Liebe mit beschrankter Haftung
schlichtes Kleid ein bodenlanger Traum aus edler, weißer Spitze ist. Und dass der schöne Mann im schwarzen Anzug neben mir mich von ganzem Herzen liebt.
»Wollen Sie Ringe tauschen?«, erkundigt sich die erstaunlich junge Standesbeamtin mit den langen, blonden Haaren, nachdem wir unsere Unterschriften auf das Formular gesetzt haben.
»Nein.« Sie sieht ein bisschen enttäuscht aus.
»Wollen Sie sich küssen?«
»Warum nicht?« Ein bisschen enthusiastischer könnte Marko schon sein, finde ich, aber davon will ich mir die Laune nicht verderben lassen. Stattdessen wende ich mich ihm zu und hebe ihm erwartungsvoll das Gesicht entgegen, schließe die Augen und schalte meinen inneren Soundtrack an. Nach einem schnellen Schmatzer ist alles vorbei und wir stehen wieder in dem muffig riechenden Flur mit der hässlichen grauen Auslegeware.
»So, das wäre geschafft.«
»Ja, geschafft.« Ich lächele Marko an, während Kati mich forschend von der Seite ansieht. Wahrscheinlich fürchtet sie, dass ich gleich in Tränen ausbrechen werde. Sicher, die ganze Nummer war vielleicht etwas unglamourös, aber nichts, was ein bisschen Vorstellungsvermögen nicht richten könnte. Und heute Abend folgt eine rauschende Ballnacht mit all unseren Freunden.
Um neun Uhr ist unsere neue Wohnung vollgestopft mit Menschen, von denen ich nur knapp die Hälfte überhaupt kenne. Sie stehen in Grüppchen beisammen, essen Würstchen und Kartoffelsalat von Papptellern und scheinen sich prächtig zu unterhalten. Zufrieden gehe ich von einem zum anderen, halte hier einen kleinen Plausch und lasse da jemanden die Hand auf meinen noch kaum existenten Babybauch legen. Der kleine Balkon an meinem Schlafzimmer biegt sich förmlich unter der Last der Raucher, die dort ihrer Sucht frönen, schnell gehe ich zurück ins Wohnzimmer und stelle mich zu Marko, der sich mit zwei Freunden unterhält und sofort den Arm um mich legt.
»Mia, das hier sind Ulf und Martin, wir spielen zusammen Fußball.«
»Freut mich, euch kennenzulernen.«
»Na, und uns erst«, Martin schüttelt mir die Hand. »Ich muss ja zugeben, dass ich die ganze Nummer für eine ziemliche Schnapsidee gehalten habe.«
»Ich auch«, sagt Ulf. »Aber jetzt wird mir einiges klar.« Er starrt mich an, als wäre ich eine Erscheinung.
»Ich verstehe nicht, was du meinst«, sagt mein eheähnlicher Lebenspartner. »Was hast du erwartet?«
»Jedenfalls nicht, dass sie eine echte Schönheit ist.«
»Tja, das ist sie wohl, oder?« Marko mustert mich von oben bis unten, als hätte er mich noch nie gesehen. Ich werde unter seinem Blick ganz verlegen. »Neidisch?«, erkundigt er sich dann grinsend bei Ulf, der heftig nickt.
»Sehr. Und ihr wollt allen Ernstes behaupten, dass da nichts läuft zwischen euch?«
»Wie oft sollen wir dir das denn noch erklären?«, fragt Martin leicht genervt. »Natürlich läuft da was, oder denkst du, das Baby wird vom Storch gebracht?« Ulf blinzelt irritiert. »Die beiden sind nur nicht verliebt ineinander, das ist alles.« Marko nickt bekräftigend und zieht mich an sich. Eher kumpelhaft als zärtlich.
»Genau. Eine Beziehung, basierend auf gegenseitiger Achtung und Vertrauen. Kann ich nur empfehlen.«
»Ich auch«, sage ich betont fröhlich.
»Also, ich würde mich sofort in dich verlieben«, erklärt Ulf treuherzig, was ihm einen warnenden Rippenstoß von Marko einbringt.
»Pfoten weg!«
»Also, das verstehe ich nicht.« In diesem Moment ertönt wieder die Türklingel, nur schwach zu hören durch den dichten Geräuschteppich aus Musik und Gesprächen.
»Ich mach mal auf«, erkläre ich und zwinkere Ulf zu.
»Geh doch nicht weg«, sagt er enttäuscht und ich mache mich mit einem triumphierenden Lächeln auf den Weg zur Tür. Besser könnte es gar nicht laufen, als dass einer von Markos Freunden mich so offensichtlich anschwärmt. Und ihn das nicht vollkommen kaltlässt. Wunderbar. Ich nehme den Hörer von der Gegensprechanlage, sage »zweiter Stock« und betätige den Türöffner. Kurz darauf steht eine zierliche, junge Frau mit hüftlangem, blondem Haar vor mir, die ich noch nie gesehen habe. Einladend halte ich die Türe auf.
»Du musst eine Freundin von Marko sein. Komm doch rein. Ich bin Mia. Seine …« Seine was? Eheähnliche Lebensabschnittsgefährtin? Mutter seines ungeborenen Kindes? Frau auf Zeit? Mitbewohnerin? Mein Gegenüber nimmt mir die Entscheidung ab, indem sie sagt: »Also ist es wirklich wahr?« Diesen Satz höre ich heute wahrlich nicht
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