Liebe oder so
gerade überzeugend.
Endlose Sekunden lang standen wir dumm herum. Mir fiel beim besten Willen nichts ein, worüber ich gerne mit ihr gesprochen hätte, und gerade, als ich darüber nac hdachte, ob das gut oder schlecht war, fragte sie übertrieben beiläufig: „Und du bist auch wieder mit jemandem zusammen?“
„Ich? Wieso?“
Das verwirrte sie offenbar. „Nur so. Meine Mutter hat so was erwähnt.“
„Aha“, meinte ich, „na ja, so könnte man’s nennen. Wir kennen uns noch nicht lange.“
Wieder entstand eine dieser unsäglichen Pausen.
„Tja, ich muss weiter, ich bin schon spät dran.“ Sie griff nach ihrem Einkaufswagen.
„Ja, ich auch.“
„Vielleicht könnten wir uns ja mal auf nen Kaffee oder so treffen“, schlug sie vor.
„Ja, klar.“
„Also dann...“
„Mach’s gut .“
Ich ließ ihr einen kleinen Vorsprung, ich hatte es ebe nso wenig eilig wie sie selbst. Insgeheim hoffte ich, dass sie das mit der Einladung nicht ernst nehmen würde. Noch hatten sich die Dinge nicht an ihren neuen Platz gewöhnt. Ich wollte Sonja nicht zurück, aber so tun, als sei nichts gewesen, konnte ich auch nicht. Bloß: Wie sagt man jemandem, dass einem eine gelegentliche Begegnung im Supermarkt genügt?
24
Das Weihnachtsgeschäft trat in die heiße Phase ein. Überall Lichterketten, so weit das Auge reichte, die ganze Stadt roch nach Zimt. In der Fußgängerzone verteilten falsche Blondinen Parfümproben. Mich packte beim Anblick ihrer Engelsfummel das blanke Mitleid, bei dem Wetter hätte ich es sogar vorgezogen, als Autoreifen verkleidet Reklame zu laufen.
Erwartungsgemäß artete das Ganze von Anfang an in Stress aus. An Parken in der Innenstadt war nicht zu de nken, selbst um die Behindertenplätze prügelte man sich schon. Wir benötigten alleine eine Dreiviertelstunde, um uns durch die Staus hindurch zu kämpfen, und Caro ergatterte schließlich den letzten Parkplatz am Südpol.
Da ich selbst keine näheren Verwandten mehr hatte, schenkte ich mir für gewöhnlich diesen Weihnachtsstress in der Stadt. Keine Ahnung, wie Carolin mich dazu hatte breitschlagen können, aber schließlich liegt es in der Tradition der Frauen, unsere Schwachstellen herauszufinden, der alte Niebelungen-Siegfried konnte ein Lied davon singen. Meine lag in einer gewissen Lethargie. An manchen Tagen passierte es, dass ich Zusagen machte, ohne darüber nachzudenken, nur um meine Ruhe zu haben.
Zum Glück hatte Carolin schon eine bestimmte Vorstellung davon, was sie wem schenken wollte, das vereinfachte die Sache enorm. Mit Grauen erinnerte ich mich an das Einkaufen mit Sonja, die es liebte, sich vor Ort inspirieren zu lassen. Wenigstens bestand die Hoffnung, dass ich mir diesmal nicht vor irgendwelchen Ankleidekabinen die Beine in den Bauch stehen musste.
Gleich im ersten Kaufhaus fanden wir ein passendes Geschenk für Caros Mutter. Ein Stockwerk tiefer erstand sie einen Pullover für Armin, ich fragte nicht weiter nach, dazu ließ sich das Ganze viel zu gut an. Als wir aber an einem der unzähligen Telefonläden vorbeikamen, meinte sie plötzlich:
„Oder sollte ich ihm besser was zu seinem neuen Ha ndy dazu kaufen?“
„Wem?“ Ich war etwas verwirrt. Gerade hatten wir uns über eine Wohnung unterhalten, die sie sich in den näch sten Tagen ansehen wollte.
„Na, Armin!“
„Ich denke, für den hast du gerade nen Pulli gekauft?“
„Ja, aber jetzt, wo ich das hier sehe“, sie wies auf das Schaufenster, in dem viele kleine Mobiltel efone in Schmuckschatullen funkelten, „fällt mir ein, dass er sich ein neues Handy kaufen will, weißt du, so eins mit diesem neuen Schnickschnack drin.“
„Und der Pulli?“, fragte ich.
„Den kriegt er an seinem Geburtstag. Oder ich schenk ihn dir, du hast doch auch Größe fünfzig.“
„ Achtundvierzig“, sagte ich. „Schön, dass du dir mit der Auswahl meines Geschenks so viel Mühe gibst.“
„Ich glaub, ich überleg’s mir noch“, meinte sie fröhlich , ohne auf meine Bemerkung einzugehen, „kaufen wir erst mal die anderen Sachen.“
„Super.“ Ich hatte gerade Gelegenheit gehabt, einen Blick auf ihre Einkaufsliste zu werfen, ellenlang war die.
Immerhin, sie gehörte zu den Schnellentschlossenen, nach einer Stunde waren wir zur Hälfte damit durch . Ich war mit Plastiktüten behängt und bekam allmählich Arme wie ein Affe.
Man hatte zwei Sonderbusse zum Zwischenlagern der Kinder und Präsente abgestellt. Gleich daneben führten falsche Azteken
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