Liebe kommt auf sanften Pfoten
wenig erleichtert, dachte sie. Es gibt doch Grenzen dessen, wie viel Coldplay man sich am Stück reinziehen kann.
Mit einem Seufzer nahm sie den Deckel von der Dose ab und hielt Minton ein Leckerli hin, das er ihr vorsichtig aus der Hand nahm. Dann lief er zur Küchenbank, um in Ruhe daran zu knabbern, während er sie gleichzeitig ständig im Blick hatte.
Juliet kochte sich einen Kaffee und überflog die Liste, die sich über mehrere Seiten erstreckte: Putz im Wohnzimmer, Anstrich für acht Räume, Fenster prüfen, Badezimmer sanieren …
Vor ihrem geistigen Auge sah sie das Haus vor sich, das sich wie in einem Zeitraffer dieser Renovierungsshows veränderte. Sanfte Wandfarben kletterten die rohen Wände empor wie Efeu, neutrale Teppiche überschwemmten die nackten Holzdielen wie die hereinbrechende Flut.
Ein Teil von ihr schreckte vor dieser Vorstellung zurück. Woher soll ich denn bloß wissen, wofür Ben sich entschieden hätte, zermarterte sie sich den Kopf, ohne dass ich ihn danach fragen kann?
Lorcans Notizen waren absolut ehrlich, nichts war geschönt. Lass nicht zu, dass irgend so ein frecher Mistkerl dir etwas für Farben abknöpft , hatte er geschrieben. Ich kenne da jemanden, der dir Farben zum Einkaufspreis besorgen kann .
Juliet versuchte einen Augenblick lang, das Ganze aus einer anderen Perspektive zu sehen. Es schien durchaus sinnvoll zu sein, jemanden zu engagieren, den sie kannte. Lorcan selbst hatte gesagt, dass Handwerker immer überwacht werden sollten; wer schien dann also besser geeignet zu sein, die Arbeiten auszuführen, als der Handwerker von nebenan? Von ihrem Zimmer aus konnte sie ihn ganz bequem im Auge behalten und sogar seine Mittagspause überwachen, wenn sie im Garten war.
»O Gott«, stöhnte Juliet laut. »Das klingt ja fast, als würde ich mich langsam in Louise verwandeln!«
Minton schaute von seinem Platz auf dem Sofa hoch.
»Tut mir leid«, entschuldigte sie sich bei ihm. »Ich hab mir nur vorgestellt, wie Tante Louise die Sache in Angriff nehmen würde.«
Louise würde zuerst einen Plan austüfteln, um diesen dann anschließend exakt in die Tat umzusetzen – wie sie es schon bei ihrer Hochzeit, ihrer Karriere und dem Baby gemacht hatte. Überraschend war dabei eigentlich nur, dass Louise noch nicht selbst vorbeigeschaut hatte, um sich die Renovierungsarbeiten anzusehen. In der gleichen Zeit, die Juliet und Ben für den Kauf eines Vogelhäuschens gebraucht hatten, hatte sie bei sich einen kompletten Wintergarten bauen lassen.
Warum auch immer, Juliet hatte stets ein Leiterspiel vor Augen, wenn sie an Louise dachte: Zuerst befanden sich Louise und sie zum ersten Mal seit Jahren auf Augenhöhe, bevor Louise dann durch ihre Mutterschaft eine Sprosse hinaufgeklettert war, während sie selbst mehrere Etagen zurückgefallen war, ganz an den Anfang zurück. Kein Baby. Kein Ehemann. Nichts. Nur ein langer, mühsamer Wiederaufstieg ohne jede Chance auf einen goldenen Ehering – zumindest nicht, wenn vor ihrem fünfzigsten Geburtstag keine Tabletten erfunden wurden, die ewiges Leben schenken konnten.
Juliet schloss die Augen und ließ ihrer Eifersucht freien Lauf. Es war kein schönes Gefühl, aber Louise besaß alles, was Juliet sich immer gewünscht hatte. Alles. Dabei schien sie sich nicht einmal im Klaren darüber zu sein, wie kostbar das alles war und wie schnell alles auch wieder verloren sein könnte.
Juliet machte die Augen wieder auf und wehrte sich dieses Mal gegen die Erinnerungen, die ihr sofort in den Sinn kamen.
Konzentrier dich auf das, was du ändern kannst, ermahnte sie sich. Wie dieses Haus.
Am Ende der Notizen befand sich eine Kostenaufstellung, bei der es Juliet beinahe schlecht wurde. Lorcan hatte netterweise noch ein paar Worte hinzugefügt: Ich könnte die Arbeiten für 20 % weniger erledigen, aber eben nicht in einem Rutsch – das würde die Kosten nur in die Höhe treiben.
Sie legte die Liste auf den Küchentisch und umschloss ihre heiße Tasse mit beiden Händen. Der Betrag war deutlich höher, als sie erwartet hatte. Der romantische Plan war gewesen, dass Ben und sie gemeinsam ihr Traumhaus renovierten, Zimmer für Zimmer, ganz nach ihren eigenen Wünschen. Wobei »romantisch« eigentlich mit »keine andere Wahl« gleichzusetzen war – sie hatten schon alles Geld zusammenkratzen müssen, um das Haus überhaupt zu bekommen; der Großteil ihrer Ersparnisse war in die Anzahlung geflossen. Und »Ben und sie« hieß, dass Ben die Arbeiten mit
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