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Liebe stand nicht auf dem Plan

Liebe stand nicht auf dem Plan

Titel: Liebe stand nicht auf dem Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rapp
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Sie ist eingeklemmt zwischen den schwankenden Kistentürmen, kann nicht mehr ausweichen. Entsetzt starrt sie nach oben. Der Stapel kippt ihr entgegen. Glasflaschen krachen auf berstende Glasflaschen.

    Noras Stimme ist eben verklungen, und es herrscht absolute Stille. Niemand bewegt sich, keiner sagt was.
    »Was war das?« Maika hat ein undefinierbares Geräusch gehört. Sie rennt zur Tür und rüttelt am Griff. »Wo ist der verdammte Schlüssel?«
    »Lass sie in Ruhe«, brüllt Dali ihr nach. »Sie will nicht …«, er gibt auf. Maika hat ihre Tasche von der Theke gerissen, die Schlüssel hervorgekramt und ist verschwunden.
    Mehmet reagiert nicht. Er sitzt im Schneidersitz auf der Bühne, in Gedanken ist er woanders.
    Wo er ist, sieht Keath so deutlich vor sich, wie es nur einer sehen kann, der in Gedanken danebensteht. So nah wie möglich bei Nora, aber neben Mehmet. Und die Nähe ist ihm unerträglich. Er will allein sein, stößt sich von der Wand ab und geht auch nach draußen.
    »Nora!« Es sind noch zwei Stunden bis zum Konzert. Im Hinterhof ist kein Mensch. »Nora!« Keine Antwort, obwohl die Tür zum Getränkeschuppen offen steht. Maika rennt los.
    Keath sieht sie im Schuppen verschwinden. Er atmet tief
durch, dann hört er sie schreien: »Hilfe!«, und rennt ebenfalls in den Getränkeschuppen.
    Der Anblick wäre nicht so entsetzlich, wenn aus dem schmalen Gang zwischen der dritten und vierten Reihe nicht ein angewinkelter Arm herausragen würde. Sämtliche Kistenstapel sind nach hinten gekippt. Es sieht aus, als gäbe es nicht den geringsten Zwischenraum zwischen ihnen. Keine Antwort, obwohl Maika »Nora!« brüllt, mit aufgerissenen Augen lauscht, wieder ihren Namen brüllt und lauscht. Keath presst die Lippen zusammen und zerrt seine Vespa in den Hof. Dann richtet er den ersten Stapel auf und zieht ihn zurück, dann den zweiten. Beim dritten reißt er die obere Kiste herunter und gibt sie Maika. Die nächste Kiste stellt er selbst zur Seite. Die Stapel rechts und links davon muss er auch abtragen, damit die verrutschten und verkeilten Getränkekisten nicht auf Nora herabstürzen, wenn er den Stapel vor ihr wegzieht. Er keucht vor Anstrengung, als er ihn endlich aufgerichtet hat und zurückziehen kann.
    Nora ist seitlich auf die Knie gerutscht, die Arme sind angewinkelt. Sie hat den Kopf zur Seite gedreht und blinzelt, als Maika und Keath vor ihr ebenfalls auf die Knie fallen.
    »Kannst du den Kopf drehen?«, fragt Maika. Ihre Stimme klingt gepresst.
    »Erst mal nur die Finger bewegen«, sagt Keath. »Versuch es.«
    Nora bewegt die Finger, holt Luft und verzieht das Gesicht.
    Vorsichtig nimmt Keath ihre Hände und zieht sie langsam nach unten. »Halt du den Kopf«, sagt er zu Maika, und zu Nora gewandt: »Ich ziehe jetzt deine Beine nach vorne, dann kannst du sitzen und die Füße ausstrecken.«
    Sie spürt seinen Arm unter ihrem Hintern, dann den Boden. Als ihre Beine ausgestreckt sind, stöhnt sie auf. Keath streichelt
ihren Hals. »Jetzt dreh den Kopf«, flüstert er, »und sag, wo es am gemeinsten wehtut.«
    Sie macht es. Neben ihrem rechten Auge ist eine dunkelrote Druckstelle. Die Ecke einer Kiste hat sich da eingegraben. »Ich glaub, ich hab Glück gehabt«, sagt sie leise und klingt verwundert.
    Maika streichelt ihren Arm und beißt die Lippen zusammen.
    »Kann ich was zu trinken haben?«
    Seine Augen funkeln. »Hab keinen Flaschenöffner dabei. Ich trag dich lieber rein.«
    »Warte. Hinten sind neugeborene Kätzchen. Wir müssen die Kisten aufstellen, die Mutter kommt sonst nicht …« Sie hustet, ihre Brust schmerzt.
    »Wird sofort erledigt.« Keath hat sie schon hochgehoben.
    »Was ist passiert?« Zwischen den Stapeln tauchen Dali und Mehmet auf. »Bist du verletzt?«
    »Steck das ein«, Maika drückt Mehmet die zerknitterte Getränkeliste in die Hand, »und helft mir, diese verdammten Killerkisten hinzustellen.«

    »Soll ich dich aufs Sofa legen?«
    »Nee.« Sie flüstert.
    »Willst du sitzen?«
    »Nee.«
    »Soll ich dich noch ein bisschen rumtragen?«
    »Ja.«
    »Hast du Schmerzen?«
    »Bloß beim Atmen.«
    »Kein Wunder, du warst richtig eingeklemmt.«
    »Gut, dass ich so klein bin«, sagt Nora leise.
    »Ja, sehr gut.«

    An seiner Stimme hört sie, dass er lächelt. Er wiegt sie. Hin und her. Das tut gut. Auf Leifs Sofa in seinen Armen liegen wär auch schön, wenn niemand reinkommen könnte. »Schließ ab«, murmelt Nora und spürt seine Lippen auf ihrer Stirn.
    »Sieh mich an, sonst denk

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