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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Montag
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das.
    „Kenn ich“, sagte ich, „das ist das mit dem Uhu und der Lerche, oder?“
    Sie nickte und sang die Stelle, nicht für mich, einfach nur für sich selbst. Schon bald nahm sie keine Notiz mehr von mir, ihre Füße fingen wieder an, im Takt zu schaukeln, sie hatte mich bereits vergessen. Schade, dass uns diese Fähigkeit mit der Zeit abhanden kommt, dachte ich, als ich sie da so sitzen sah.
    Der Bus kam, und ich fuhr wieder in die andere Richtung. Hie und da verteilte jemand hustend seine Bazillen, ich fühlte mich unwohl in Gesellschaft all dieser Menschen. Der Nachmittag ging bereits in den Vorabend über, die ersten Berufstätigen hatten die Sitzplätze in Beschlag genommen, und ich starrte trübsinnig aus dem beschlagenen Fenster in die graue Stadt hinaus.
    Um ein Haar hätte ich ihn nicht gesehen. Ein LKW parkte direkt davor, erst als der Bus wieder anfuhr, erhaschte ich einen Blick auf ihn. Ich versuchte den Fahrer zum Anha lten zu bewegen, doch er beharrte auf seinen Scheißvorschriften, seinetwegen musste ich drei Blocks zurücklaufen.
    Ultraflach duckte er sich auf den Schotterparkplatz. Schüchtern glänzte das Chrom in dem trüben Licht, bei direkter Sonne musste man sich sicher die Augen zuhalten. Sogar Speichenräder gab es, sie waren verrostet, passten aber prima zu dem mattschwarzen Lack. Überhaupt, gegen ein bisschen Patina hatte ich nichts einzuwenden, so was passiert halt, außerdem musste man sich dann das Wochenende über nicht mit Polieren aufhalten. Sunbeam Alpine , einer der wenigen Sportwagen, mit denen man beim Autoquartett regelmäßig verlor, aber dafür passte die Anzahl der Nullen auf dem Preisschild zu meinem Geldbeutel.
    Der Verkäufer kam aus seinem Kabuff gehumpelt . Er hatte eine verschlagene Visage und einen ausgeprägten Raucherhusten und schien es bald hinter sich zu haben. Die Kälte war ihm ganz offensichtlich unangenehm, bestimmt warteten da drin ein Heizofen und ne Thermoskanne auf ihn. Er leistete wenig Widerstand, als ich probehalber den Preis drückte, und ich versprach, am nächsten Tag auf eine Probefahrt vorbei zu kommen.
    Carolin war noch nicht wieder zurück, ich räumte den Kram ein und lungerte den Rest des Tages auf der Couch herum. Im Fernsehen lief eine Serie nach der anderen, wieder mal auf allen Sendern das gleiche Bild, ich guckte eine Zeitlang zu, ohne was zu kapieren, irgendwann gab ich es auf. Ich hatte auf nichts besondere Lust, unschlüssig ging ich meine Platten durch, nichts davon inspirierte mich wirklich.
    Allmählich kriegte ich Hunger, aber im Brotkasten herrschte gähnende Leere, und zum Kochen konnte ich mich einfach nicht bequemen. Ich schnappte mir eine angebrochene Chipstüte und verzog mich ins Bett. Marie hatte natürlich nicht angerufen.

 
    30
     
    „Was?“, schrie ich. Bei all den Geräuschen um uns herum konnte man sein eigenes Wort kaum verstehen.
    „Ich hab gesagt, du bist echt bekloppt“, wiederholte Carolin. Ihre Haare flatterten im Wind, den Schal hatte sie sich bis übers Kinn gezogen.
    Überall guckten uns die Leute nach, einige s chüttelten den Kopf. Es gab nicht viele, die bei dem Wetter offen fuhren, ich winkte allen freundlich zu, als sei ich auf Staatsbesuch. Das mit dem Verdeck war kein Spleen, es hakte nur dermaßen, dass ich es nur im Notfall wieder schloss. Im Übrigen regnete es nicht, und frische Luft soll ja gesund sein.
    Natürlich hatte es sich der Händler über Nacht anders überlegt und wollte von dem erfeilschten Kaufpreis nichts mehr wissen. Ich regelte das auf meine Art, ganz unbeleckt war ich inzwischen nicht mehr, verdeckte Roststellen beispielsweise erkannte ich ebenso mühelos wie einen kaputten Auspuff, am Ende hatte ich den Betrag nochmals um ein paar Hunderter gedrückt, ich war zufrieden mit mir.
    „Wieso?“, rief ich zu Caro rüber, während wir über einen Gullideckel hüpften. Das Ding lag bretthart auf der Straße, außerdem waren die Federn unter meinem Sitz im Eimer, das ultimative Fred-Feuerstein-Feeling.
    „Findest du es nicht übertrieben, als Arbeitsloser nen Sportwagen zu fahren?“
    „Ach wo“, sagte ich, „wenn schon Penner, dann mit Stil .“
    In der Tat, mit meinem Gemütszustand ging es au fwärts, seit ich den Sunbeam besaß. Ich kurvte stundenlang durch die Gegend und fühlte mich – gut. Sogar Marie konnte ich auf die Weise mal für ne Weile vergessen.
    Nach vier Tagen hatte sie sich tatsächlich gemeldet, laut Display hatte das Gespräch ganze 2:24 Minuten

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