Liebe kommt auf sanften Pfoten
musterte sie Juliets Pyjamahose und die dicke Fleecejacke.
»Ich war heute Morgen schon mal draußen.« Verschlafen rieb sich Juliet die Augen. Sie hatte sich stundenlang im Bett herumgewälzt und irgendwann schließlich aufgegeben, war nach unten gegangen, um sich einen Tee zu kochen. Dann hatte sie jedoch weder Milch noch Kekse gehabt, weshalb Minton und sie zum Tesco gefahren waren, der rund um die Uhr geöffnet hatte. Noch während sie an der Selbstbedienungskasse gestanden hatte, war sie von Müdigkeit überwältigt worden. Ihre Wanderungen bei Mondlicht durch die Supermärkte waren nicht mehr so tröstlich, seit sie nun auch tagsüber viel auf den Beinen war.
»Du warst doch nicht schon wieder bei Tesco ?«
»Spielt das eine Rolle?« Zwar wollte Juliet ihrer Mutter nichts davon erzählen, doch insgeheim hatte sie geplant, die fehlenden Stunden Schlaf auf dem Sofa wieder nachzuholen – mit Coco.
Besorgt verzog Diane das Gesicht. »Darüber reden wir später noch – ich habe jetzt leider keine Zeit. Ich dachte, ich bringe dir Coco dieses Mal vorbei, dann sparst du dir die Fahrtzeit.« Sie reichte Juliet je einen Plastikbeutel mit Cocos Futter und ihren Leckerli. »Achte bitte darauf, dass sie ihre volle Gassirunde bekommt, Liebes. Sie muss morgen zum Tierarzt und wird dort gewogen. Immerhin ist sie auf Diät – wir beide eigentlich. Offenbar haben sich mein Arzt und der Tierarzt gegen uns verbündet.«
Diane wich dem Blick ihrer Tochter aus und reichte ihr ein kleines Plastikgerät. »Ach ja … würde es dir etwas ausmachen, das hier anzustecken?«
»Was ist das?«
»Ein Schrittzähler. Eigentlich sollte ich ihn tragen, aber wenn du mit Coco Gassi gehst …«
»Mum, das ist Schummelei!«, protestierte Juliet. »Du kannst doch nicht …«
»Tschüss!« Und schon war Diane auf und davon.
Juliet, Coco und Minton verbrachten eine gute Stunde unter Juliets Bettdecke, während sie Toastbrot knabberten und sich Trödelmarkt-Sendungen im Fernsehen anschauten. Minton und Coco aßen den größten Teil des Toasts.
Nähkästchen wurden gekauft und verkauft. Die TV-Sonne schien warm. Die Hunde schnarchten zufrieden. Cocos warmer Körper neben ihr beruhigte Juliet derart, dass sie dem großen Labrador auf eine fast lächerliche Art und Weise dankbar war. Sie empfand es als tröstlich, dass die Hündin halb auf ihr lag; es war zwar nicht mit einer menschlichen Umarmung zu vergleichen, half aber doch.
Die drei hätten noch eine Ewigkeit einfach nur so daliegen können, wenn sie nicht gegen elf Uhr von einem Schlagbohrer aufgeschreckt worden wären, der nebenan zum Einsatz gebracht wurde. Und diese Bohrarbeiten konnte nicht einmal der Fernseher übertönen. Just in dem Moment, als Juliet dachte, sich mit Ohrstöpseln und Untertiteln behelfen zu können, standen plötzlich Roisin und Florrie mit einem Stück Biskuitkuchen, der mit grünem Zuckerguss überzogen und mit Kokosnussraspeln verziert war, vor der Tür.
»Sind Sie noch gar nicht auf gewesen?«, fragte Roisin. »Warum sind Sie noch nicht angezogen? Erwachsene sollten vor den Kindern aufstehen und sich anziehen. Das sagt das Gesetz.«
»Mum schickt Ihnen den Kuchen«, erklärte Florrie und hielt Juliet den Teller hin.
»Hat das etwas mit dem Lärm zu tun?«, erkundigte sich Juliet. Sie musste fast brüllen.
»Mit welchem Lärm?«, schrie Roisin. »Bei uns werden keine Umbauarbeiten erledigt!«
Juliet runzelte die Stirn. Die Antwort klang doch recht einstudiert. Sie fragte sich, wie wohl die Vorschriften für Umbauten aussahen. Denn die Häuser in dieser Gegend standen ganz gewiss unter Denkmalschutz.
»Ist das Salvadors Geburtstagskuchen?«, fragte sie stattdessen. Wenn dem so sein sollte, dann war der Kuchen bereits mehrere Tage alt.
»Ja«, erwiderte Florrie. »Mum meinte, es sei ein Bestechungsgeschenk. Aber der Kuchen schmeckt ganz gut. Roisin hat aber leider schon was vom Zuckerguss genascht, tut mir leid. Hallo, Hunde!« Sie drückte Juliet den Teller in die Hand und bückte sich, um Minton zu streicheln, der wie ein Schatten hinter Juliet aufgetaucht war.
Juliet schnappte sich mit der freien Hand Minton, bevor er irgendwelche Nagetiere erschnüffeln konnte, die sich in Florries Kleidung verbergen mochten. »Passt bitte auf eure Mäuse auf.« Sie nahm Minton umständlich auf den Arm. »Wie lang dauert der Lärm noch? Und das sollen tatsächlich keine Umbauarbeiten sein?«
»So lange, bis Lorcan den großen Pfeiler gesetzt hat.«
»Aha.« Den
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