Liebe ohne Skrupel
streckte sie die Hand aus und ergriff das Schwert. Die Waffe war so schwer, daß sie sie mi t beiden Händen nehmen mußte.
Die Menge brach in lauten Jubel aus. William grinste. Hochrufe erfüllten die Luft. Es rasselte und klirrte, als die Ritter und die Waffenträger ihre Lanzen schwangen und ihre Schilde reckten.
Cläre blickte Gareth an und hatte das Gefühl, als sei sie soeben von einer der hohen Klippen von Desire gesprungen.
Gareth streckte seine riesigen Hände aus, umfaßte ihre Taille und zog sie von der Mauer. Clare wurde schwindlig. Beinahe hätte sie das riesige Schwert fallen gelassen.
Einen Augenblick später saß sie sicher vor dem Höllenhund von Wyckmere im Sattel. Ein gepanzerter Arm, so dick wie ein Baumstamm, bewahrte sie davor herunterzufallen. Sie blickte auf und sah die Zufriedenheit in Gareths Augen.
Cläre fragte sich, weshalb sie immer noch das Gefühl hatte zu fallen.
Gareth hob eine Hand, und sofort eilte einer der Ritter herbei, ein Kerl mit einem Gesicht wie aus Stein.
»Ja, Sir Gareth?«
»Ulrich.« Gareth erhob die Stimme, um in dem allgemeinen Jubel Gehör zu finden. »Begleitet den edlen Beschützer meiner Lady in einer Weise auf die Burg, die seiner hervorragenden Dienste würdig ist.«
»Ja.« Ulrich führte sein Pferd näher an die Mauer und streckte die Arme nach William aus. Dann hob er den Jungen von der Mauer und setzte ihn vor sich in den Sattel.
Cläre sah, daß William die Augen aufriß, als er auf dem riesigen Schlachtroß durch die Menge ritt. Mit Bedauern wurde ihr klar, daß Gareth soeben einen treuen Ergebenen fürs Leben gefunden hatte.
Sie hörte den Jubel der Menschen, als der Höllenhund von Wyckmere seinen grauen Hengst durch die Straße lenkte. Sie warf einen Blick über die Schulter und sah, daß Margaret in der Tür des Pförtnerhäuschens stand.
Die Priorin winkte fröhlich.
Cläre umklammerte das Tor zur Hölle mit beiden Händen und dachte über die Falle nach, in der sie gefangen war.
2. KAPITEL
»Der Lady das Tor zur Hölle zu übergeben war wirklich eine nette Geste.« Ulrich grinste, während er Gareth zusah, der sich in der großen Badewanne einseifte. »Recht untypisch für Euch, wenn ich so sagen darf.«
»Ihr meint also, ich sei nicht zu einer netten Geste gegenüber einer Lady fähig?« Gareth schob sich das nasse Haar aus den Augen und sah seinen Freund und Vertrauten an.
Ulrich saß auf der Bank am Fenster. Das Sonnenlicht fiel auf seinen kahlen Kopf. Er war ein erprobter Ritter mit dicken Muskelpaketen und einem erstaunlich hübschen Gesicht.
Lord Thurston hatte den damals zweiundzwanzigjährigen Ulrich an Gareths sechzehntem Geburtstag als dessen Mentor eingestellt. Er war sowohl ein guter Taktiker als auch ein erfahrener Kämpfer. Er war dabei gewesen, als Gareth seine ersten Sporen verdient hatte und in den Ritterstand erhoben worden war. Diese Ehrung war die Folge einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit einer Bande abtrünniger Ritter gewesen, die die Dorfbewohner eines von Thurstons Lehen malträtiert hatten.
Von dem Tag an waren Ulrich und Gareth immer zusammen gewesen. Ihre Beziehung basierte auf Freundschaft, auf Vertrauen und gegenseitigem Respekt. Gareth hatte am Anfang eine Menge von Ulrich gelernt, und er hörte auch heute noch auf den Rat des anderen. Aber irgendwann hatte sich die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler gewandelt, und sie hatten begonnen, als gleichberechtigte Ritter zu kämpfen.
Inzwischen war Gareth derjenige, der die Befehle erteilte.
Er war derjenige, der eine verschworene, disziplinierte Truppe um sich versammelt hatte, deren Dienste für einen sehr hohen Preis zu haben waren.
Er hatte die Rolle des Führers nicht wegen seiner Beziehung zu Thurston of Landry übernommen, sondern einfach, weil es allen Beteiligten natürlich erschienen war. Für Gareth war der Wille nach Macht etwas Naturgegebenes, ein ebenso natürlicher, nicht hinterfragter Impuls wie das Atmen.
Ulrich hatte kein besonderes Interesse an der Position des Führers. Er war ein unabhängiger Mensch. Er suchte sich die Männer aus, denen er Treue schwor, und der Herr, dem er zu Diensten war, konnte sich seiner unverbrüchlichen Loyalität sicher sein. Vor vier Jahren hatte er dem Höllenhund von Wyckmere die Treue geschworen.
Ulrich kannte Gareth besser als irgend jemand anders, selbst als Thurston. Er wußte nur allzugut, daß Gareth nie zuvor einem Menschen, ob Mann oder Frau, Lord oder Lady, Master oder Mistress, das Tor
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