Liebe ist Sterblich (Valerie Dearborn) (German Edition)
Fingernägeln, als er in der Erde scharrte und sie zur Ruhe legte. Doch dieses Mal war es anders. Er stand nicht auf und lief davon, wurde nicht zu einer Kreatur der Nacht, seelenlos und wild, entschlossen, jede Kreatur, der er begegnete, abzuschlachten, bis die Welt wieder sicher sein würde.
Stattdessen blieb er dort, blieb in der Erde mit ihnen begraben. Er sah, wie die Käfer sie holten, sah ihre Kleidung zerfallen, sah, wie sie wieder zu Staub wurden; und sie ließ es andauern, ließ den Verlust eine Ewigkeit lang weitergehen. Eine Folter, vor der selbst er zurückgeschreckt wäre.
„Das gefällt mir“, sagte sie von sehr weit entfernt, und er roch sein eigenes Blut in ihrem Atem, während sein Verstand und sein Körper sich aufbäumten. „Ich will, dass du es noch einmal durchmachst.“ Und dann ließ sie es ihn erneut von Anfang bis Ende erleben, wie seine Kinder geboren wurden, bis zu dem Moment, als sie mehr als zerfallen waren, bis Lucas nichts mehr wollte außer zu sterben, damit es aufhörte. Er hätte alles gegeben, damit es aufhörte.
Aber er hatte nichts mehr zu geben. Nichts mehr, womit er kämpfen konnte, kein Mittel, um sich selbst zu verteidigen, weil er jedes einzelne Stück Rüstung ihr gegeben hatte. Sodass sie sie zu einer Waffe schmieden und diese tief in ihn stoßen konnte. Seine Lippen formten Valeries Namen, wollten ihn sagen in der Hoffnung, dass er nicht vergessen würde, dass er sich zu diesem Wagnis aus einem besonderen Grund entschlossen hatte. Doch seine Kinder umfingen ihn mit toten Armen und hielten ihn bei sich unter der Erde, raubten seine Worte und seine Sinne, seine Pläne und seine Erinnerungen.
Seine Kinder legten sich wieder in die Erde hinunter und nahmen ihn mit, hielten ihn dort fest mit nichts als Kummer und Leid; und die Käfer kehrten zurück, knabberten an ihnen herum, stärkten sich mit dem Tod seiner Kinder. Und er weinte, und er betete, zum ersten Mal in aberhunderten von Jahren — betete Lucas darum, zu sterben.
*****
Valerie stolperte zur Lehrertoilette und spritzte sich Wasser ins Gesicht, machte ein Tuch nass und verschwand in einer Toilettenkabine. Sie klappte den Deckel runter und setzte sich mit zitterndem Körper. Sie wollte weinen. Sie wollte schreien. Sie schloss die Augen und sah ihn wieder. Den mysteriösen Mann, der zuvor schon einmal aufgetaucht war.
Du kennst mich, hatte er gesagt.
Du spielst mit dem Tod, hatte er gesagt.
Wie war dann sein Name, wenn sie ihn so verdammt gut kannte? Valerie hielt ein nasses Papiertuch an ihre Stirn.
Tod.
Sie konnte ihn sehen, gefangen hinter ihren Augen. Sie sah ihn in einem finsteren Verließ an die Wand gekettet, aber er schrie nicht mehr. Er war schlaff, der Körper war nach vorne gefallen, als ob er tot wäre, und das war zu viel. Es machte alles unmöglich, ließ sie in den Straßenverkehr hinauseilen wollen, um alles zu beenden. Was verrückt war. Also saß sie stattdessen hier in der Hoffnung, dass sie sich zusammenreißen würde, in der Hoffnung, die Panik aufhören zu lassen.
Ich muss ihm helfen. Das war dumm. Er war nicht real. Er wurde nicht verletzt, und er starb nicht . Es ist nur ein Symptom des Verrücktseins. ,Just a little unwell‘ wie in dem Lied von Matchbox Twenty.
Sie kannte ihn nicht; alles, was sie kannte, war das hier — die Schule, ihr Haus und das Bewusstsein, dass nichts davon sich ganz richtig anfühlte.
Aber er gehört mir , dachte sie irrational und sie bemerkte, dass sie weinte. Du kennst mich, dachte sie erneut. Seine Stimme beschuldigte sie, forderte etwas von ihr. Du kennst meinen Namen. Wirklich? Kannte sie seinen Namen? Kannte sie ihn?
Er gehörte ihr, und er hatte Schmerzen, und sie wollte ihn. Wollte, dass er hier bei ihr war, wollte ihn retten. Verdammt . Ihre Nase fing wieder an zu bluten, das Blut kam schnell und beständig. Sie nahm Toilettenpapier, aber das Blut durchtränkte es andauernd. Sie könnte hier sterben, dachte sie plötzlich, und sie würde ihn nicht wiedersehen.
Du kennst mich.
Du kennst mich.
Du kennst mich.
Sie ließ das Blut fließen, gab es auf, es stoppen zu wollen, und dachte an ihn, daran, was sie wusste, was sie gesehen hatte. „Lucas“, sagte sie und hatte das Gefühl, als ob ihr ein Stachel ins Gehirn getrieben würde. „Lucas!“, rief sie erneut mit schwächer werdender Stimme.
„Du gehörst mir“, murmelte sie, und der Boden raste ihr entgegen, während sie begann sich vor Schmerzen zu krümmen.
Kapitel 18
Jacks
Weitere Kostenlose Bücher