Liebe kommt auf sanften Pfoten
empfand sie Freude, weil ihre Schwester endlich ein wenig Licht in ihr düsteres Dasein brachte. Andererseits war sie gleichzeitig aber auch eifersüchtig, weil Juliet einen Neubeginn wagen konnte und eine Romanze in Aussicht hatte, obwohl sie selbst die Euphorie, die man verspürte, wenn man sich verliebte, wegen all der Verantwortung, die sie trug, hatte unterdrücken müssen.
Schnell schob Louise diesen Gedanken beiseite, weil sie sich wegen dieser Angelegenheit schämte.
»Oh, das hat sie nicht verraten wollen. Nur dass er einer ihrer Kunden ist, der sie eingeladen hatte, um ein volles Haus bei der Ausstellung zu haben.« Diane verzog das Gesicht zu einer »Na ja, eigentlich glaube ich ja nicht daran«-Miene. »Edith kannte den Mann auch nicht, aber er schien sehr nett zu sein. Juliet hatte die Lippen fest aufeinandergepresst, du weißt ja, wie sie ist, deswegen habe ich sie zu nichts gedrängt. Mittlerweile sollte sie aber wissen, dass man in dieser Stadt keine Geheimnisse haben kann!« Diane wackelte mit dem Zeigefinger. »Irgendwann kommt alles ans Licht!«
Louise schluckte. Ihrer Meinung nach kam es ganz allein darauf an, wie sehr man sich bemühte, ein Geheimnis zu bewahren.
»Wollte sie dir denn nichts davon erzählen?«, hakte Louise weiter nach. »Wie komisch, dass sie nichts gesagt hat. Wann soll das gewesen sein? Letzte Woche? Ich überlege gerade, ob wir vielleicht auch eine Einladung für diese Veranstaltung hatten …«
Diane versuchte unweigerlich, einen Rückzieher zu machen, da sie eine gewisse Spannung zwischen ihren Töchtern gespürt hatte. »Ich kann gut verstehen, warum sie es für sich behalten hat. Sie weiß doch genau, wie gern dein Vater und ich Ben hatten. Natürlich hatten wir ihn gern, aber ich fände es dennoch gut, wenn sie wieder jemanden findet, der sie glücklich macht.«
»Das hoffen wir doch alle«, entgegnete Louise automatisch. Toby schlug mit einem Löffel auf das Tischchen vor ihm, und Louise nahm ihm schnell den Löffel ab, bevor es ihr auf die Nerven ging.
»Da wir gerade über Weihnachten reden«, fuhr sie fort. »Welchen Collegekurs will Dad denn jetzt belegen? Er spricht ja nun fließend Walisisch.«
Die Septemberkurse am College waren jedes Mal ein Highlight für Eric. Im Juli besorgte er sich das Kursbuch und studierte eingehend, welche Collegekurse er seinem Lebenslauf hinzufügen wollte. Mittlerweile hatte er mehr Abschlüsse vorzuweisen als Louise und Juliet zusammen.
»Oh, er hat sich noch nicht festgelegt«, erklärte Diane ausweichend. »Vielleicht meldet er sich dieses Jahr auch gar nicht an. Immerhin verschlingt so ein Kurs sehr viel Zeit.«
»Wie bitte?« Das kam Louise seltsam vor. »Will er denn mehr Zeit im Garten verbringen?«
»Nein, er will sich nur nicht wieder für ein ganzes Jahr binden. Der Walisisch-Kurs hat ihn ziemlich mitgenommen.« Während Diane sprach, räumte sie den ohnehin schon aufgeräumten Tisch auf. Die Reklamesendungen sortierte sie zu einem kleinen Stapel und legte ein paar Äpfel in den Obstkorb. »Er will sich alle Möglichkeiten offenhalten.«
Besorgt musterte Louise ihre Mutter. Die Strähnchen und die neue Brille – egal. Wirklich beängstigend war die Tatsache, dass Dad im neuen Semester keinen Kurs belegen wollte. »Mum, gibt es vielleicht irgendetwas, was du mir verschweigst?«
»Nein!« Diane schaute auf und sah sie mit glänzenden Augen an. »Könnte ich je etwas vor Longhamptons Oberstaatsanwältin verbergen?«
Louise erwiderte nichts. Doch für eine Familie, für die ihre Mitglieder wie ein offenes Buch waren, taten sich derzeit ziemlich viele Geheimnisse auf.
19
W o sollen die hin? Oh, störe ich gerade?«
Hastig schloss Louise das Browserfenster des Internets, als Tanya, die neue Büroleiterin, geschäftig mit einer Ladung Aktenmappen und dicken Ordnern mit Fallnotizen ins Büro geeilt kam.
»Nein«, erwiderte sie schnell, doch als sie Tanyas »Ja, klar«-Miene sah, fuhr sie fort: »Ja, erwischt. Ich habe kurz einen Blick auf meine Tesco -Einkaufsliste geworfen. Wenn ich mich erst kurz vor Feierabend darum kümmere, vergesse ich immer alles Mögliche. Tut mir leid. Legen Sie bitte alles hier auf die Ecke.«
»Ihr kleines Geheimnis ist bei mir sicher.« Tanya zwinkerte ihr zu. »Sie sprechen hier nämlich gerade mit der Frau, die eine Stunde früher zur Arbeit gekommen ist, um herauszufinden, wann der Schlussverkauf beginnt, bevor die anderen es tun.«
Louise lachte verschwörerisch und räumte eine
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