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Liebe, Stolz und Leidenschaft

Liebe, Stolz und Leidenschaft

Titel: Liebe, Stolz und Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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war zu spät. Der Junge starb am Tag darauf, und aus Angst vor Rache begruben sie ihn auf einem der Felder, ohne das Grab zu markieren."
    "Also findet er keine Ruhe", flüsterte Savannah. "Und streift seitdem durch die Wälder, weil er den Weg nach Hause sucht."
    "So ungefähr."
    "Und der andere Korporal?"
    "Der schaffte es bis zum Haus der Barlows. Ein Dienstmädchen ließ ihn ein. Mrs.
    Barlow wollte sich gerade um ihn kümmern, da erschoß ihr Ehemann ihn."
    Savannah blieb ganz ruhig, denn sie war Grausamkeiten gewöhnt, kleine und große.
    "Weil er nicht den Jungen sah, sondern die Uniform in der falschen Farbe."
    "Richtig. Seine Frau, Abigail Barlow, wandte sich von ihm ab und zog sich vollkommen vom Leben zurück. Zwei Jahre später starb sie."
    "Eine traurige Geschichte. Sinnlose Tode hinterlassen rastlose Geister. Trotzdem .'.."
    Sie schloß die Augen. "Irgendwie wirkt der Wald einladend auf mich. Als ob diejenigen, die hier starben, nicht vergessen werden wollen. Willst du wissen, wo die beiden gekämpft haben?" fragte sie leise.
    Erstaunt sah er sie an. "Weißt du das etwa?"
    Sie öffnete die Augen, die jetzt noch dunkler, noch rätselhafter wirkten als zuvor.
    "Fünfzig Yards von hier, in westlicher Richtung steht neben einem Haufen Felsbrocken ein uralter, knorriger Baum. Dort war es."
    Jared spürte, wie kalte Finger seinen Nacken streiften. Aber ihre Hände waren in seinen. "Ja, das stimmt. Ich habe oft auf den Felsen gesessen und das Kurren der Bajonette gehört.."
    "Ich auch. Und ich fragte mich, wessen Bajonette es waren. Und warum sie gekämpft haben."
    "Passiert dir so etwas häufiger?" fragte Jared mit heiserer Stimme. Vielleicht lag es an dem Thema, über das sie sich hier im nächtlichen Wald unterhielten. Oder an ihren Augen, die so dunkel und unergründlich waren, daß jeder Mann nur zu gern in ihnen ertrinken würde.
    "Dein Urgroßvater war ein Farmer, der einen sterbenden Jungen sah und ihn zu retten versuchte. Mein Urgroßvater war ein Schamane, der im Feuer Visionen sah und sie zu verstehen versuchte. Du versuchst noch immer, Menschen zu retten, nicht wahr, Jared? Und ich versuche noch immer, die Visionen zu verstehen."
    "Bist du...?"
    "Übersinnlich begabt?" Sie lachte herzhaft. "Nein. Ich fühle Dinge. Das tun wir alle.
    Wegen meiner Herkunft akzeptiere ich diese Gefühle. Ich respektiere und ehre sie.
    Ich folgte meinen Gefühlen, als ich Oklahoma verließ. Ich wußte, daß ich einen Ort finden würde, an den ich gehöre. Ich brauchte nur einen Blick auf das Blockhaus, die Felsen, den Wald zu werfen, und ich wußte, ich bin zu Hause. Ich sah dich an jenem ersten Tag über den Rasen auf mich zukommen, und wußte, daß du mich früher oder später begehren würdest."
    Sie beugte sich vor und küßte ihn. "Und jetzt weiß ich, daß ich zurück muß, um meinen Sohn ins Bett zu stecken, bevor er den Kühlschrank plündert."
    "Savannah." Jared hielt sie fest, als sie sich umdrehen wollte, und sah sie eindringlich an. "Was fühlst du über uns beide?"
    Sie spürte die Hitze, dann die Kälte, danach wieder die Hitze, aber ihre Stimme verriet nichts davon. "Ich glaube, wenn man zu weit in die Zukunft schaut, bewältigt man die Gegenwart nicht. Laß uns einfach nur an das Jetzt denken, Jared."
    Als er ihre Hand an die Lippen preßte, wurde Savannah klar, daß das Jetzt schon schwierig genug war.
    Savannah wartete bis zum Ende der Woche, bevor sie Jareds Vorschlag aufgriff und zum Haus der Barlows fuhr. Nein, verbesserte sie sich, zum Haus der MacKades.
    Die Leute in der Stadt nannten das alte Gemäuer auf dem Hügel auch heute noch nach den Barlows, obwohl die Erbauer es schon vor über fünfzig Jahren verlassen hatten. Die letzten Bewohner, ein Ehepaar aus dem Norden, hatten nur kurz darin gelebt und waren vor zwanzig Jahren fortgezogen. In den Jahrzehnten seitdem hatte es immer mal wieder zum Verkauf gestanden, doch niemand hatte es haben wollen.
    Erst Rafe MacKade hatte es gekauft.
    Darüber dachte Savannah nach, als sie von der Straße abbog und die steile Zufahrt entlangfuhr. Jemand hatte begonnen, das überall wuchernde Gestrüpp zu entfernen, aber er hatte noch eine Menge Arbeit vor sich. Wer hier leben wollte, würde viele Visionen brauchen.
    Das Haus selbst bestand aus drei Stockwerken. Hohe Fenster mit gotischen Bögen und Pfeilern zierten die dicken, für die Ewigkeit errichteten Mauern aus Granit. Die meisten waren erst vor wenigen Monaten mit Brettern vernagelt worden. Das hatte

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