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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Montag
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widersprüchliche Reaktionen bei mir hervorrief. Marie redete mir gut zu, aber ich war mir im Klaren darüber, dass Chris seine Ideen sowohl mit Leichtigkeit als auch geradezu erschreckender Präzision zu Papier brachte, ein Chirurg am Zeichenbrett.
    Er selbst schien sich über seine Fähigkeiten gar nicht recht im Klaren zu sein. Wann immer einem von uns ein Kompliment für seine Drachen über die Lippen kam, wischte er es mit einer Handbewegung weg und vergaß es auf der Stelle.
    „Sind doch nur Fingerübungen“, sagte er. „Aber wenn ich mehr Zeit hätte, könnte die Sache richtig rund we rden.“
    „Der Hammer!“, meinte Helge dazu, als ich ihm die Entwürfe auf Carolins Geburtstagsparty zeigte. Seine Freundin, die offenbar immer noch sauer auf uns war, hatte einen Vorwand gefunden, nicht mitzukommen. Er selbst erwähnte die Hollandgeschichte mit keinem Wort mehr, ich hatte den Eindruck, er freute sich über die Einladung.
    „Ich wollte dich sowieso noch was fragen. Ein guter Kunde der Agentur möchte ne ganz neue Website aufziehen. Ist eigentlich nicht unser Metier, aber du weißt ja, wie das ist. Jedenfalls bräuchten wir noch jemanden, der Symbole für die Links entwirft, und ich hab dabei an dich gedacht.“
    „Aha.“
    „Es handelt sich um ein Haupt- und mehrere Untermenüs, alles in allem vielleicht zwanzig Symbole. Der Kunde hat zwar schon bestimmte Ideen wegen der Gestaltung, aber so, wie ich ihn kenne, überlässt er das Layout uns. Du hättest also weitgehend freie Hand.“
    „Klingt nicht übel“, sagte ich, „was trinkst du?“
    „Hast du nen Pernod da?“
    „Sicher doch.“ Ich goss ihm fingerbreit ein und füllte mit Wasser auf.
    „Wir bräuchten die ersten Entwürfe in drei Wochen. Meinst du, das kriegst du hin?“
    „Alle zwanzig?“
    „Nein, fünf oder sechs würden schon reichen. Nur, damit er mal vorab einen Eindruck bekommt.“
    „Ich denke, das sollte kein Problem sein. Du musst mir nur noch die Vorgaben schicken, dan n kann ich mich gleich dahinterklemmen.“
    „Kriegst du morgen. Die Sache wird übrigens nicht schlecht bezahlt . Wenn ich mir deine Illustrationen hier ansehe, würde ich meinen, das ist leicht verdientes Geld für dich.“
    „Das hab ich am liebsten“, sagte ich und stieß mit ihm an.
    Im Prinzip reizte mich die Sache nicht übermäßig, unter anderen Umständen hätte ich rundheraus abgelehnt. Aber er hatte mich in einem schwachen Moment erwischt. Das Ganze mochte nicht sonderlich kreativ sein, doch in seiner Branche wurde jeder Handgriff gut bezahlt.
    I ch hatte mir vorgenommen, einige von Christians Entwürfen in seinem Namen einzuschicken. Für mich blieben noch genügend eigene übrig, denen ich genauso gute Chancen einräumte, den Wettbewerb zu gewinnen. Wir hatten uns am Ende gegenseitig übertroffen und wussten, dass das nur schwer zu toppen war.
    In den letzten Tagen war er oft bei mir gewesen, um bis in die späten Abendstunden und manchmal in die Nacht hinein zu zeichnen. Er und Carolin gingen freundschaftlich miteinander um, aber es war nicht zu übersehen, dass sich auch zwischen ihnen etwas verändert hatte. In einer stillen Stunde verriet mir Christian auch den Grund dafür: Er hatte sich vor vier Wochen mit einem Mädchen aus New Jersey verlobt.
    „Verlobt?“ Ich konnte es nicht fassen. Vor dreieinhalb Monaten hatte er mir noch wegen Caro in den Ohren gelegen, und beim nächsten Wiedersehen hatte er sie nicht nur abgehakt und was Neues gefunden, sondern war auch noch drauf und dran, sich zu lebenslänglich zu verurteilen.
    „Warum denn gleich heiraten? Ist sie schwanger?“
    „ Dieselben Fragen hat mir meine Mutter auch schon gestellt. Schön, dass ihr alle euch mit mir freut.“
    „Das ist keine Antwort.“
    „Nein, sie ist nicht schwanger, stell dir vor. Und außerdem geht das mit dem Heiraten so schnell ja auch wieder nicht. Es ist halt so, dass man sich drüben viel schneller verlobt, wenn man sich mag. Aber das ist nur eine Formalität, die lösen ihre Verlobungen genau so schnell auch wieder auf.“
    „So, glaubst du?“ Ich wusste nicht, worüber ich wütender war, über seine Naivität oder meine Versuche der letzten Monate, Carolin und ihn wieder zusammenzubringen. Als ich ihn darauf ansprach, lachte er mich aus.
    „ Caro? Nett von dir, aber wir haben uns längst ausgesprochen. Glaub mir, aus uns als Paar wird mit Sicherheit in diesem Leben nichts mehr.“
    Ich beoba chtete die beiden auf der Party und konnte tatsächlich

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