Liebe oder so
zwischen allen Stühlen und schien darauf bedacht, keinerlei Spaß zu verbreiten, um Karina nicht weiter zu reizen.
Carolin wettete, dass keiner von uns sich ins Meer trauen würde, und verlor gegen Remy und mich. Ich hätte mich sogar in ewiges Eis gestürzt, wenn ich dadurch der frostigen Atmosphäre hätte entkommen können, die Karina um sich herum verbreitete.
„Ihr seid ja total bescheuert!“, meinte sie, als wir vor Kälte schlotternd in unseren Decken vor dem Kamin saßen.
„ Bleib doch locker“, sagte Matthias und hielt ihr einen Tee hin, aber sie schenkte ihm nur einen fiesen Blick. Sie konnte uns schon jetzt nicht leiden, dabei kannte sie uns gerade mal dreißig Stunden.
Sonntags war es noch kälter als zuvor, dazu regnete es fast ununterbrochen. Wir verbrachten den Tag zum größten Teil in irgendwelchen Stehimbissen und Cafés und waren inzwischen alle schlechter Laune, wozu auch der wieder aufgeflammte Streit zwischen Caro und Armin beitrug.
Dieser Zustand besserte sich zunächst ein bisschen, als Helge und Karina am nächsten Morgen per Bahn zurückfuhren. Uns hingegen blieben noch zwei Tage, und wir beschlossen, einen Abstecher nach Amsterdam einzuschieben, um dem Urlaub noch etwas Erfreuliches abzugewinnen. Allerdings hätte uns die Art, wie man uns dort empfing, schon misstrauisch machen sollen. Manchmal ist es gut, den Zeichen zu folgen.
„Was soll das denn heißen, wir können es uns nicht aussuchen?“, fragte Remy. Der Mann hinter der Glasscheibe der Touristeninformation erklärte ihm etwas.
„Was ist?“, wollte Leo wissen.
„Der Typ sagt, dass wir das Hotel hier bei ihm buchen müssen.“
„Hat er nen Prospekt oder so was?“
Remy schüttelte den Kopf. „Er meint, das sei hier so üblich. Wir sollen ihm sagen, wie viele Zimmer wir brauchen, und er schickt uns in irgendein Hotel.“
„Ich hasse Amsterdam .“ Carolin wandte sich ab.
Was sollten wir tun, wir ließen den Typ in der Touristeninfo machen und fanden uns vor einer Absteige wieder, auf deren Tür ein riesiger Regenbogen gemalt war.
„Na, der Eingang sieht doch schon mal freundlich aus“, meinte Caro. Remy und Matthias bogen sich vor Lachen.
„Was?“
„Das da“, erklärte Matthias, „ist das Symbol für die Befreiung der Sexualität von der gängigen Norm, Schwester.“ Er rollte mit den Augen. „Es steht für das Kultivieren und Öffentlichmachen des Lasters und der Sünde.“
Carolin sah uns fragend an.
„Um nicht zu sagen: Homosexueller Sünde“, fügte Remy hinzu.
„Oh.“
Über eine enge Treppe ging es in den ersten Stock hinauf, wo sich die Rezeption befand. Die ganze Einrichtung strotzte nur so vor Kitsch, Spitzendeckchen zierten das Telefon. Der kahlköpfige Besitzer knutschte gerade im Hinterzimmer mit seinem Freund und kam nur widerwillig an den Tresen. Ich bemerkte, dass er Remy eingehend musterte.
„Wir hatten drei Doppelzimmer reserviert“, sagte Leo.
„Ah, ja.“ Der Typ griff unter die Theke und fischte drei Schlüssel hervor. „Drei Zimmer für die Herren. Und einen schönen Aufenthalt in Amsterdam“, sagte er und sah Remy tief in die Augen.
Die Zimmer waren winzig und spießig eingerichtet. Wir zogen gleich weiter, in die Stadt hinein, durchs Rotlichtviertel und mehrere Coffee-Shops. Es begann zu regnen, und da uns nach Abwechslung war, guckten wir bei Madame Tussaud vorbei und bissen dem wächsernen Anthony Hopkins für die Kamera in den Hals.
Zwischen Carolin und Armin stand es nicht zum Besten. Sie redeten kaum ein Wort miteinander, und Caro lenkte sich mit Fotografieren und Sightseeing ab, um nicht neben ihm herlaufen zu müssen. Sogar eine Grachtenrundfahrt wollte sie machen, aber die Boote waren im Winter nicht in Betrieb.
Irgendwann an diesem Abend verloren wir Armin im Gewimmel eines Nachtclubs, der ebenfalls den Regenbogen im Schilde führte und in dem mir irgendwer an den Hintern fasste, als ich gerade unsere Drinks bestellte. Mir war nicht ganz wohl dabei, überm Tanzen von Männern angeflirtet zu werden, während die Frauen sich gelangweilt umdrehten, sobald ich nur einen Blick in ihre Richtung warf.
Carolin hingegen genoss die Aufmerksamkeit, die ihr die umstehenden Frauen schenkten. Sie war genauso blau wie wir alle und wehrte sich ein bisschen, als Leo gehen wollte. Wir suchten die anderen, konnten Armin aber nicht finden. Also blieben wir noch eine halbe Stunde, aber er tauchte nicht wieder auf, und da Caro sowieso sauer auf ihn war, hatte sie keine
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