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Liebe, lebenslänglich

Liebe, lebenslänglich

Titel: Liebe, lebenslänglich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula von Arx
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Militärkarriere ein: »Weil meine Mutter davon schwärmte. Vor Männern in Uniform zeigt sie Respekt.« Er studierte Ökonomie, obwohl das studierstubenhafte, blasse Leben seinem Naturell nicht entspricht: »Ich bin ja eigentlich ein Macher.« Er wollte schnellstmöglich auf eigenen Beinen stehen, sein eigenes Geld verdienen und in die Sphäre der Betuchteren eindringen: »Um meiner Mutter zu beweisen, dass ich anders bin als Vater.« Sogar in seinem absoluten Wunsch, sich von seinem Vater abzugrenzen, erkennt Rolf Wanner die mütterliche Eingabe: »Ich habe meinen Vater mit ihren Augen betrachtet.«
    Offiziell wollte Maria Wanner ihre Kinder zu Zurückhaltung und Ehrlichkeit erziehen, »Reden ist Silber, Schweigen ist Gold« oder »Ein gutes Gewissen ist das beste Ruhekissen« waren Redewendungen, die sie oft hersagte. Tatsächlich angekommen waren bei Rolf ihre Träume von einem besseren Leben und die dafür als notwendig erachtete Abgrenzung gegen unten. Rolfs Brüder hätten sich zwar eher lustig gemacht über sie, wenn sie wieder einmal glaubte, das eigentliche Glück finde in Nachbars Garten mit dem akkurat geschnittenen Rasen statt, mit dem gestriegelten Hausherrn, der seiner Frau in den Mantel half und sie hin und wieder mit Rosen beglückte. »Die anderen vier fanden das alles hoffnungslos romantisch, Kleinbürgerkitsch, aber Rolf hat sich offenbar dieses Leben als Ziel gesetzt.«
    Ihr Einfluss auf ihn ist ihr bewusst, weil er mal davon sprach, da war er längst erwachsen. Fußball, Militär, Studium, Status, seine Beispiele sind ihr vertraut. Dabei wäre sie ja schon ein paar Jahre später heilfroh gewesen, ihr Jüngster hätte wenigstens Fußball gespielt; eine militärische Laufbahn hält sie inzwischen für Zeitverschwendung und »Militärkopf« ist als Beleidigung in ihren Wortschatz eingegangen; und ja, Rolf wäre an einer Fachhochschule am richtigen Platz gewesen; und dass Geld allein nicht glücklich macht und Status leichter verfliegt als Staub, weiß ja eigentlich jedes Kind. Sie sei sich damals ihrer Maßgaben und deren Wirkung nicht wirklich bewusst gewesen, sagt Maria Wanner, und ohne Selbstschonung: »Umso schlimmer.«
    Rolf Wanner würde seiner Mutter nie den Vorwurf machen, sie habe ihn als Vollstrecker ihrer Fantasien missbraucht. Das wäre in seinen Augen eine Geringschätzung der eigenen Entscheidungskraft.
    Tatsächlich sind »Selbstverantwortung« und »Verantwortung übernehmen« verbale Wegweiser zu ihm. Seit Kindesbeinen sieht Rolf Wanner sich an das Gefühl gekettet, dass er die Verantwortung übernehmen und sich um alles selber kümmern muss, »weil sonst läuft ja nichts«. Dieses Gefühl suchte und fand so oft Bestätigung, dass es sich zur Gewissheit steigerte: Es bestimmte sein Verhalten zu Hause, wo Rolf Wanner sich an seines Vaters Stelle setzte und seine jüngeren Geschwister zurechtwies, wenn sie sich in seinen Augen der Mutter gegenüber nicht benahmen: »Es war ja sonst niemand da.« Es schwappte über auf sein Verhalten, im Sport: Hemmungslos konnte er Spielern seiner eigenen Mannschaft den Ball wegnehmen, wenn er glaubte, ihre Dribbelei verhindere den Sieg; gab es einen Elfmeter, schoss selbstverständlich er ihn.
    Bis zum heutigen Tag dominiert dieses Gefühl sein Auftreten, auch gegenüber Frauen: »Ich habe immer den Eindruck, wenn ich nichts biete, ist tote Hose.« So witzle und glitzere er, mache Komplimente oder spare an Komplimenten, je nachdem, was ihm atmosphärisch gerade passend erscheine. Bei lustigen Darbietungen Dritter lacht und klatscht er üppig Beifall, kommt eine Konversation ins Stocken, sorgt er für neuen Fluss, indem er das Leben seines Gegenübers befragt, rauf und runter. Er bietet einen weitläufigen Service bei geselligen Zusammenkünften. Danach ist er erschöpft.
    Rolf Wanner wollte immer eine Familie. »Das ist für mich Lebenssinn«, sagt er, und gleichzeitig: »Eigentlich bin ich sehr gerne allein.« Und: »Ich habe noch keine Frau zurückgehalten, wenn sie sich von mir trennen wollte.« Und fast stolz: »Nie habe ich um eine Frau gekämpft. Das wäre mir gar nicht möglich.« Warum nicht? »Weil ich dann einen Korb bekommen könnte.« Er habe Niederlagen erleben müssen, und er fürchte sie. »Ich will kein Verlierer sein. Mein Vater war in meinen Augen ein Verlierer.« Er hält das Risiko minimal. Sich nicht unnötig in entmutigende Situationen zu begeben scheint ihm klug, nicht kleinmütig.
    Trotzdem unternimmt er einiges, um das

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