Liebe kommt auf sanften Pfoten
Freundlich, kultiviert, höflich.
Zusammen spazierten sie an den Rosenbeeten entlang. In der Zwischenzeit versuchte Juliet, den letzten Rest ihres Magnums so zu essen, dass nicht alles auf ihrer Kleidung landete, während Mark sein Eis mit schnellen, sauberen Bissen aufaß, ohne sich irgendwie zu bekleckern. Die weit geöffneten Rosenblüten verströmten einen betörenden Duft, und Juliet bemerkte erstaunt den Unterschied zu ihrem letzten Besuch, als die gelben Knospen noch fest verschlossen gewesen waren. Nur drei Sonnentage hatten alles verändert.
»Sie haben mir doch erzählt, dass Sie eine waschechte Longhamptonerin sind, nicht wahr?« Mark warf den Holzstiel in einen Mülleimer. »Wären Sie vielleicht so freundlich und würden mir mit Ihrer Fachkompetenz nächsten Monat einen Abend lang zur Seite stehen? Ich weiß, bis August ist es noch lange hin, aber ich befürchte, dass Ihr Terminplan bis dahin ziemlich voll sein wird.«
»Was haben Sie denn vor?« Juliet wollte nicht sofort ablehnen, was schon ein gewaltiger Fortschritt für sie war – doch sie tat sich immer noch schwer, feste Zusagen zu geben. In nächster Zeit sollten einige gute Filme und Serien im Fernsehen laufen.
»Ein Freund von mir organisiert eine Ausstellung mit Fotos, die alle hier in der Gegend aufgenommen wurden. Er hat mich zur Vernissage oder Eröffnung eingeladen, wie auch immer man das nennen mag. Ich habe ihm bereits zugesagt, aber da ich erst seit ein paar Jahren hier wohne, könnte es passieren, dass die schönen, stimmungsvollen Aufnahmen bei mir völlig vergeudet sind.« Er blinzelte zu ihr hinüber und sah sie verschwörerisch an. »Ich brauche jemanden, der mir ein paar gute Kommentare einflüstert, wie der Fotograf die wahre Stimmung des Longhamptoner Naherholungsraums eingefangen hat.«
»Herrje«, entgegnete Juliet. »Lässt er etwa sein Auto in Flammen aufgehen? So etwas passiert hier jedes Jahr, wenn die Schulferien beginnen.«
Mark tat entsetzt. »Ich denke, es geht eher um das Mondlicht in den Coneygreen Woods. Von Kriegsberichterstattung hat er nichts gesagt.«
Während sie ein paar Schritte weitergingen, war seine Frage immer noch unbeantwortet. Juliet wusste, dass er auf ein Ja oder Nein von ihr wartete. Na ja, ein Nein würde es kaum werden. Für eine Absage hätte sie sich schon eine wirklich überzeugende Ausrede einfallen lassen müssen. Das Problem dabei war nur, dass ihr außer Fernsehsendungen und der Arbeit im Badezimmer mit ihrem Handwerker keine anderen Begründungen einfielen – und beide Ausreden hätten ihn womöglich gekränkt.
Zudem hob eine leise, sehr schmeichelhafte Stimme in ihrem Kopf hervor, dass Mark vielleicht sehr nett sein könnte.
»Wann wäre das?«, erkundigte sie sich schließlich.
»Am fünfzehnten August. Das ist ein Donnerstag. Am nächsten Tag ist ganz normal Schule, das heißt, es wird nicht sehr spät werden. Außerdem ist Chris überzeugt, dass niemand kommen wird – wenn Sie also nur für eine halbe Stunde vorbeikämen, würde er sich wahnsinnig freuen. Und hatte ich schon den kostenlosen Sekt erwähnt?« Mark schien sich über sich selbst zu ärgern. »Ich hoffe, ich habe die Ausstellung nun nicht über Gebühr angepriesen.«
»Klingt doch gut«, entgegnete Juliet.
»Fabelhaft! Die Vernissage beginnt um sieben Uhr in der Memorial Hall. Sollen wir uns dort treffen? Wenn es hart auf hart kommen sollte, lade ich Sie anschließend als Entschuldigung zu einer Pizza ein.«
»Okay.« Juliet blieben immer noch ein paar Wochen Zeit, um die Einladung abzulehnen, wenn sie es doch nicht übers Herz bringen sollte, hinzugehen. Das war das Gute am Tiersitten: Man konnte sich jederzeit einen Notfall-Dackel ausdenken.
»Prima.« Lächelnd schob sich Mark die Brille ein Stückchen höher. »Dann also bis dahin! Na ja, wir sehen uns natürlich hoffentlich vorher noch, oder? Entweder hier oder bei mir oder …«
»Ja! Klar …!«
Jetzt waren beide ein wenig nervös. Mark hatte es zwar so direkt nicht ausgesprochen, aber dennoch schien das Wort »Date« anzuklingen.
Juliet hatte in all ihren Ratgebern zur Trauerbewältigung die Kapitel über neue Beziehungen mit einer gewissen Distanziertheit gelesen – weil sie sich schlichtweg nicht vorstellen konnte, sich aktiv auf eine neue Beziehung einzulassen. Es kam ihr so vor, als habe man die St. Paul’s Cathedral abgerissen, und sie bekäme nun einen Plan in die Hand gedrückt, um die Kirche wiederaufzubauen. Technisch durchaus machbar,
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