Liebe stand nicht auf dem Plan
spürt eine zaghafte Auferstehung seiner Lebensgeister. Er wirft die Bürotür hinter sich ins Schloss.
Nora zuckt zusammen und lauscht.
Entschlossene Schritte nähern sich dem Klo. Die Tür wird aufgerissen. Rein traut sich der Chef nicht, er lässt den Türgriff nicht los.
»Donnerwetter, das sieht nicht mehr aus, als würde man sich allein vom Reinkucken die Ruhr holen.«
Hä? Was ist das – die Ruhr? Ruhrgebiet? War das ein Lob?
»Also gut, du kannst am Dienstag in zwei Wochen deinen Kinderclub machen. Probehalber. Wenn es Ärger gibt, war’s das letzte
Mal. Die Getränke besorgst du selber. Aber damit das klar ist: Ich will kein Chaos und keinen Ärger. Was ist mit der Musik?«
»Macht Mehmet«, sagt Nora. Sie ist baff.
»Der ist doch über achtzehn«, sagt Leif, ist sich aber plötzlich selbst nicht mehr sicher.
»Und die Miete?«, fragt Nora schnell, um das leidige Altersthema nicht wieder aufkommen zu lassen.
»Zweihundertfünfzig.«
»Das ist zuviel. Zweihundert«, handelt Nora.
Leif schüttelt den Kopf.»Du hast keinen Schimmer von Raummieten. «
»Aber für einen Probelauf …«
Die Klotür fällt zu. Klack, klack, klack, die Schritte entfernen sich. Nora lässt die Schulter sinken. Der Müllsack gleitet ihr aus der Hand.
Die Tür wird wieder aufgerissen. »Zweihundert, und du räumst mein Büro auf.«
Nora ist sprachlos. Nickt.
Okay, so ist es schon besser. Leif hat eine Entscheidung getroffen. Wenn es bei ihrer ersten Veranstaltung keinen Ärger gibt und sie weitermachen will, dann bestellt er sich die Kleine nach Hause in sein Loft. Da soll sie dann versuchen, große Töne zu spucken. Die Konditionen, für egal was in seinem Laden, legt er fest, dass muss ihr unmissverständlich klar werden. Er haut die Clubtür zu und schließt von außen ab.
Nora kontrolliert es, sie hat ein großes Bedürfnis, allein zu sein. So richtig begreift sie noch nicht, dass er JA gesagt hat. Aber er hat doch JA gesagt, oder? Verwirrt schleppt sie das Putzzeug ins Büro.
Das ist also der Arbeitsplatz eines Erwachsenen. Ohne Mühe hat Leif das Chaos in nur zwanzig Minuten zum Fiasko gesteigert.
Super. Entschlossen wirft Nora alle herumliegenden Verpackungsmaterialien in den Müllsack. Die Hälfte der vollen Aschenbecher gleich mit. Weg mit den vier Wandkalendern längst vergangener Jahre. Die Prospekte fliegen in einen leeren Kopierpapierkarton. Gläser, Tassen und Teller müssen eingeweicht werden, ehe man sie in die Spülmaschine stellen kann. Leif braucht keine Telefonbücher mehr, beschließt sie. Und so viele Rechnungen sind es nicht, dass sie nicht alle Platz im Körbchen mit der Aufschrift RECHNUNGEN fänden. Stifte verschwinden in der Schublade. Sie wischt Schreibtisch, Tastatur und Monitor sauber, zieht ein leeres Blatt aus dem Druckerfach und schreibt:
Underworld
BummBox
GhettoBluster
Schwierig, schwierig. Ein guter Name. Glück und Zweifel stürmen gleichzeitig auf Nora ein. Er hat doch JA gesagt? Sie wirft sich aufs Sofa und starrt in die Luft. Es kann klappen – ihr eigener Club! Der Club könnte voll sein mit Leuten, die zur Musik abgehen wie Sektkorken. Es könnte genau der Dienstag sein, an dem alle Zicken und Schlägertypen gleichzeitig Magendarmgrippe kriegen. So was kommt vor. Noras Blick bleibt an einer Beule im Sofapolster kleben. Bäh, in diesem Eingeweide stecken schon Rinderwahn, Vogel- und Schweinegrippe sowie Vulkanasche aus Island. Das Sofa ist ein versiffter, lebender Organismus, ein Geschwür. Sie springt auf.
BummBoxBeat
iGoClubbingBetter
Pretty & Junior
Das mit pretty ist blöd. Jungs wollen nicht hübsch sein. Außerdem soll der Aufforderungscharakter genau nicht in die Richtung »Brezle dich auf, sonst kommst du nicht rein« gehen. BummBox lockt Schläger an. iGoClubbingBetter ist viel zu lang und die Schreibweise zu kompliziert. Sie wendet sich dem Regal zu und packt Ordner zu Ordner, Werkzeug zu Werkzeug, Überflüssiges in die Tonne. Was hat der Karton, ob mit oder ohne den abgebildeten Rasierapparat, neben dem Finanzamtsordner 09 zu suchen? Er klemmt zwischen dem vierten und fünften Brett. Nora stellt sich auf die Zehenspitzen und zieht daran. Es ruckelt, es kracht, und der Finanzamtsordner 09 schlägt Nora zu Boden. Im Fallen schreit sie: »Uuuuuaaaaaa!« Sie hält sich die Hände vors Gesicht und haut den Ellbogen gegen den Papierkorb aus Blech. Das Regal schwankt, bleibt aber zum Glück stehen. Nora spürt Stiche beim Atmen und kichert. Überlebt! Der helle
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