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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Montag
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die Eisen und kam mit schlitternden Reifen neben dem Tramper zum Stehen. Der trat in aller Seelenruhe näher und stieg wortlos ein, ein schiefes Grinsen auf dem Gesicht. Es war Armin, der Himmel mochte wissen, wie er hierher gekommen war.
    „Darf ich jetzt weiterfahren?“, erkundigte sich der Fa hrer bei uns, nachdem Armin sich in die Koje hinter den Sitzen gequetscht hatte. Anscheinend gingen wir ihm inzwischen ein bisschen zu sehr auf die Eier. Wenigstens war jetzt Schluss mit Fernfahrerwitzen.
    „Ist gut“, sagte ich.
    „Stehen an der Strecke noch mehr von euch Vögeln rum?“
    „Nee, das hier sind alle .“
    Wir saßen in der Kabine wie Zombies, mit bleichen Gesichtern und Ringen um die Augen . Nur Armin lachte sich in seiner Koje halb kaputt, er war noch völlig stoned.
    „Hey, Mann, die da kenn ich!“, rief er von hinten. „Die saß in der neunten Klasse direkt neben mir, Peggy hieß die.“ Er riss das Pin-Up von der Wand und kam nach vo rne gekrabbelt. „Kennst du die auch?“
    Ich knallte mit dem Kopf gegen die Frontscheibe, als der Fahrer den Laster mit einer Vollbre msung zum Stehen brachte.
    „Scheiße, was soll das?“, schrie Leo, der ebenfalls nicht angeschnallt war. Seine Brille war am Türrahmen zersprungen.
    „Raus! Alle!“, schnauzte der Fahrer uns an.
    „Hey, sachte, er hat’s nicht so gemeint“, sagte ich und wollte ihm sein Poster zurückgeben, aber er verstand das offenbar falsch und verpasste mir eine Linke, die ich nicht mal kommen sah.
    „RAUS!“
    Wir nahmen unser Gepäck und krabbelten aus dem Laster, der Typ war echt wütend. Mein Auge begann zuzuschwellen, mit dem anderen sah ich ihm hinterher, wie er beschleunigte und sich wieder in den Verkehr einordnete. In diesem Augenblick begann es zu schneien, und wir waren noch Hunderte von Kilometern von zu Haus entfernt.
    „Die gute, alte Peggy“, sagte Armin neben mir und strich zärtlich über das Poster, „wer hätte das gedacht?“

 
    34
     
    Am nächsten Tag war ich schon wieder auf derselben Autobahn unterwegs, diesmal in der entgegengesetzten Richtung. Leo war mitgekommen, weil ich noch einen Umweg fahren und den Sunbeam abholen musste. Hinten lagen neben den üblichen Kisten mit türkischem Krimskrams eine nagelneue Benzinpumpe, die Tasche mit meinem Werkzeug und für alle Fälle ein ganzer Rucksack voller Ersatzteile.
    Tarik war nervös gewesen, als er mich losschickte. Irgendetwas war anders, das machte mich misstrauisch. Also kontrollierte ich auch diesmal wieder den Inhalt der Kartons. Leo lachte sich schief über die Schätze, die da zum Vorschein kamen. Ich hatte ihn und das Werkzeug aufgegabelt, nachdem ich den Lieferwagen übernommen hatte.
    „Was ist das denn?“ Er hielt eine Tube mit einer Aufschrift hoch, die dermaßen vor Üs strotzte, dass einem schwummerig vor Augen wurde.
    „Wahrscheinlich anatolische Hämorrhoidensalbe.“
    „Ist ja eklig!“
    „Hast du sonst was gefunden?“, fragte ich.
    „Nichts.“
    Wir packten den Krempel wieder ein und fuhren nach Belgien. Bevor ich dort die Waren ablieferte, ließ ich Leo im nächstgelegenen Dorf aussteigen. Tarik hatte stets darauf bestanden, dass ich alleine fuhr, daher sah ich keine Veranlassung, ihm das mit Leo auf die Nase zu binden.
    Der Typ, der mir üblicherweise beim Be- und Entladen half und mit dem ich ganz gut hinkam, hieß Henk. Er war nicht da, stattdessen ging mir ein merkwürdiger Vogel zur Hand, der sich gar nicht erst die Mühe machte, ein Gespräch in Gang zu bringen.
    „Wo ist eigentlich Henk?“, fragte ich ihn beiläufig.
    „J’ sais pas“, knurrte er, und ich fuhr keine zehn Min uten später wieder vom Hof.
    Die Kneipe, vor der ich Leo abgesetzt hatte, war abgedunkelt, außer uns beiden hingen noch ein paar grantige Flamen an der Theke rum. Wir tranken einen schnellen Kaffee und machten uns auf den Weg in Richtung Eindhoven.
    Nach etwa zwanzig Kilometern bog ich in einen Waldweg ein, um erneut die Ladung zu kontro llieren. Ein roter Wagen stoppte weiter oben an der Straße, und ich fuhr tiefer in den Wald hinein. Ein Allradfahrzeug hatte tiefe Furchen in den vom Regen aufgeweichten Waldboden gegraben, die kahlen Bäume um uns herum wirkten wie abgestorben.
    „Nett, dass du mir die Gegend zeigst“, meinte Leo und sah auf die Uhr, „aber ich hab heute noch was vor.“
    Wir stiegen aus und begannen mit der Durchsicht der Kartons. Ich hielt Ausschau nach Spazie rgängern, sah aber nur das rote Auto, das langsam auf dem Waldweg

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