Liebe ohne Skrupel
Lord Gareth ist kein solcher Narr wie Sir Nicholas.«
»Eine Tatsache, für die ich äußerst dankbar bin.« Clare warf einen Blick über ihre Schulter. »Joanna, ich habe meinen Ehemann gestern nacht nicht mit einem Dolch attackiert. Dazu bestand keinerlei Notwendigkeit. Sir Gareth hat sich durch und durch ehrenhaft benommen.«
Cläre merkte, wie ihr warm wurde bei der Erinnerung daran, wie Gareth sich in den Arm geschnitten hatte, um sie vor einer Demütigung und dem Klatsch der Leute zu bewahren. Nie
zuvor hatte jemand etwas derart Ritterliches für sie getan, nicht einmal Raymond de Coleville.
Es war unfair, daß Gareth jetzt das Opfer derart böser Gerüchte wurde. Nachdem er sich ihr gegenüber so nobel verhalten hatte, hatte er das nicht verdient. Unglücklicherweise konnte sie Joanna das nicht erklären.
»Ein Unfall beim Jonglieren», murmelte Joanna.
»Ja.«
»Bitte entschuldige, aber es fällt mir schwer, das zu glauben, Clare.«
»Frag doch Lord Gareth, wenn du mir nicht glaubst.«
»Du weißt ganz genau, daß ich das niemals tun werde. Er würde sowieso nur deine Geschichte bestätigen, genau wie du seine Behauptungen bekräftigst. Aus irgend einem Grund scheint ihr euch in dieser Sache einig zu sein.«
Joanna hatte recht, dachte Clare. Das wurde ihr jetzt erst klar. Irgendwie war es Gareth gelungen, Clare durch diese Geschichte an sich zu binden, ob er das nun beabsichtigt hatte oder nicht.
Sie teilten ein Geheimnis. Ein höchst intimes Geheimnis. Ein Geheimnis, das in gewisser Weise ebenso intim war wie Gareths Berührungen letzte Nacht.
Cläre stand da, ein Bündel Lavendel und Rosen in der Hand, und starrte ins Leere.
Ihr kam der Gedanke, daß Gareth zweifellos gewußt hatte, was er tat, als er sich ihretwegen in den Arm geschnitten hatte. Wahrscheinlich hatte er alles vorausgesehen, einschließlich der Gefühle, die sie für ihn entwickeln würde.
Er hatte schließlich ein besonderes Talent für sorgfältig kalkulierte Gesten. Aber trotzdem war diese Geste äußerst galant gewesen. Außerdem hatte er sie nicht planen können, da er schließlich nichts von den Fläschchen voller Hühnerblut gewußt hatte, die sie an ihrem Hochzeitstag erhalten hatte. Er hatte ja sogar eine eigene Flasche mit ins Ehegemach gebracht.
Dies war allerdings eine seiner kalkulierten Gesten. Und eine, die er sorgsam geplant haben mußte.
Um wessen Ehre hatte er sich wohl Sorgen gemacht, fragte sich Clare. Ihre oder seine? Sie wußte immer noch sehr wenig über den Höllenhund von Wyckmere.
»Bei der Nase der heiligen Hermione«, murmelte sie. Das alles war wirklich verwirrend.
Joanna blickte aus der geöffneten Tür der Hütte. »Oh, da ist William. Ich glaube, er ist auf dem Weg zu den Stallungen. Er verbringt wirklich zu viel Zeit mit Lord Gareths Männern, Clare. Ich mache mir deswegen Sorgen.«
»Ich weiß, Joanna, aber ich glaube nicht, daß ihm das sonderlich schadet.«
»Dallan ist bei ihm. Ich frage mich, was die beiden Vorhaben.«
»Keine Ahnung.«
»Großer Gott.« Joanna warf den Lavendel beiseite und sprang auf ihre Füße.
»Joanna, was ist los?«
»Ranulf und Sir Ulrich haben William und Dallan jeweils einen Schild in die Hand gedrückt.« Joanna stand in der Tür und fuhr sich mit der Hand an die Kehle. »Und Holzschwerter. Cläre, ich glaube, sie wollen sie im Schwertkampf unterrich ten.«
»Beruhige dich, Joanna. Ulrich und Ranulf zeigen ihnen wahrscheinlich nur ein paar der Waffen. Du weißt, wie sehr sich William für diese Dinge interessiert.«
»Nun, dein Barde interessiert sich nicht besonders dafür, aber er ist schließlich auch dabei.«
Cläre wischte sich die Hände ab und ging durch die Tür. Dann spähte sie in den sonnenüberfluteten Hof.
Es bestand kein Zweifel daran, was dort vor sich ging. William und Dallan standen da und hielten unbeholfen Schild und Schwert in der Hand. William wirkte ganz aufgeregt, Dallan hingegen eher wütend und trotzig.
Cläre sah, daß Gareth aus der Halle kam und auf der Eingangstreppe stehenblieb, um den Unterricht zu beobachten.
Ranulf hob seinen Schild und sprach mit William, der eifrig sein hölzernes Schwert hob und kräftig auf den Schild seines Gegenübers einhieb.
Joanna stieß einen spitzen Schrei aus. Sie wirbelte herum; und starrte Clare entsetzt an. »Offensichtlich hat Lord Gareth befohlen, daß William und Dallan an den Waffen ausgebildet werden sollen. Du mußt sofort eingreifen, bitte, Clare.»
»Ich glaube nicht, daß
Weitere Kostenlose Bücher