Liebe - stürmisch wie Herbstwind
Clarice gab nicht auf. „Ich habe heute Morgen nichts vor, ja, eigentlich den ganzen Tag frei. Und ich suche immer noch jemanden, der mit mir nach Independence Pass fährt.“
„Leider habe ich keine Zeit. Ich muss arbeiten.“
Clarice kicherte geziert, und Samantha war genervt. „Aber Sie sind doch der Boss! Sie bestimmen selbst über Ihre Arbeitszeit.“
„Genau. Deshalb weiß ich auch, dass ich keine Zeit mehr zu verlieren habe.“ Er nahm Samantha beim Arm. „Und nun entschuldigen Sie uns, bitte.“
„Ach so, ja, natürlich.“ Mit offenem Mund starrte Clarice den beiden hinterher.
Anstatt in die Cafeteria steuerte Blake auf den Fahrstuhl zu. Erstaunt sah Samantha ihn an. „Wollen wir nicht erst frühstücken?“
„Wir können uns was ins Büro kommen lassen.“
Nun musste sie doch lachen. „Hast du etwa Angst vor Mrs Richardson?“
„Nein!“, erwiderte er brüsk. „Aber ich muss ihr nicht unbedingt noch mal begegnen.“
„Sie ist wirklich sehr hartnäckig.“ Der Fahrstuhl kam, und beide stiegen ein. „Dann bist du heute Abend verabredet? Gehst du aus?“ Das hätte sie vielleicht nicht fragen sollen, denn hörte sie sich nicht genauso nervtötend an wie Mrs Richardson? Andererseits teilte sie mit Blake zumindest vorübergehend das Bett, und das gab ihr doch gewisse Rechte.
„Nein, ich bleibe zu Hause. Du bist meine Verabredung.“
„Ich?“ Erleichtert atmete sie aus.
Er legte ihr den Arm um die Taille und zog sie an sich. „Und wenn ich nach Independence Pass fahre, dann nur mit einer Frau.“
„Mit Melissa?“ Sie grinste ihn verschmitzt an.
„Nein, mit dir.“ Er küsste sie kurz auf den Mund, gerade als sich die Türen öffneten.
Als sie aus dem Fahrstuhl heraustraten, kam Erica ihnen auf dem Flur entgegen. Sie breitete die Arme aus und strahlte. „Samantha, gut, dass ich dich treffe! Erst mal möchte ich dir nochmals dafür danken, dass du gestern eingesprungen bist. Es war wunderbar.“
„Danke. Hat mir auch viel Spaß gemacht.“
„Und dann wollte ich dir erzählen, dass mich der Leiter der örtlichen Musikschule angerufen hat. Er hat von dir gehört und will unbedingt mit dir sprechen. Im Sommer erwarten sie zu einem Festival über tausend Studenten und Dozenten von überallher. Es gibt Symphonie- und Kammerkonzerte und …“
Hier unterbrach sie Samantha. „Tut mir leid, Erica, so ein Gespräch hätte keinen Sinn. Denn im Sommer bin ich nicht mehr hier.“ Sie spürte, wie Blake neben ihr erstarrte.
Überrascht riss Erica die Augen auf. „Ach so. Ich dachte …“
Blake murmelte so etwas wie, er müsse jetzt endlich anfangen zu arbeiten, und machte sich davon. Samantha sah ihm hinterher. Glaubte er etwa immer noch, sie nehme das Klavierspielen nicht ernst genug? Aber dann wurde ihr klar, dass er an etwas anderes dachte. Daran, dass sie ihn und das Jarrod Ridge verlassen würde.
Auch Erica war ihm mit den Blicken gefolgt, doch dann wandte sie sich wieder Samantha zu. „Habe ich irgendetwas gesagt, das ihn verärgert hat? Das täte mir sehr leid …“
„Nein, nein“, beschwichtigte Samantha sie. „Aber ich sollte jetzt auch endlich an meinen Schreibtisch kommen. Wiedersehen, Erica.“
Blake warf gerade schwungvoll die Tür zu seinem Büro zu, als Samantha den Raum betrat. Also war er wieder wütend auf sie. Es war wirklich nicht einfach mit einem launischen Chef.
Kurz danach verlangte er nach Kaffee. Als sie mit der Tasse hereinkam, schien er sich etwas beruhigt zu haben. Vielleicht bin ich zu empfindlich, dachte sie, und beziehe immer gleich alles auf mich. Wenn sie ehrlich war, hatte er schon allein mit dem Resort viel zu tun. Immerhin war diese große Aufgabe ja noch ziemlich neu für ihn. Außerdem sollte sie nicht vergessen, dass sie seine Assistentin war, auch wenn sie mit ihm schlief.
Gegen elf kam er aus seinem Büro, sah Samantha jedoch nicht an und sagte im Vorbeigehen: „Ich bin bei Trevor.“
Kaum hatte er die Tür hinter sich zugezogen, ging sie in sein Büro und leerte den Ausgangskasten. Da waren ein paar Briefe, die er unterschrieben hatte, außerdem schien er sich tatsächlich die Bewerbungen angesehen zu haben. Am Vortag hatte er den Ordner nicht einmal angefasst, aber mittlerweile hatte er offenbar seine Meinung geändert.
Eigentlich sollte sie froh darüber sein, doch stattdessen fühlte sie sich nur elend bei der Vorstellung, dass er ernsthaft eine Nachfolge für sie ins Auge fasste. Und als sie dann noch feststellte, dass ein
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