Liebe mit Schuss
alles.«
Harlan schluckte so heftig, dass sein Adamsapfel wie ein Tischtennisball hüpfte. »Wir sprechen uns nachher.«
Jamie sah seinen Blick, sah die Verheißung, die darin lag und die ihr verriet, dass er weniger spirituelle, als fleischliche Dinge im Sinn hatte. »Oh, ich danke Ihnen, danke.« Sie ergriff seine Hand, ging auf ein Knie und küsste sie. Die Menge applaudierte. Sie verharrte einen Moment in dieser Stellung und ließ ihren warmen Atem über seinen Handrücken streichen – und glaubte fast sicher zu spüren, wie ihn ein Schauder überlief.
Jamie zwängte sich wieder auf ihren Platz in der ersten Bank. Es kostete sie alle Mühe, nicht triumphierend zu grinsen. »Hab ich dich«, flüsterte sie.
Nachdem sie sich wenig später für den nächsten Tag mit Rawlins verabredet hatte, verließ Jamie die Kirche. Sie ging schnurstracks zu ihrem Pick-up, wo Flohsack geduldig auf sie wartete. Ihr wurde bewusst, dass ihr der Hund allmählich ans Herz zu wachsen begann. Mist. Aber das hieß noch lange nicht, dass sie ihn auch behalten würde. Was er brauchte, war ein Zuhause auf einer Farm, wo er jede Menge Auslauf hatte. Nicht, dass sie ihn je hatte laufen sehen, oder auch nur schnell gehen. Nein, er mochte es eher gemütlich. Wenn er nicht sowieso schlief, was er die meiste Zeit tat.
Plötzlich spürte sie, dass da jemand hinter ihrem Rücken stand. Max.
Er packte ihr Handgelenk. »Oh nein, das wirst du nicht.«
Jamie drehte sich um. Wenn nicht jede Menge Leute, brave Kirchgänger allesamt, in der Nähe gewesen wären, dann hätte sie ihm gleich hier und jetzt ordentlich die Meinung gegeigt. Nach allem, was sie durchgemacht hatte, war sie in bester Kampfstimmung. Stattdessen entzog sie ihm höflich ihren Arm.
»Max, ich sage das nur ein Mal. Verpiss dich. Ich will dich nie wieder sehen.«
»Was hast du hier zu suchen?«, wollte er wissen.
»Ich bin hinter ’ner Story her, wenn du’s unbedingt wissen willst.«
»Ich habe dir ausdrücklich verboten –«
Es ärgerte Jamie, dass sie ihn immer noch so umwerfend fand. »Ist mir piepegal, was du mir angeblich verboten hast, Holt«, fauchte sie. »Hau ab.«
»Nicht bevor du mir erklärt hast, warum du so rumläufst. Und diese Haare! Was soll das alles?«
Jamie reckte hochmütig das Kinn.
»Es geht dich zwar nichts an, aber dieser Aufzug und diese Perücke dienen ausschließlich dazu, Harlan Rawlins zu bezirzen. Gehört alles zu meinem Plan, mich an ihn ranzumachen. Ihn auszuspionieren.«
»Wie bist du hierher gekommen?«
Jamie war froh, dass er nichts Genaueres über ihren Plan wissen wollte. »Ich hab mir einen Pick-up gekauft.« Sie wies mit einem Handwedeln auf besagtes Vehikel. Flohsack hatte den Kopf auf den Rand der Ladefläche gelegt und sabberte gemütlich vor sich hin.
»Mensch, Jamie, das ist das hässlichste Ding, was mir je unter die Augen gekommen ist.«
Der Mann konnte einen wirklich auf die Palme bringen.
Kein männliches Wesen regte sie so sehr auf wie Max Holt.
»Na und, er ist ein bisschen rostig, was soll’s. Dafür hab ich ihn für einen Schnäppchenpreis bekommen.«
»Ich meinte den Köter.«
»Wage es nicht, meinen Hund zu beleidigen, Holt«, zischte sie. »Zufällig ist er ein reinrassiger Bluthund. Aus einem Stammbaum von Champions.«
»Klaro.«
»Außerdem fand ich, dass ich einen Wachhund gebrauchen könnte.«
Max’ Blick huschte verblüfft zwischen ihr und Flohsack hin und her. »Einen Wachhund? Der könnte ja nicht mal einen trockenen Keks bewachen. Ist dir eigentlich klar, was du für ein Risiko eingehst, hier aufzutauchen? Es könnte mordsgefährlich werden.«
Jamie verschränkte gelassen die Arme. »Ich muss es tun, Max. Ich brauche die Story für meine Zeitung. Außerdem erfülle ich mir damit einen Traum.«
»Dein Traum ist, dich wie ein Flittchen aufzutakeln und in einem Schrotthaufen herumzugurken?«
»Sehr witzig. Ich hatte auf der Fahrt hierher viel Zeit zum Nachdenken, und mir ist klar geworden, dass sich mein Leben ändern muss. Ich hab’s satt, Artikel über Schulfeste und Gemeinderatssitzungen zu schreiben. Ich will endlich eine Story, die Biss hat. Und was meine Aufmachung betrifft, ich bin undercover.«
»Es scheint dir ernst zu sein.«
»Mein Leben lang hab ich getan, was von mir erwartet wurde.« Und das stimmte, wie ihr jetzt klar wurde. Jahrelang hatte sie ihren kranken Vater gepflegt und hatte versucht, die Zeitung vor einem Desaster nach dem anderen zu bewahren. »Ich hab’s satt, es
Weitere Kostenlose Bücher