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Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag

Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag

Titel: Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Familienfrieden zuliebe sollten Brüder verschiedene Lebenswege einschlagen. Jacob und Johann aber beschlossen beide, Mathematiker zu werden, und jeder wollte unbedingt der bessere sein. Jahrelang versuchten sich die beiden gegenseitig zu übertrumpfen, sie beleidigten einander ohne Unterlass und verdarben
so die Stimmung bei so manchem Sonntagsessen bei Muttern.
    80.
    Ein Unbekannter spricht Sie auf der Straße an und verkündet, dass er zwei Kinder hat, davon mindestens eine Tochter. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass er zwei Töchter hat?
    Jacob Bernoullis größter Beitrag auf den Gebieten von Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik war sein Gesetz der großen Zahlen. Dieses Gesetz lautet: »Je größer die Zahl der Versuche, desto weiter nähert sich die relative Häufigkeit eines Zufallsereignisses seiner Wahrscheinlichkeit an.« Zum Beispiel wissen Sie, dass die Chance, mit einem (nicht gezinkten) Wür – fel eine Fünf zu bekommen, bei 1/6 liegt. Das bedeutet nicht, dass man auf jeden Fall eine Fünf bekommt, wenn man sechs Mal würfelt. Doch dank Bernoullis Gesetz wissen wir: Je öfter man würfelt, desto weiter nähert sich der Anteil von gewürfelten Fünfen an der Zahl der Versuche dem theoretischen Wert von 1/6 an.
    Angenommen, man würfelt zwölf Mal. Dann ist es gut möglich, dass man eine erstaunlich große Zahl von Fünfen würfelt – oder anstatt der theoretisch erwartbaren zwei Fünfen gar keine bekommt. Das Ergebnis unserer Würfe weicht dann weit von dem theoretisch »vorhergesagten« Ergebnis ab. Haben Sie etwa bei zwölf Versuchen vier Fünfen gewürfelt, ist durchschnittlich bei jedem dritten Wurf eine Fünf gekommen und nicht, wie eigentlich zu erwarten war, bei jedem sechsten. Und wenn Sie nur eine Fünf gewürfelt haben, lag das Verhältnis von gewürfelten Fünfen zur Anzahl der Versuche bei 1/12 – wieder weit entfernt vom theoretischen Wert 1/6.

    Würfelt man aber 120-mal, liegt der Anteil der Fünfen an der Zahl der Versuche mit großer Wahrscheinlichkeit viel näher bei 1/6. Es ist unwahrscheinlich, dass Sie genau 20 Fünfen würfeln (wie die Theorie voraussagt), aber sehr wahrscheinlich würfeln Sie eine Anzahl Fünfen, die recht nah an diesem Wert liegt. Bekommen Sie 15 Fünfen, liegt der Anteil der Fünfen bei 15/120 oder 1/8, würfeln Sie hingegen 25 Fünfen, liegt ihr Anteil bei 25/120 oder 1/4,8. Diese Werte kommen dem theoretischen Wert viel näher als die Werte des vorigen Beispiels (1/12 und 1/3). Solange Sie die Anzahl der Versuche weiter erhöhen, wird das tatsächlich erzielte Verhältnis von Fünfen zu Versuchen sich immer weiter an den theoretischen Wert annähern.
    Dieses Gesetz ebnet den Weg für eine Unzahl nützlicher Anwendungen der Wahrscheinlichkeitstheorie. Denn es bedeutet, dass wir uns oft nicht mehr die Mühe machen müssen, etwas genau auszurechnen. Wir brauchen keine Tabellen, keine Baumdiagramme oder sonstigen Skizzen mehr. Die Erklärung dafür: Stellen Sie sich einen gigantischen Supermarkt voller Kunden vor, die sich an endlosen Regalen mit Waren vorbei zu den 50 Kassen vorarbeiten. An jeder Kasse sitzt eine gelangweilt dreinsehende Angestellte. Wenn wir einen beliebigen Kunden herausgreifen, können wir fast unmöglich sagen, an welcher Kasse er sich später anstellen wird (wir raten nur in jedem 50. Fall richtig). Zu viele Faktoren bestimmen die Wahl der Kasse: Der Standort des letzten gewählten Produkts, die Länge der Schlangen vor den Kassen, die Abneigung gegen die Gesichtsbehaarung der Kassiererin an Kasse 34 usw.
    Glücklicherweise müssen wir auch gar nichts vorhersagen. Angenommen, Sie wollten die Wahrscheinlichkeit dafür wissen, dass ein bestimmter Kunde Kasse 29 wählt. Dann brauchen Sie die Zahl, wie viele Leute diese Kasse benutzen (sagen wir mal 43) und wie viele Kunden insgesamt Kassen benutzen (sagen wir mal 1500). Dann lässt sich ziemlich gut voraussagen,
dass die Chance dafür, dass ein bestimmter Kunde Kasse 29 nimmt, bei 43/1500 liegt – vorausgesetzt, im Supermarkt passiert nichts, was die Kunden andere Kassen wählen lassen würde. Will man es genauer wissen (und bringt man genug Zeit mit), kann man über längere Zeiträume Kunden zählen.
    Diese Herangehensweise an die Wahrscheinlichkeitstheorie entspricht nur dem gesunden Menschenverstand. Seit Ewigkeiten vertrauten die Menschen darauf, dass die Sonne am nächsten Morgen wieder aufgehen würde, lang bevor Newton die Gesetze entdeckte, warum das passieren

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