Liebe um Mitternacht
»Hast du während deiner Nachforschungen in der Nacht und heute Morgen etwas Nützliches erfahren?«
»Nein. Die einzige halbwegs Verdächtige stellte sich als eine Frau heraus, die äußerst schwierig und unberechenbar war und die findet, dass ich das ideale Vorbild für einen Bösewicht in einem reißerischen Roman bin.«
»Wie eigenartig.« Wilsons blassgraue Augen leuchteten interessiert auf. »Erzähle mir von ihr.«
Man konnte sich darauf verlassen, dass Wilson immer den einzigen Aspekt einer Sache herausfand, über den Adam nicht diskutieren wollte, fand Adam. Er strich sich Butter auf seinen Toast, während er über seine Antwort nachdachte.
»Da gibt es nicht viel zu erzählen«, meinte er. »Ich bin davon überzeugt, dass die fragliche Lady überhaupt nicht in die Sache verwickelt ist.«
Wilson lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Das ist nicht das erste Mal, dass wir beide uns beim Frühstück über Mord und eventuelle gefährliche Dokumente unterhalten.«
»Wenn wir uns in der Vergangenheit in dieser Richtung unterhalten haben, ging es immer um geschäftliche Angelegenheiten«, wehrte Adam ab.
»Trotzdem ist es das erste Mal in der langen Geschichte unserer Verbindung, dass du eine Unterhaltung mit einer äußerst schwierigen und unberechenbaren Frau erwähnt hast, die fand, dass du das perfekte Modell für den Bösewicht in einem Roman seist. Verzeih mir, aber das finde ich sehr faszinierend.«
Adam biss in seinen Toast. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich nicht glaube, dass die Lady etwas mit diesem Tagebuch zu tun hat.«
»Sie hat aber offensichtlich Eindruck auf dich gemacht.«
»Sie würde auf jeden Mann Eindruck machen.«
»Du weißt doch, was die Franzosen sagen:
cherchez la femme.«
»Wir sind hier in England, nicht in Frankreich.« Adam legte das Stück Toast zurück auf den Teller und widmete sich wieder seinen Eiern. »Hier liegen die Dinge ganz anders.«
»Nicht immer. Ich komme nicht darum herum zu bemerken, dass die Lady eine äußerst beunruhigende Wirkung auf deine Stimmung hat.«
Wilson kennt mich viel zu gut, überlegte Adam.
»Ich möchte dich daran erinnern, dass ich in den vergangenen vierundzwanzig Stunden nicht geschlafen habe«, erklärte er mit ausdrucksloser Stimme. »Da ist es wohl kaum ein Wunder, dass ich nicht in der besten Laune bin.«
»Ganz im Gegenteil«, wehrte Wilson ab. »Meiner Erfahrung nach wirst du immer kaltblütiger und gefühlloser, je größer das Risiko ist, eigentlich sogar richtig eisig.«
Adam warf ihm einen bösen Blick zu.
Doch Wilson ignorierte ihn. »In der Tat, wenn man dich nicht gut kennen würde, könnte man annehmen, dass du überhaupt keine freundlicheren Gefühle hegst.«
Ein Hauch von Beunruhigung erfasste Adam. Die Gabel in seiner Hand hielt mitten in der Bewegung inne. »Mit allem Respekt, Sir, das Letzte, über das ich mich am heutigen Morgen mit dir unterhalten möchte, sind meine
freundlicheren Gefühle.«
»Also wirklich, Adam, mir ist schon klar, dass du diese Gefühle hast. Noch ein Grund mehr, warum du endlich heiraten und Erben für den Reichtum der Grendon-Hardestys in die Welt setzen solltest.«
»Du kannst dich über einen Mangel an Erben nicht beklagen, Sir. Julia ist bereits verheiratet und hat dir zwei davon geschenkt. Jessica wird im nächsten Frühjahr in die Gesellschaft eingeführt. Sie wird zweifellos innerhalb der ersten beiden Wochen ein Dutzend Anträge bekommen. Wenn sie heiratet, wirst du noch mehr Erben bekommen. Und vergiss Nathan nicht. Früher oder später wird er das Interesse an seiner Philosophie verlieren, er wird heiraten und noch mehr Erben in die Welt setzen.«
»Da bleibst aber immer noch du übrig«, erklärte Wilson. »Du bist der Älteste von allen. Du hättest der Erste sein sollen, der heiratet.«
»Es ist absurd, hier zu sitzen und wieder einmal über mein Unvermögen zu sprechen, eine Frau zu finden, wo ich doch ein weitaus dringenderes Problem habe«, wehrte Adam ab und bemühte sich mit aller Kraft, ruhig zu bleiben. »Ich würde vorschlagen, wir unterhalten uns lieber über dieses Tagebuch.«
Wilson verzog das Gesicht. »Also gut, aber ich muss dir sagen, dass ich mir bei weitem nicht so viele Sorgen darüber mache wie du.«
»Ja, das sehe ich. Würdest du mir freundlicherweise erklären, warum du dir überhaupt keine Sorgen darüber zu machen scheinst?«
»Der einzige Wert dieses Tagebuchs liegt darin, dass man es als Quelle für eine Erpressung benutzen kann. Früher
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