Liebe oder so
Einwände dagegen, in eine andere Kneipe zu wechseln.
Es war schon spät, als wir im Hotel eintrafen. Leo war völlig betrunken, er schlief uns noch auf der Treppe ein. Ich verfrachtete ihn ins Bett und trank mit den anderen noch eine Flasche auf Carolins Zimmer. Dort zog ein dermaßen kalter Wind durch die alten Holzfenster, dass wir alle unter die Decke krochen und uninspiriert eine Runde Karten spielten. Um halb drei war Armin immer noch nicht zurück, und wir köpften eine weitere Flasche, ehe auch Remy und Matthias sich verzogen.
„Haben die beiden eigentlich keine Freundin?“, fragte C arolin und nahm einen Schluck. Sie vertrug eine ganze Menge, früher hatten wir uns gegenseitig schon mal unter den Tisch gesoffen, wenn uns danach war.
„Keine Ahnung“, sagte ich. „Warum, hast du etwa Int eresse?“
„Quatsch. Ich hab sie nur noch nie mit ner Frau gesehen.“
„Also, schwul sind sie jedenfalls nicht.“
„Woher weißt du das?“
„Weil ich sie schon mit Frauen erlebt habe.“
„Ach ja? Mit dem Regenbogen da draußen haben sie sich jedenfalls gut ausgekannt, und unser Vermieter schien auch an ihnen interessiert zu sein.“
„Na und?“
„Ich dachte ja bloß.“
Ich fragte mich, worauf diese Unterhaltung eigentlich hinauslief. „Wir reden selten über Frauen, wenn wir weggehen. Das heißt aber nicht, dass wir kein Interesse an ihnen haben, guck mich an. Daher kann ich dir auch nicht sagen, ob sie zur Zeit solo sind oder nicht.“
„Männer!“, lachte sie und begann, unter der Decke rumzukramen.
„Was machst du da?“, fragte ich.
„Ich schlaf jetzt ne Runde.“
Sie hatte Probleme, ihre Hose auszuziehen, und auch ich war ihr keine große Hilfe. Wir waren beide total abgefüllt, ich bezweifelte, dass ich es bis in mein Zi mmer schaffen würde. Deshalb blieb ich, wo ich war, und schmiss meine eigene Jeans in die Ecke, um es bequemer zu haben.
Carolin ließ nur das kleine Nachttischlämpchen brennen und legte sich meinen Arm um die Schultern. Das war nicht unangenehm, auch nicht das, was weiter unten passierte, als sie sich an mich schmiegte.
„Hey, was ist das denn?“, fragte sie ins Kissen hinein, ohne sich umzudrehen.
Tolle Frage. „Wonach fühlt sich’s denn an?“
„Nach etwas, das du bei deiner besten Freundin eigentlich nicht haben solltest“, meinte sie in vorwurfsvollem Ton, zog ihre verirrte Hand aber nicht zurück.
„Ich kann nichts dafür.“
„Schon gut.“ Ich spürte die Wärme ihrer Finger. So blieben wir lange still liegen, und ich dachte bereits, sie sei eingeschlafen, als sie mit der anderen Hand eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht strich.
„ Alex?“
„Ja?“
„Wie findest du mich eigentlich? So als Frau, meine ich.“
An dieser Stelle hätte ich gerne einen Scherz gemacht, um die Lage zu entspannen. Aber obwohl ich ihr Gesicht nicht sah, ahnte ich, dass sie auf eine ernsthafte Antwort wartete.
„Ich find dich schön.“
„Wie, schön?“
Herrjeh, sie wollte es aber ganz genau wissen.
„Willst du was Romantisches oder eher ne allgemeine Einschätzung?“
„Keine Ahnung. Beides.“
„Du bist ne heiße Nummer.“
Sie lachte leise. „War das die allgemeine Einschä tzung?“
„Nein. Das war das Romantische.“
„Ach so. Und was noch?“
„Was noch?“
„Na ja, weiß nicht. Würdest du dich zum Beispiel an mich ranmachen, wenn wir uns nicht kennen würden?“
„Klar“, sagte ich.
„Ehrlich?“ Sie drehte sich um, und ihr Gesichtsausdruck verwirrte mich.
„Aber ja. Warum denn nicht?“
Mir war ganz anders. Ich sah glasklar, in welche Gasse wir da rannten. Scheißescheißescheiße, ging mir durch den Kopf, das kannst du nicht tun, lass es, LASS ES! Aber mein Hirn war Matsch, mein Verstand von all dem Alk und dem Gras wie in Watte gepackt.
Marie kam mir in den Sinn, für eine Sekunde nur, aber das machte mir kein schlechtes Gewissen, im Gegenteil, sie war schließlich bei ihrem Freund. Caros Lippen dagegen hingen genau vor meiner Nase, die einfachste Sache der Welt. Sie kam mir sogar entgegen, obwohl sie genauso verwirrt war wie ich, ich hatte wahnsinnig Lust auf sie.
Beim ersten Kuss gingen wir so überhastet vor, dass unsere Schneidezähne aneinander stießen. Dafür war der zweite perfekt, weich, rund und warm, meine Hand wanderte und spürte ihrem Körper nach. Ich war nicht mehr ganz bei mir, aber es gefiel mir, wo immer ich sein mochte. Ihre Beine öffneten sich meinen Fingern ganz von alleine.
Zum Glück geschah
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