Liebe kann man nicht planen, Casanova
sprechen. Hier und jetzt.“
Das war nicht so günstig.
„Lena, das ist kein guter Zeitpunkt …“, versuchte Damon sie abzuwimmeln.
Doch Lena wollte davon nichts wissen und drängte sich an ihm vorbei ins Zimmer. Damon ließ sie gewähren. Wenn Lena schon diesen Gesichtsausdruck hatte, musste ihr wirklich etwas unter den Nägeln brennen.
„Warum hast du mir verheimlicht, dass du weißt, wo Jared steckt?“
„Was?“ Bei Damon schrillten die Alarmglocken.
„Gestern Abend hast du gesagt, dass du nichts über ihn in Erfahrung bringen konntest. Und eben sagt mir Poppy, dass du dich in seine Akte beim Geheimdienst eingehackt hast! Und dass sie dir beim Entschlüsseln helfen soll.“
„Lena, bitte!“ Er versuchte, ihr seine Hand auf den Mund zu pressen. Das hätte er sofort machen sollen, als sie noch in der Türe gestanden hatte. Aber da war er von Rubys Küssen noch völlig benebelt gewesen. „Nicht jetzt.“
Doch Lena schob seine Hand energisch beiseite. „Warum nicht? Denkst du, ich bin zu schwach, um die Wahrheit zu erfahren?“
„Lena …“
„Du hast mich angelogen!“
„Nein! Ich weiß nicht, wo Jared steckt!“
„Lass mich mit deinen Halbwahrheiten in Ruhe! Das Hacken ist dein Beruf und die Heimlichtuerei deine Leidenschaft, ich weiß. Aber Jared ist auch mein Bruder! Ich will wissen, was mit ihm los ist. Wo er ist, was er macht. Ist es dir nicht in den Sinn gekommen, dass ich dir beim Entschlüsseln behilflich sein könnte? Dass ich mich beim Geheimdienst auch ganz gut auskenne?“
„Lena, bitte nicht jetzt !“
„Warum nicht?“
Um diese Frage endlich aus der Welt zu schaffen, öffnete Ruby die Badezimmertür. Blass sah sie aus, als sie sich tonlos an Lena wandte: „Wahrscheinlich, weil er nicht wollte, dass irgendjemand diese Unterhaltung mitbekommt. Übrigens, ich gehe jetzt … ihr könnt weitermachen. Danke, Damon, für … dass ich dein Bad benutzen durfte.“
Ruby eilte durch den Raum und warf die Zimmertür hinter sich ins Schloss.
„Oh, Mist! Damon, das tut mir leid“, setzte Lena an. Doch Damon war schon aus dem Zimmer gestürmt und eilte Ruby hinterher.
Er fand sie bei den Angestellten des Partyservices, die sie delegierte, wie ein General seine Soldaten während eines Eroberungsfeldzugs. Damon hielt sich im Hintergrund und ließ sie ihre Arbeit machen. Ruby war nicht geflohen. Sie wusste, was man von ihr erwartete, und handelte ganz danach, was ihr Vater ihr beigebracht hatte. Damon beobachtete sie dabei und dachte angestrengt darüber nach, wie es nun weitergehen konnte, jetzt, wo Ruby alles über ihn wusste.
Er eilte zurück in sein Zimmer, warf Lena im Atrium einen bösen Blick zu und packte hastig das Nötigste in einen Rucksack. Dann ging er zurück in die Küche, wo Ruby ihre Anweisungen beendet hatte. Wortlos ergriff er ihre Hand und zog sie mit sich. Es war ihm egal, was die umstehenden Leute darüber dachten. Es war ihm egal, was die Geschäftspartner seines Vaters, an denen sie vorbeieilten, dachten. Und es war ihm auch egal, was sein Vater selbst von ihm dachte. Ruby und er mussten fort von hier. Er musste ihr einen Handel vorschlagen. In aller Ruhe.
Ohne sich zu wehren oder zu sträuben, ergriff Ruby im Vorbeigehen ihre Handtasche und ließ sich dann von ihm weiterziehen. Wohin? Hinaus auf den Parkplatz. Auf dem Weg dorthin betrachtete er sie von der Seite. Ruby war keine Schönheit im klassischen Sinne, keine Grace Kelly oder so. Aber sie hatte ein lebhaftes, hübsches Gesicht, mit Augen, in denen ein Mann versinken konnte, und mit einem Mund, der ein wahres Meisterwerk war.
Als sie beim Auto angekommen waren, hatte Ruby endlich ihre Sprache wiedergefunden.
„Ich kenne mich zwar mit Hackern nicht aus, weiß aber, dass es zwei Sorten davon gibt: die guten und die bösen.“ Ruby Maguire dachte die Dinge zu Ende. „Was für einer bist du? Oder besser noch, für wen arbeitest du?“
„Wird das ein Verhör, Ruby?“
„Würdest du bitte meine Frage beantworten, Damon?“, verlangte sie scharf.
Stille.
„Verbessere mich, wenn ich das missverstanden haben sollte, aber dort drin klang es so für mich, als würdest du hacken, um dir Informationen zu beschaffen. Und das ist meines Wissens strafbar.“
„Das war nur ein kleiner inoffizieller Umweg, den ich einschlagen musste …“
„Und ansonsten ist immer alles offiziell, ja?“
„Es gibt zwischen Schwarz und Weiß viele Grauschattierungen.“ Er sah sie an.
„So, du bist also ein Spion.“
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