Liebe oder so
mehr die Mühe, ihr Bett zusammen zu klappen, und wenn Marie etwas auf der Seele lag, fand ich sie meist mit Caro unter der Decke vor, wo sie ihr Herz ausschüttete – was bei mir unwillkürlich den Verdacht auslöste, es ginge dabei um mich .
Dabei gab ich mir wirklich Mühe mit uns. Immer noch war keine geregelte Arbeit in Sicht, und wenn ich nicht gerade an den Drachen saß, hatte ich jede Menge Zeit totzuschlagen. Ich machte lange Spaziergänge durch den Park und brachte den beiden ein paar Krokusse oder Baiser aus der Konditorei mit, verteilte Komplimente, wenn sie ihr Disco-Outfit anlegten und in Strümpfen über den Flur huschten, und zeigte Verständnis, wenn sie Migräne oder ihre Tage hatten. Wir teilten uns notfalls die letzte Zahnbürste und kauften zu dritt Wäsche in Läden, die noch nie ein Mann betreten hatte.
Aber sobald ich mich wieder auf sicherem Boden fühlte und an ihrem Seelenleben teilhaben wollte, wurden mir meine Grenzen aufgezeigt. Selbst Caro gab mir gegenüber nur noch wenig von dem preis, was in ihr vorging. Das Ganze wirkte fast wie ein Komplott, man musste Acht geben, keinen Verfolgungswahn zu entwickeln. In Wahrheit waren sie nämlich die Einzigen ihrer Art in dieser Wohnung, sie gaben die Regeln vor, und wenn sie gut drauf waren, duldeten sie einen in ihrer Nähe.
„Was macht die Jobsuche?“, fragte ich Christian, während wir am Drive-In-Schalter anstanden. Er hatte mir erzählt, dass er sich aus der Firma seines Vaters ausklinken und auf dem freien Markt umsehen wolle.
„Ich hab ein paar Angebote bekommen, deshalb bin ich auch hier. Also, nicht allein deshalb natürlich. Aber ich hab von New York aus ein paar Termine ausg emacht.“
„Und? Was Interessantes dabei?“
„Ja, schon. Mal abwarten, was draus wird.“
„Hör mal, ich weiß, das ist vielleicht ein bissche n blöd jetzt, wo du so viel vor hast…“
„Was meinst du?“
„Na ja, ich hab dir doch davon erzählt, dass ich an diesen Illustrationen arbeite. Ich hätte ganz gerne, dass du mal nen Blick darauf wirfst und mir sagst, was damit nicht stimmt-“
„- Abend. Was möchten Sie - -?“, krachte es neben mir.
Ich lehnte mich aus dem Fenster. „Zwei Burger, Fritten und Kaffee“, sagte ich zu dem Lau tsprecher, der in einen Pfosten eingelassen war.
„E lchburger?“
Elchburger?
„Bitte?“, fragte ich nach.
„- elche Burger?“
„Ham.“
„Wie?“
„Cheese.“
Es knackte im Lautsprecher.
„- wei Cheeseburger, einmal Potatoes…-“
„Zw eimal Fritten“, korrigierte ich.
„…-weimal Potatoes… und - wei Kaffee?“, fragte der Lautsprecher mich.
„Genau , wei Kaffee. XXXL, wenn’s geht.“
„-enn Sie noch zwei Cola nehmen, - ekommen Sie den Menüpreis.“
„ Kein Menü, danke“, sagte ich. „Nur Kaffee. Schwarz. Groß.“
„Keine - eeseburger?“
Christian begann neben mir lauthals zu lachen.
„Doch, aber keine Cola. Okay?“
„-kay. Fahren Sie bitte zu Schalter --.“
„Wohin?“, fragte ich, aber der Lautsprecher war bereits ausgeschaltet.
„Passiert einem so was da drüben auch? Ich hasse diesen imperialistischen Scheiß.“
„ Ist doch nur Essen.“, meinte Chris, der sich überhaupt nicht mehr einkriegte.
„Wenn’s wenigstens richtiges Essen wäre. - Wo war ich gerade?“
„W as mit deinen Illustrationen nicht stimmt.“
„Genau. Caro und ich sitzen schon seit Wochen dran, aber irgendwie will es einfach nicht klick machen, du weißt, was ich meine. Wobei ich denke, dass das echt eine Chance für mich sein könnte. Ich muss unbedingt einen guten Entwurf abgeben.“
„ Kein Problem“, sagte er. „Aber erwarte keine Wunder, ich hatte schon lange keinen Zeichenstift mehr in der Hand.“
Wir nahmen unsere Bestellung entgegen und fuhren aus dem Industriegebiet raus, um die Beute zu teilen. Unser alter Lieblingsplatz lag fünf Autominuten en tfernt auf einem Plateau, von dem aus man all die Fabriken und Fastfoodlokale überblicken konnte, von hier oben wirkte die Gegend fast schön. Leider war das Essen nur noch lauwarm.
„Willkommen in der alten Welt“, sagte ich zu Christian und drückte ihm seinen Cheeseburger in die Hand.
„Endlich wieder gesundes Essen.“ Er legte den Burger aufs Armaturenbrett, reichte mir den Kaffee und lachte erneut.
„Was ist?“
Er nahm den zweiten Becher heraus und stülpte die Tüte um.
„Keine Pommes.“
38
Tatsächlich machten die Entwürfe in den kommenden Tagen enorme Fortschritte, was durchaus
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