Liebe klopft nicht an
Arbeitsunfall gestorben, als sich eine Explosion in der Fabrik ereignet hatte, in der er als Vorarbeiter angestellt gewesen war.
Ein Jahr später hatte Amy auch ihre Mutter verloren, als diese sich mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben genommen hatte. Ihre Mom war nie über den Tod ihres Mannes hinweggekommen und hatte für sich entschieden, dass sie ihm folgen wollte.
Jeder normale Mensch hätte nun »Tut mir leid« oder etwas Ähnliches von sich gegeben, nicht aber Tracy.
»Dann lebst du von deinem Erbe?«
»Nein, ich verdiene meinen Lebensunterhalt mit Arbeit, falls dir der Begriff etwas sagt«, gab sie patzig zurück. Sie hatte keine Lust sich mit dieser Tussi über ihr Leben zu unterhalten.
»Und welchen Job hast du?«
Amy schnaubte innerlich. Gab diese Kuh denn niemals Ruhe? Jessica drängte sich zwischen die beiden Frauen.
»Amy gehört zu den besten Coiffeuren in London«, erklärte sie stolz. Amy sah rasch zur Seite und biss sich auf die Lippe, um nicht laut loszuprusten. Sie liebte Jessicas herzerfrischende Art.
»Ist das so?«, sagte Tracy zweifelnd und zog eine perfekt gezupfte Augenbraue nach oben.
»Jessica übertreibt«, sagte Amy und schenkte ihrer Freundin ein dankbares Lächeln. Obwohl auch Jessicas Eltern unglaublich reich waren, hatten sie ihre Tochter zu einem anständigen Menschen erzogen, die die kleinen Dinge des Lebens zu schätzen wusste.
»Was verdient man denn in diesem Job?«
Jetzt war es aber wirklich genug. Amy würde dieser Zicke sicher nicht verraten, was am Monatsende auf ihrem Lohnzettel stand. Mal ganz abgesehen davon, dass diese sich unweigerlich über Amys Verdienst lustig machen würde, sobald sie erfuhr, wie gering dieser war.
»Darüber spreche ich nicht«, sagte sie so freundlich wie möglich. Tracys Blick glitt prüfend über Amys Kleidung.
»Verständlich. Wenn ich mir deine Klamotten so ansehe, dann kann das ja nicht die Welt sein«, zischte sie.
Bevor Amy eine passende Antwort einfiel, war Tracy schon davongetänzelt und redete Sekunden später, auf Taylor ein, der Amy einen verzweifelten Blick zuwarf.
»Das ist vielleicht eine doofe Kuh.« Jessica hakte sich bei Amy ein.
»Da kann ich dir nur zustimmen«, murmelte Amy und sah zum Schaufenster eines Secondhandladens. Dann plötzlich sah sie es und blieb ruckartig stehen. Unweigerlich hielt auch Jessica an und sah sich verwirrt um.
»Was ist denn los?«, erkundigte sie sich und suchte nach dem Grund für Amys abrupten Stopp. Amy löste sich von ihrer Freundin und machte ein paar Schritte auf das große Fenster zu, ohne den Blick von der Schaufensterpuppe und dem Kleid, welches diese trug, abzuwenden.
»Das ist wunderschön«, hauchte sie und legte eine Hand auf das Glas. Das Kleid war aus hellblauer, schimmernder Seide, hatte zwei zarte Spaghettiträger und einen tiefen V-Ausschnitt. Es war eng geschnitten, und besaß seitlich einen Schlitz, der fast ein wenig zu gewagt war. Er ging bis weit hinauf zu den Oberschenkeln. Das wirklich Besondere an dem Kleid jedoch waren die funkelnden Kristalle, die den Stoff übersäten. Am Oberteil saßen die funkelnden Steine dicht aneinandergedrängt und wurden nach unten hin immer weniger. Es sah aus wie frischer Morgentau, der in der Sonne glitzerte.
»Das ist wirklich traumhaft«, stimmte Jessica ihr zu. »Könnte sogar genau deine Größe sein, wenn ich mich nicht täusche. Damit würdest du auf der Hochzeit ganz schön auffallen.«
»Es ist ein absoluter Traum«, flüsterte Amy. Jessica schlenderte zur Eingangstür und beugte sich nach vorn, um die Ladenöffnungszeiten zu finden.
»Die machen morgen um neun Uhr auf. Wenn du willst, fahren wir noch einmal hierher, dann kannst du es anprobieren«, schlug sie vor.
Amys Blick wanderte zu dem kleinen Schild am Boden, an dem der Preis zu lesen war. 489 Pfund. Sie seufzte.
»Ich kann es mir sowieso nicht leisten«, erklärte sie niedergeschlagen und zog Jessica vom Schaufenster fort. »Aus den Augen, aus dem Sinn«, murmelte sie.
In einiger Entfernung stand Taylor und musterte die beiden. Von Tracy war weit und breit nichts zu sehen. Doch dann entdeckte Amy Tracys auffallend rote Haare vor einer Eisdiele. Sie tänzelte vor der Glasvitrine herum und nahm gerade ein Eis entgegen.
»Was Interessantes gesehen?«, fragte Taylor neugierig, als sie ihn endlich erreicht hatten. Amy schüttelte den Kopf, doch Jessica plapperte munter drauf los.
»Amy hat im Schaufenster ihr Traumkleid gefunden. Hellblau mit
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