Liebe meines Lebens
Jetzt, zehn Jahre zu spät, konnte sie sich erklären, was sie damals nicht verstanden hatte. Er hatte sich benommen wie jeder andere verliebte Mann auch, der Angst vor einer Zurückweisung hatte.
Doch das gehörte der Vergangenheit an. Die Frage, warum Gregoris sie
jetzt
allein gelassen hatte, quälte sie, Olympia, viel mehr. Nach der leidenschaftlichen Hochzeitsnacht hatte sie diese abrupte Trennung nicht erwartet. Vielleicht war es ihm einzig und allein darum gegangen, sie ins Bett zu bekommen, und sie langweilte ihn schon. Er hatte sich weder anstrengen müssen, um sie zu erobern, noch konnte sie einem erfahrenen Liebhaber wie ihm eine aufregende Gespielin sein.
Für ihn war jene Nacht, die für sie eine Offenbarung gewesen war, nur eine unter vielen gewesen. Olympia schämte sich immer noch, wenn sie an den Morgen nach der Hochzeit dachte. Wie hatte sie nur so naiv sein und annehmen können, dass Gregoris sich ebenso unbeschreiblich glücklich und zufrieden fühlen würde wie sie?
Wenn er nicht mit ihr im Bett lag, hasste er sie, dessen war sie sich sicher. Sie hatte ihm einmal sehr wehgetan, und das schien er nicht vergessen, geschweige denn verzeihen zu können. Sie hatte sein Ehrgefühl verletzt und ihn vor anderen bloßgestellt – was das für einen Griechen bedeutete, hatte sie damals nicht ermessen können.
Katerina und Lukas hatten leichtes Spiel gehabt. Bestimmt war es Lukas gewesen, der Ramona eingeladen und etwas in Gregoris’ Drink gemischt hatte. Warum schmerzten die Erinnerungen an jene Nacht immer noch? Warum vermisste sie, Olympia, Gregoris so schrecklich?
Sie hätte doch froh sein müssen, dass er sie in Ruhe ließ. Was war los mit ihr? War sie die ganzen Jahre nie von ihm losgekommen, oder hatte sie sich zum zweiten Mal in ihn verliebt? Eins war so schlimm wie das andere, denn er hatte sie nur geheiratet, um die Macht über das Imperium ihres Großvaters zu bekommen und einen Sohn und Erben zu zeugen. Er hatte einen Vertrag mit ihr geschlossen, der keinen Raum für Gefühle ließ.
Nach fünf Tagen langweilte das eintönige Leben auf der Yacht Olympia, und sie wollte etwas sehen und erleben. Es reichte ihr nicht mehr, sich zu sonnen und an ihren Ehemann zu denken, der sie am Tag nach der Hochzeit schnöde verlassen hatte, um sich aufregenderen Dingen zuzuwenden.
Olympia studierte ausgiebig die Karten und Reiseführer an Bord und entschied sich schließlich für Malaga. Der Kapitän, der ausgezeichnet Englisch sprach, lächelte zufrieden, als sie ihn bat, dort anzulegen. Er schien froh, endlich ein Ziel zu haben und obendrein frische Vorräte an Bord nehmen zu können. Offensichtlich hatte er von Gregoris keinerlei Anweisungen erhalten, was ihr nur recht sein konnte.
Als Akt der Befreiung und um ihr neues Selbstbewusstsein zu dokumentieren, ließ sich Olympia die Haare von ihrem Mädchen um gut dreißig Zentimeter kürzen. Sie war äußerst zufrieden mit ihrer neuen Frisur, aber der Kapitän sah sie entsetzt an, als sie mit der Reisetasche in der Hand an Deck erschien, um an Land zu gehen. Sie konnte gar nicht schnell genug zur Gangway kommen und teilte ihm nur im Vorbeigehen mit, dass sie eine Woche an Land bleiben wolle.
Doch er hielt sie zurück und machte sie höflich darauf aufmerksam, dass sie sich im Ausland befinde und gewisse Einreiseformalitäten zu beachten seien. Nach einer halben Stunde waren diese allerdings erledigt, und endlich war sie frei.
Olympia wusste genau, wo sie hinwollte. Sie hatte an Bord der “Aurora” ein Buch über die Alhambra gelesen, die sie unbedingt besichtigen wollte. Sie fuhr mit dem Zug nach Granada, doch inzwischen war es später Nachmittag geworden. Deshalb nahm sie sich ein Zimmer in einer kleinen Pension, um dann den ganzen nächsten Tag für die Besichtigung zur Verfügung zu haben.
Am nächsten Morgen schien die Sonne, und Olympia schlüpfte in ihr hübsches lilafarbenes Sommerkleid. Sie ging gerade über den Parkplatz vor den Toren der Alhambra, als eine große silberfarbene Limousine neben ihr hielt. Damianos stieg aus und öffnete ihr mit unbewegter Miene die hintere Tür. “Kiria Cozakis …”
Olympia blieb stehen und sah Gregoris’ Bodyguard erstaunt an. Wie hatte er sie so schnell finden können?
“Olympia!”, vernahm sie eine nur allzu vertraute Stimme aus dem Wageninneren. “Ich zähle jetzt bis fünf. So lange hast du Zeit, freiwillig einzusteigen.”
Vor Empörung über diese Behandlung stieg Olympia die Röte ins
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