Liebe ohne Skrupel
»Es reicht, Sir Nicholas. Ich glaube, Ihr seid betrunken.«
»Nicht zu betrunken, um nicht zu wissen, was er tut«, sagte Gareth leise.
»Stimmt.« In Nicholas' Augen lag ein böses Glitzern. »Aber was ist mit Euch, Höllenhund von Wyckmere? Seid Ihr noch ganz bei Verstand?«
»Ja. Das bin ich immer. Und Ihr tätet gut daran, das nicht zu vergessen.«
»Lady Clare scheint ein Problem zu haben, was die Wahl zwischen uns beiden betrifft.« Nicholas' dröhnende Stimme hallte laut durch die Halle, in der ansonsten immer noch furchtsames Schweigen herrschte. »Ich schlage also vor, daß wir ihr die Entscheidung abnehmen. Hier und jetzt.«
»Wie?« fragte Gareth freundlich. »Sollen wir vielleicht eine Partie Schach um die Hand der Lady of Desire spielen? Nun gut, ich nehme an, das ist eine durchaus vernünftige Lösung.«
Cläre war so wütend, daß sie momentan die drohende Katastrophe vergaß. »Eine Partie Schach? Um meine Hand? Wie könnt Ihr es wagen, Sir?«
Nicholas lächelte böse. »Ja, wie könnt Ihr es wagen, Höllenhund von Wyckmere? Das ist wirklich höchst unritterlich.«
»Ich gebe zu, daß das nicht allzu fair wäre«, erwiderte Gareth. »Schach ist schließlich ein Spiel, das von beiden Spielern Intelligenz erfordert. Sir Nicholas wäre demnach eindeutig im Nachteil.«
»Verdammt, das ist keine Frage der Intelligenz«, schnauzte Nicholas. »Ihr beleidigt die Lady, indem Ihr vorschlagt, daß wir eine Partie Schach um ihre Hand spielen.«
Cläre schloß für einen kurzen Augenblick die Augen und sandte ein Stoßgebet an die heilige Hermione.
»Welches Spiel schlagt Ihr also vor?« fragte Gareth.
»Eine Entscheidung durch Kampf. Hier und jetzt.«
»Einverstanden.« Gareth schien dieser Vorschlag genauso
wenig auszumachen wie der erste. »Ihr habt die Wahl der Waffen.«
Cläre sprang erneut auf. »Jetzt habe ich endgültig genug von diesem idiotischen Hickhack.«
Alle starrten sie an.
Sie legte beide Hände flach auf den Tisch, damit sie nicht zitterten, und bedachte alle Anwesenden mit einem zornigen Blick. »Hört mir gut zu, alle, die Ihr heute abend an meiner Tafel eßt und trinkt. Ich habe genug von dieser lächerlichen Wahl eines Ehemannes. Thurston of Landry hat mir versprochen, daß die Entscheidung mir überlassen bleibt. Also werde ich mich jetzt entscheiden und der Sache ein Ende machen.«
Die Gäste brachen in aufgeregtes Gemurmel aus. Ein paar der Männer flüsterten mit ihren Nachbarn, um eilig eine Wette über den Ausgang dieses recht ungewöhnlichen Werbens abzuschließen.
»Meine tapferen, edlen Freier wollen also um meine Hand spielen «, sagte Clare in beleidigtem Ton. »Also gut, dann wird gespielt. Aber ich werde das Spiel aussuchen, und ich werde auch die einzige sein, die spielt.«
Gareth wandte seine rauchigen Kristallaugen nicht ein einziges Mal von ihrem Gesicht.
Nicholas grinste böse.
»Anscheinend muß ich mich zwischen Sir Gareth of Wyckmere und Sir Nicholas of Seabern entscheiden.« Clare machte eine Handbewegung in Richtung der beiden Männer. »War vor mir eine Frau jemals in einer so glücklichen Lage?«
Die Anwesenden brachen in zustimmendes Gemurmel aus. Niemand schien den Sarkasmus in Clares Stimme zu bemerken.
Sie nahm eine der gelben Primeln vom Tisch und hielt die Blüte hoch, so daß alle sie sehen konnten. »Ich werde jetzt die Blütenblätter einzeln abreißen. Während ich das tue, werde ich abwechselnd die Namen dieser beiden edlen Ritter rufen, die
als Lord of Desire in Frage kommen. Und ich schwöre, daß ich den Mann heiraten werde, dessen Namen ich als letzten nenne.«
Nicholas hörte auf zu grinsen. »Um Gottes willen, Clare, Ihr könnt nicht allen Ernstes eine so wichtige Entscheidung einfach dem Zufall überlassen.«
Sie starrte ihn böse an. »Es ist genauso eine Zufallsentscheidung wie die Entscheidung durch Kampf, die Ihr vorgeschlagen habt, Sir Nicholas, aber wesentlich unblutiger.«
»Verdammt«, murmelte Gareth. »Wißt Ihr auch genau, was Ihr da tut, Mylady?«
»Ja.« Clare ließ niemand anderem mehr die Zeit, noch etwas zu sagen. Sie zupfte das erste Blütenblatt ab. »Sir Gareth.«
Die Anwesenden wurden unruhig. Weitere Wetten wurden abgeschlossen.
Gareths Blick wanderte zu der Primel. Er sah sie ein paar Sekunden lang aufmerksam an und dann lehnte er sich mit dem Ausdruck größter Zufriedenheit in seinem Stuhl zurück.
»Sir Nicholas.« Clare riß ein weiteres Blütenblatt ab und ließ es auf den Tisch
Weitere Kostenlose Bücher