Rausch waren, mit soviel Licht, daß es unbegreiflich wurde, wie man auf eine Leinwand so etwas hinmalen konnte, mit einer solchen Explosivität an Lebenssehnsucht, daß man vor den Bildern saß und stumm wurde vor soviel Aufschrei: Ich möchte leben!
    Pierre ging am Morgen allein hinaus in die Landschaft, und Ev verzichtete klug darauf, ihn zu begleiten. Merkwürdigerweise blieb auch Bouillon zurück, als wisse auch er, daß ein so häßlicher Hund in den Stunden, in denen man die Schönheit einfing, nichts zu suchen hatte. Er trottete dann um Ev herum, schielte den ›Tonkopf‹ böse an, stand zwischen ihm und Ev, wenn die beiden miteinander sprachen und knurrte leise, wenn der ›Tonkopf‹ näher als einen Meter an Ev herankam.
    »Er liebt Sie auch, Mademoiselle«, sagte der ›Tonkopf‹. »Wen wundert das? Alles, was männlich ist, wird in Ihrer Gegenwart zum Raubtier.« Er massierte seine breite nackte Brust und kraulte dann seinen wilden Bart. »Sind Sie mit Pierre eigentlich zufrieden?«
    »Ich möchte Ihre Frage nicht verstehen«, antwortete sie.
    Sie standen sich vor einem der Brennöfen gegenüber, inmitten eines Haufens von vorgebrannten Töpfen, die noch bemalt und dann zum zweiten Mal nachgebrannt werden mußten. Für Ev gab es kein Ausweichen, hinter ihr der heiße Ofen, um sich herum die Töpfe und Krüge, vor ihr, breit und unüberwindbar in seiner Kraft, der Mann, der sich Pierres Freund nannte. Er trug nur eine knappe Badehose, und alles an ihm war gespannt.
    »Im Paradies muß Adam ein Mann gewesen sein, der mit einem Faustschlag einen Bullen umwarf«, sagte der ›Tonkopf‹. »So jedenfalls stelle ich ihn mir vor. Anders hätte er Eva nach der Vertreibung nicht über die Runden bekommen. Hier haben wir ein Paradies, Sie heißen Eva, und ich heiße Adam Ratoulle. Das ist kein Zufall mehr, Ev, das ist Schicksal! Wir sollten uns Naturgesetzen nicht widersetzen –«
    »Ich liebe Pierre!«
    »Ich weiß. Man sieht es, man hört es, man schnuppert es, wenn ihr zusammen seid. Aber es ist wider die Natur, Ev! Sie gehören zu einem Mann, der in diesen unwahrscheinlichen Himmel der Provence greift und Ihnen herunterholt, was Sie wollen. Sagen Sie zu mir: ›Ich möchte vom Nachthimmel die Venus haben!‹ – ich hole sie Ihnen herunter, und alle Zärtlichkeit der Venus ist in Ihrem Bett. Und wenn Sie den Mars wollen … herunter mit ihm vom Firmament, und wir kämpfen in den Kissen miteinander bis zur totalen Vernichtung! So etwas brauchen Sie, Ev!«
    »Ich glaube, Sie verkennen mich völlig, Adam Ratoulle«, sagte Ev leise. Aber in dieser Sanftheit lag Stärke und Willen. »Was mich mit Pierre verbindet, ist nicht das, was Sie mir in Ton modelliert haben. Das ist nicht die Hauptsache im Leben. Im übrigen: Mein Rücken verbrennt gleich.«
    »Ich möchte Sie jetzt wegtragen und zeigen, was ein Mann ist«, sagte der ›Tonkopf‹.
    »Versuchen Sie es –«
    »Warum sagen Sie nicht klar: Nein?!«
    »Würden Sie sich darum kümmern?«
    »Natürlich nicht!« Adam Ratoulle lachte mit jenem Unterton, den nur Frauen wie eine Berührung auf der Haut spüren. »Was werden Sie Pierre sagen?«
    »Wenn Sie mich vorbeilassen –

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