Liebe ohne Skrupel
Lady Clares Gäste morgen früh mit platzenden Schädeln und verrenkten Mägen aufwachen, aber zumindest wird es kein Blutvergießen geben.«
»Und das ist das einzig Wichtige.« Gareth verspürte wieder dieses seltsame Ziehen um seine Mundwinkel. Beinahe hätte er gelächelt. »Ich werde die Wünsche meiner Lady soweit wie möglich erfüllen, bis wir erst einmal verheiratet sind. Ich möchte schließlich nicht, daß sie denkt, sie hätte die falsche Wahl getroffen.«
»Ihr seid ungewöhnlich zufrieden für einen Mann, dessen Schicksal noch vor kurzem von den zarten Blütenblättern einer Primel und von den Launen einer Frau abhing.«
»Das ist schließlich nicht das erste Mal, daß meine Zukunft durch Glück und Schicksal bestimmt wurde. Und ich bezweifle, daß es das letzte Mal war.«
»Ich dachte, Ihr würdet ebenso wütend werden wie Nicholas, als Lady Clare eine so eigenartige Methode für die Wahl ihres zukünftigen Gatten wählte.«
Gareth blieb am Fenster stehen und stützte eine Hand auf den steinernen Sims. »Ich wußte, daß ich gewinnen würde, als sie das erste Blütenblatt abriß und meinen Namen nannte. Und was noch wichtiger ist, sie wußte es auch. Angesichts ihrer Botanikkenntnisse ist es ausgeschlossen, daß sie die Antwort nicht schon kannte, ehe sie anfing zu zählen.«
Ulrich runzelte die Stirn. »Woher wißt Ihr das?«
Gareth erinnerte sich an die Primel, die er untersucht hatte, als Dallan trotzig das unflätige Lied gesungen hatte. »Gelbe Primeln haben nur fünf Blütenblätter. Oder zumindest hatten die Blumen, mit denen die Tische heute abend geschmückt waren, immer nur fünf.«
»Ah.« Ulrich lächelte. »Ich verstehe, was Ihr meint. Auf Grund der ungeraden Zahl der Blütenblätter war es unvermeidbar, daß der Name, mit dem Lady Clare anfing, auch als letzter fallen würde.«
»Ja.«
»Warum meint Ihr, hat sie sich dann die Mühe gemacht und dieses kleine Spiel gespielt? Warum hat sie dann nicht einfach verkündet, daß die Wahl auf Euch gefallen ist?«
Gareth gab dem Drang zu lächeln nach. »Sie findet mich arrogant. Ich glaube, sie hat versucht, mir eine Lehre zu erteilen.«
»Eine Lehre?<<
»Sie wollte, daß ich denke, sie mache keinen großen Unterschied zwischen Sir Nicholas und mir. Es war ihre Art, mir zu zeigen, daß ich erst noch beweisen muß, daß ich die bessere Wahl bin.«
Ulrich sah argwöhnisch in Gareths lächelndes Gesicht. .»Und das amüsiert Euch?««
Gareth dachte eingehend über die Frage nach. »Ich glaube, ja.“
Ulrich fluchte. »Die paar Male, bei denen ich Euch amüsiert gesehen habe, kann ich an den Fingern einer Hand abzählen.« »Ihr übertreibt.«
»Nein, ich erinnere mich noch sehr gut an jedes einzelne Mal, weil es uns immer um ein Haar das Leben gekostet hätte.«
5. KAPITEL
Cläre hielt sich ihren kleinen Parfümbeutel an die Nase, als sie sich am nächsten Morgen behutsam durch die Haupthalle bewegte.
Selbst die duftenden Kräuter, die sie zwischen den Strohballen hatte ausstreuen lassen, milderten den Gestank randvoller Nachttöpfe, verschütteten Weins und schweißgetränkter Körper kaum.
Es würde Stunden dauern, die Halle zu reinigen. Frische Strohballen müßten verteilt werden, ehe der Raum wieder begehbar wäre. Clare rümpfte angewidert die Nase. Die Bediensteten konnten mit dem Aufräumen nicht anfangen, ehe die Männer, die überall herumlagen, aufwachten.
Sie schob sich zwischen den Strohballen durch, ignorierte das Schnarchen ihrer Gäste und erreichte die Vordertreppe, ohne sich zu übergeben. Der junge Wachposten, der dort stand, nickte ihr respektvoll zu.
»Guten Morgen, Mylady.«
»Guten Morgen.« Clare ließ den Parfümbeutel fallen, so daß er wieder an ihrem Gürtel baumelte. »Ihr seid einer von Sir Gareths Männern, nicht wahr?«
»Ja, Mylady. Mein Name ist Ranulf.«
»Wie kommt es, daß Ihr heute morgen so munter seid, Ranulf? Die anderen scheinen so fest zu schlafen, daß sie wahrscheinlich erst zum Jüngsten Gericht wieder erwachen.«
Ranulf lächelte. »Die Männer, die in der Halle liegen und schlafen, gehören alle zu Sir Nicholas. Ihr dürft sicher sein, daß diejenigen, die unter dem Kommando von Sir Gareth stehen, wach und auf ihren Posten sind. Die meisten von uns sind gerade in den Stallungen.«
»Und weshalb sind die Männer von Sir Gareth immun gegen die Wirkung von zuviel Wein und Bier?»
Ranulf grinste. »Der Höllenhund von Wyckmere verbietet den Männern, die unter seinem Banner
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