Liebe, nichts als Liebe
werden, dachte Elizabeth, die zum ersten Mal wirkliches Mitgefühl mit Christabel empfand. Und außerdem befanden sie sich nicht in Europa. Wenn Christabel bei Jared bleiben wollte, hatte das Outback seine eigenen Möglichkeiten, die Seinen zu beschützen. Alicia würde hier weitab von all jenen sein, die ein Stück von dem großen Kuchen abhaben wollten.
Die Frage war, welche Rolle spielte Rafael Santiso in dieser Sache? Wo lagen seine Interessen? „Wenn dieses Erbe wirklich eine solche Last ist, warum haben Sie die Treuhandschaft nicht längst abgetreten?"
Er lächelte ironisch. „Ich bin ein geradezu besessener Krisenmanager."
„Und trotzdem haben Sie zugelassen, dass Christabel aus Angst vor Ihnen davongelaufen ist. Verstehen Sie das unter Problemlösung?"
Er ließ sich bewusst Zeit mit seiner Antwort. Dies war die Crux des Konfliktes zwischen ihnen, und sie wussten es beide. Sie musste befriedigend gelöst werden. „Sie hatte Grund, sich zu fürchten ... aber nicht vor mir", erklärte er schließlich schroff. „Es gab gewisse Leute, deren Interessen am besten damit gedient war, Christabel gegen mich einzunehmen. In der Konsequenz wehrte sie sich gegen meine Bemühungen, ihre Sicherheit und die des Kindes zu garantieren, was die Situation noch schwieriger gestaltete." Rafael Santiso zuckte spöttisch die Schultern.
„Vertrauen lässt sich nicht erzwingen. Ich erkannte, dass es einfacher sein würde, ihr die Flucht aus den Fängen des Kruger-Imperiums zu erleichtern, die sie als Gefängnis empfand."
„Sie haben ihre Flucht geplant?"
„Und gelenkt, bis in jede Einzelheit. Die Diamanten, die sie als Währung benutzt hat, die Leute, die sie ihr abgekauft haben, die Leibwächter, die ohne ihr Wissen jeden ihrer Schritte überwacht haben. Ich kann das alles beweisen, Elizabeth."
„Dessen ungeachtet hat sie dennoch in ständiger Angst vor Ihnen gelebt", gab Elizabeth zu bedenken.
„Daran konnte ich nichts ändern, und die Flucht war ihre Entscheidung. Sie wollte ein Gefühl von Freiheit, und ich habe es ihr gegeben", antwortete er scharf. „Wenn Sie wirklich Grund gehabt hätte, mich zu fürchten, glauben Sie, ich hätte dann zugelassen, dass sie irgendeine Beziehung zu Ihrer Familie knüpft?"
„Ich weiß es nicht. Sie sind jetzt hier."
Er lehnte sich sichtlich entspannt zurück und sah Elizabeth warm an. „Mir gefällt diese Verbindung. Immer mehr sogar, Elizabeth."
„Und ich glaube, Sie müssen noch einiges mehr erklären", antwortete sie betont kühl.
Rafael Santiso machte eine einladende Geste. „Tatsache ist, Christabels und Alicias sorgfältig inszeniertes Verschwinden diente zwei Zwecken. Es entzog die beiden einer akuten Gefahr und gab mir die nötige Handlungsfreiheit, um gegen diejenigen vorzugehen, die Bernhards Testament anfochten."
„Ist die Gefahr jetzt vorüber?"
„Bei einer Millionenerbin wird immer die Gefahr von Kidnapping bestehen, aber ich bin insoweit zufrieden, dass das Haus Kruger inzwischen von allen ... unzufriedenen Elementen gereinigt ist." Seine dunklen Augen blitzten verächtlich. „Natürlich werden sich von Zeit zu Zeit immer wieder Gruppen bilden, die die bestehenden Regeln verändern wollen." Er lächelte. „Aber ich bin ein guter Wachhund."
Mehr als das, dachte Elizabeth. Dieser Mann war nicht nur ein besessener Krisenmanager, sondern er liebte die Gefahr. Vielleicht machte ihn gerade das so aufregend.
„Wir wären gute Partner, Elizabeth", sagte er sanft.
Sie sah ihn an und schluckte, als sie die unmissverständlich erotische Aufforderung in seinem Blick las. „Partner in dem Bestreben, Alicia zu beschützen?" entgegnete sie prompt.
„Partner in jeder Hinsicht. Sie wissen es. Ich sehe es Ihnen an. Wie oft im Leben begegnet einem dieses Gefühl gleich auf den ersten Blick? Es ist selten, Elizabeth. Mir ist es heute zum ersten Mal passiert."
„Es fällt mir schwer, das zu glauben, Rafael."
„Oh, ich bin Witwer, und ich habe meine Frau mit der Leidenschaft eines jungen Mannes geliebt. Aber bei Ihnen habe ich das Gefühl... eine wahre Partnerin gefunden zu haben. Ich hätte um sie gekämpft, wenn Ihr Mann noch am Leben wäre."
Lachlan. Elizabeth durchzuckte es schmerzlich. Aber Lachlan war schon lange nicht mehr bei ihr. Vikki kam mit einem Tablett in den Händen auf die Veranda. Waren wirklich erst zehn Minuten vergangen?
„Warum setzen Sie sich nicht, Rafael?" lud Elizabeth ihn erneut ein. Sie brauchte noch etwas Zeit, um über alles
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