Liebe mit beschrankter Haftung
sage ich zögernd, als wir alleine sind, »hast du mit Daniel gesprochen? Wegen heute Abend?« Ängstlich sehe ich meine beste Freundin an und erkenne an ihrem Gesichtsausdruck sofort, dass sie keine guten Nachrichten für mich hat. Geknickt lasse ich mich auf den Stuhl vor meiner Schminkkommode fallen. Seit Monaten habe ich jetzt schon nichts mehr von Daniel gehört, er hat keinen meiner Anrufe angenommen, keine einzige E-Mail beantwortet. Nach ein paar Wochen habe ich es schließlich aufgegeben, ihm aber vor wenigen Tagen über Kati eine Einladung für unsere Einweihungsparty übergeben lassen. Und ich hatte so sehr gehofft, dass er kommen würde. Aber offensichtlich ist diese absolute Funkstille zwischen uns nicht nur eine Phase.
»Du hast ihm doch wohl hoffentlich nicht erzählt, was wir heute … vorhaben?«, frage ich.
»Natürlich nicht. Das würde er doch nur in den falschen Hals bekommen.«
»Das glaube ich auch. Also hat er nein gesagt?«
»Nicht direkt. Aber ich würde mir keine allzu großen Hoffnungen machen, Süße. Daniel war total geschockt, als er von deiner Schwangerschaft erfahren hat. Ich glaube, er kann mit der ganzen Sache einfach überhaupt nicht umgehen. Vielleicht musst du ihn gehenlassen.«
Plötzlich habe ich einen dicken Kloß im Hals. Daniel gehenlassen? Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich das einmal würde tun müssen.
»Aber dafür hast du jetzt Marko. Und bald ein Baby«, versucht sie mich aufzumuntern und ich straffe energisch die Schultern. Natürlich, da hat sie Recht. Es klingelt.
»Das ist Paul. Jetzt aber schnell.« Ächzend beugt sie sich zu ihrer Handtasche herunter, die sie neben ihrem Fußknöchel abgestellt hat, und beginnt, darin herumzuwühlen. »Hier. Was Neues und Blaues.« Sie fördert ein hellblaues Strumpfband zutage. »Und hier was Altes.« Damit legt sie mir eine Halskette mit einem antiken Anhänger um. »Und das ist gleichzeitig was Geborgtes, ich brauche sie wieder.« Gerührt sehe ich sie an.
»Aber ich heirate doch gar nicht. Wir lassen bloß eine eheähnliche Lebensgemeinschaft eintragen. Wegen der Steuern. Und weil damit die rechtliche Situation eindeutig geklärt ist, auch in Bezug auf das Kind und so.«
»Ja, ja.« Kati lächelt mich nachsichtig an. »Mir kannst du nichts vormachen. Für dich ist das heute ein großer Tag.« Ich grinse ertappt und sie schließt mich in die Arme, wobei unsere Bäuche, ihr großer und mein kleiner, uns ein bisschen im Weg sind. Ungeduldiges Klopfen an der Tür unterbricht uns.
»Was macht ihr denn so lange da drin? Wir müssen los.«
»Wir kommen«, ruft Kati und hält mich auf Armeslänge von sich weg. »Du siehst wunderschön aus«, sagt sie lächelnd. »Die schönste Braut, die jemals nicht geheiratet hat.«
Und ich fühle mich tatsächlich wie eine Braut, als ich an Markos Arm auf meinen hochhackigen, silbernen Schuhen die Treppen hinunterstöckele. Der Mai meint es gut mit uns und schickt an diesem besonderen Tag warmen Sonnenschein und einen strahlend blauen Himmel. In meinem Kopf spiele ich mir selbst den Hochzeitsmarsch von Mendelssohn vor, während wir in Pauls Auto steigen.
»Was summst du denn da?«, erkundigt sich Marko und ich zucke ertappt zusammen.
»Ach, nichts.« Das hätte nicht passieren dürfen. Aber offensichtlich hat er die Melodie nicht erkannt. Ganz im Gegensatz zu Kati, die auf dem Beifahrersitz vor sich hinkichert. Ich gebe es ja zu, vielleicht bin ich ein bisschen verrückt. Habe definitiv nicht mehr alle Tassen im Schrank. Schließlich gibt es kaum etwas Unromantischeres als das, was Marko und ich heute vorhaben. Jedoch ist es, wie der Name schon sagt, wohl das Eheähnlichste, an das ich in meinem Leben herankommen werde. Und das mir. Die ich bereits mit zehn Jahren einen dicken Ordner angelegt habe, in dem von ersten Entwürfen des Brautkleides über den festlichen Ablauf bis hin zur Menüauswahl meine Hochzeit komplett durchorganisiert war. Aber das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert und in meiner Phantasie kann ich mir zumindest ausmalen, dass dies hier mein Hochzeitstag ist. Dass die Motorhaube des schlichten, schwarzen BMWs, der uns zum Standesamt kutschiert, mit einem wunderschönen Gesteck aus roten Rosen geschmückt ist. Dass der hässliche, graue Betonklotz mit den verdreckten Fensterscheiben, der jetzt vor uns auftaucht, in Wahrheit eine romantische Kirche ist, in der Hunderte Gäste gespannt unserer Ankunft harren. Dass mein zwar hübsches, aber doch recht
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