Liebe um Mitternacht
stattfinden.«
»Soll ich ihn bitten, um vier Uhr wiederzukommen?«
»Nein, nein. Sie dürfen ihn nicht beleidigen. Er hat uns eine ganze Menge Aufmerksamkeit eingebracht.« Reed eilte um seinen Schreibtisch herum. »Sie wissen doch, was für ein aufbrausendes Temperament er hat.«
»Jawohl, Sir.« Miller wartete auf Befehle.
Neben Carolines Stuhl blieb Reed stehen. »Mrs. Fordyce, würden Sie mich für ein paar Minuten entschuldigen? Eisworth kann recht schwierig sein.«
»Das verstehe ich.« Eine Woge von Übelkeit stieg in Caroline auf, ihr wurde plötzlich kalt. »Vielleicht sollte ich ein anderes Mal wiederkommen.«
»Nein, bitte, warten Sie hier. Es wird nur einen Augenblick dauern.«
Reed verschwand und Miller mit ihm, noch ehe Caroline sich eine Entschuldigung überlegen konnte, um zu gehen. Die Tür schloss sich hinter den beiden.
Caroline saß einen Augenblick lang ganz still und holte tief Luft, in der Hoffnung, dass ihr Magen sich beruhigen würde. Sie sah in die halb leere Tasse mit dem ekelhaft süßen Tee. Die Zeilen, die sie an dem Abend geschrieben hatte, nachdem Adam ihr Arbeitszimmer wieder verlassen hatte, kamen ihr wieder in den Sinn.
Du bist nicht du selbst… ich glaube, jemand könnte dich vergiftet haben …
Unmöglich
, dachte sie.
Du solltest dich nicht von deiner Vorstellungskraft als Schriftstellerin überrumpeln lassen. Reed hat überhaupt keinen Grund, dir etwas anzutun.
Aber dennoch fühlte sie sich nicht wohl. Sie wünschte sich nichts mehr als nach Hause zu gehen, in ihr Bett zu kriechen, die Decke über die Ohren zu ziehen und zu schlafen.
Sie brauchte ihre ganze Kraft, um aus dem Stuhl aufzustehen. Einige Sekunden lang stand sie orientierungslos mitten im Zimmer und bemühte sich, sich nicht zu übergeben.
Sie schloss die Augen, als eine weitere Woge der Übelkeit sie erfasste. Als es vorüber war, holte sie tief Luft, öffnete die Augen und wandte sich zur Tür.
Sie blickte auf ein Foto. Es war kein Foto der Königin sondern ein anderes Foto, das neben der Tür hing. Sie hatte mit dem Rücken zu dem Bild gesessen, deshalb bemerkte sie es erst jetzt.
Es war das Bild einer jungen Frau in einem eleganten Kleid und einem langen weißen Schleier. Ihr wunderschönes Gesicht hatte einen unglücklichen Ausdruck, als würde sie sich einem unangenehmen Schicksal fügen.
»Sarah Reed, nehme ich an?«, flüsterte Caroline. »Warst du ein wirkliches Medium? Konntest du wirklich den Schleier durchdringen und mit der anderen Seite in Verbindung treten?«
Der Schleier.
Dieses Bild hatte etwas an sich …
Das helle Haar der Braut war so frisiert, wie es etwa vor zehn Jahren modern gewesen war.
Sarah Reed war offensichtlich blond gewesen, überlegte Caroline. Warum war das so wichtig?
Sie trat noch näher an das Bild, als würde sie davon angezogen. Sie brauchte ihre ganze Kraft, um sich auf die Einzelheiten zu konzentrieren. Sarah Reeds Kleid und auch der Schleier waren weiß. Das war nicht ungewöhnlich. Nachdem die Königin für ihre Hochzeit mit ihrem geliebten Albert ein weißes Kleid gewählt hatte, war diese Farbe bei Bräuten in Mode gekommen. Viele zogen zwar noch immer andere Farben für ihre Hochzeitskleider vor, doch die Farbe weiß war nicht ungewöhnlich.
Caroline sah näher hin und entdeckte eine Brosche, die Sarah Reed an ihrem Kleid trug. Sie schien aus schwarzem Emaille zu sein.
Ein Gefühl der Angst erfasste Caroline. Ihre Gedanken verschwammen, doch irgendwie gelang es ihr, sich an einige der Dinge zu erinnern, die Adam ihr erzählt hatte, als er die Brosche beschrieb, die er auf dem Mieder von Elizabeth Delmont gefunden hatte. Sie war aus schwarzem Emaille gewesen – dessen war sich Caroline ganz sicher. Er hatte gesagt, dass er in der Brosche das Foto einer Frau gefunden hatte, die ganz in Weiß gekleidet war und einen Schleier getragen hatte … Eine Strähne blonden Haares hatte unter dem Glas der Brosche gelegen.
Gütiger Himmel. Der Schreck ließ ihr Blut zu Eis erstarren. Sie musste sofort von hier verschwinden.
Die Tür wurde geöffnet, noch ehe sie einen Schritt machen konnte.
»Mrs. Fordyce.« Reed betrat das Zimmer und sah sie besorgt an. »Geht es Ihnen gut?«
»Nein. Ich bin krank. Bitte, entschuldigen Sie mich.« Sie machte ein paar Schritte nach vorn und versuchte, die Balance zu halten. »Ich muss sofort nach Hause.«
»Erlauben Sie mir, Ihnen zu helfen.«
Reed schloss die Tür und kam mit ausgestreckten Armen auf sie zu.
»Rühren
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