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Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag

Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag

Titel: Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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musste. Sie argumentierten schlicht: Die Sonne sei zu ihren Lebzeiten bisher immer aufgegangen, ebenso zu Lebzeiten ihrer Eltern und offenbar jeden Tag in der überlieferten Menschheitsgeschichte. Alles deute also daraufhin, dass sie auch am nächsten Tag wieder aufgehen werde, schließlich habe sich das Universum seit gestern nicht wahrnehmbar dramatisch verändert.
    Hinter dieser Art des Denkens steht eine wichtige Annahme: dass das Universum ein geordnetes System ist. Ist es das nicht, verliert die obige Argumentation ihr Fundament. Wenn es keine Ordnung gibt, dürfen wir aus der Vergangenheit nicht auf die Zukunft schließen, denn dann hat die Vergangenheit keinerlei Auswirkungen darauf, was in der Zukunft passiert. Dann befinden wir uns in der Situation von Bertrand Russells berühmtem Huhn, das sich fälschlicherweise auf ein langes, gemütliches Leben freute, weil der Bauer jeden Tag kam und ihm allerbeste Körner zu fressen gab. Erst an seinem letzten Tag, als sich die Hände des Bauern hart um seinen Hals legten, erkannte das Huhn seinen Denkfehler. Aber es bekam nie die Möglichkeit, seine Freunde und Verwandten darüber aufzuklären – was der Grund dafür ist, dass Hühner bis heute so zufrieden in ihren Ställen gackern und so entsetzt krächzen, wenn sie am Hals aus ihrem Zuhause gezogen werden.

    Doch lassen wir die finsteren Gedanken, inwiefern unsere Existenz der von Hühnern im Stall ähnelt! Vertrauen wir einfach darauf, dass unsere Umgebung regelmäßigen Mustern gehorcht. Wenn wir das tun, kann uns das Gesetz der großen Zahlen im Alltag gute Dienste leisten. Laplace rät uns aufgrund des Gesetzes, stets fröhliche Leute einzustellen. Denn wenn eine Person bisher größtenteils zufrieden gelebt hat, wird sie – solange sich ihr Leben nicht signifikant verschlechtert – wahrscheinlich weiterhin fröhlich sein.
    Das Gesetz der großen Zahlen liefert uns nicht nur eine theoretische Begründung für Dinge, die wir sowieso schon zu wissen glaubten. So waren zum Beispiel alle ganz entzückt, als Newton die Schwerkraft entdeckte und mit ihrer Hilfe erklärte, warum die Planeten sich verhielten, wie sie es taten. Das war ein großer Augenblick für die Wissenschaft, und die Leute glaubten mehrheitlich, andere Forscher würden Newtons Werk weiterführen und letztlich alles anhand solcher Gesetze erklären können.
    Beispielsweise hofften Wissenschaftler, die Bewegungen von Gasen anhand der Newton’schen Gesetze erklären zu können. Schließlich sind Gase schlicht eine Ansammlung herumflitzender und miteinander kollidierender Moleküle. Im All flitzen die Planeten herum, insgesamt ist die Situation also durchaus vergleichbar. Oder? Doch die Wissenschaftler kamen mit diesem Ansatz bald nicht mehr weiter, weil die Zahl der Teilchen und Kollisionen in Gasen einfach zu groß war. Die Situation war zu komplex, als dass man Newtons Gesetze hätte anwenden können. Denn dafür hätte man die Bahn jedes einzelnen Moleküls berechnen müssen.
    Man brauchte also einen anderen Ansatz. Im Supermarkt von weiter oben war es nicht möglich, das Verhalten einzelner Kunden vorauszusagen – sehr wohl aber, das Verhalten einer Vielzahl von Kunden über einen langen Zeitraum. Und ganz analog können wir das Verhalten eines Gases vorhersagen,
ohne zu wissen, wie sich die einzelnen Partikel darin bewegen. Man muss nur annehmen, dass alle Partikel identisch sind, ebenso schwer und schnell wie alle anderen. Auf diese Durchschnittspartikel wendet man dann Newtons Gesetze an und bekommt eine Voraussage für das Verhalten des Gases als Ganzes.
    In anderen Worten: Man ermittelt, was die meisten Partikel aller Wahrscheinlichkeit nach tun werden, und schließt daraus auf das Verhalten des Gases insgesamt. Das klingt zwar nach einem ziemlich gewagten Schluss, aber aufgrund der riesigen Zahl beteiligter Partikel kommt diese Annäherung dem tatsächlichen Verhalten äußerst nahe. Das vorhergesagte Verhalten tritt damit ebenso sicher ein wie das von Newton vorhergesagte Verhalten von Planeten.
    Wenn man nämlich nur genau genug hinsieht, werden viele Dinge unzuverlässig, die uns zuvor grundsolide und unproblematisch vorgekommen waren. Nehmen wir ein stinknormales Objekt wie einen Tisch. Nie würden wir von ihm irgendwelche Überraschungen erwarten. Aber eigentlich ist unser Vertrauen in ihn nicht gerechtfertigt. Schließlich ist ein Tisch lediglich eine Ansammlung von Partikeln, die durch elektrische Kräfte zusammengehalten

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