Liebe um Mitternacht
Vorfall und endet mit einem echten Knaller.«
»Wirklich?« Adam warf einen Blick auf die Titelseite der billigen Zeitung und stellte fest, dass
The Mysterious Gentleman
von Mrs. C. J. Fordyce drei ganze Spalten in Anspruch nahm. »Und wie steht es mit Edmund Drake? Findet er ein schlimmes Ende?«
»Noch nicht, Sir. Dafür ist es noch viel zu früh. Drake verhält sich noch immer sehr geheimnisvoll, obwohl es offensichtlich ist, dass er nichts Gutes im Schilde führt.« Der Zeitungsjunge strahlte vor Erwartung. »Er heckt einen bösen Plan gegen die Heldin aus, Miss Lydia Hope.«
»Ich verstehe. Nun ja, so etwas tun Bösewichter nun einmal, nicht wahr? Sie hecken böse Pläne gegen unschuldige Ladies aus.«
»Aye, das ist wahr, aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen«, erklärte der Junge fröhlich. »Edmund Drake wird schon noch ein schlimmes Schicksal ereilen. Alle Bösewichter von Mrs. Fordyce finden in der letzten Fortsetzung ein schreckliches Ende.«
Adam faltete die Zeitung zusammen und klemmte sie unter seinen Arm. »Das ist zweifellos etwas, auf das man sich freuen kann.«
Eine kurze Zeit später ging er die Treppe zu dem großen Haus am Laxton Square hinauf. Morton, dessen kahler Kopf in der Morgensonne glänzte, hielt ihm die Tür auf, noch ehe Adam seinen Schlüssel hervorholen konnte.
»Willkommen zu Hause, Sir«, sagte Morton.
Wäre Adam nicht so erschöpft gewesen, Mortons nur mühsam unterdrückte Neugier hätte ihn belustigt. Immerhin war es bereits halb elf. Er hatte das Haus gestern Abend kurz vor neun verlassen, um in seinen Club zu gehen, und er kam erst jetzt zurück. Es war anzunehmen, dass sein Butler wohl einige Fragen hatte. Aber Morton war viel zu gut ausgebildet oder besser gesagt, viel zu sehr an die exzentrische Lebensweise dieses Hausherren gewöhnt, um eine Bemerkung über die Zeit zu machen.
»Mr. Grendon hat sich gerade zu einem späten Frühstück begeben, Sir.« Morton nahm Adams Mantel und seinen Hut. »Vielleicht möchten Sie ihm Gesellschaft leisten.«
»Ein ausgezeichneter Gedanke, Morton. Ich denke, genau das werde ich tun.«
Er brauchte Essen genauso dringend wie Schlaf, fand Adam. Und früher oder später würde er Wilson gegenübertreten und ihm die schlechten Nachrichten erzählen müssen. Dann konnte er es auch gleich hinter sich bringen.
Als er kurz darauf in das getäfelte und polierte Frühstückszimmer trat, blickte Wilson Grendon von seiner Morgenzeitung auf. Er betrachtete Adam ein paar Sekunden lang, dann zog er seine goldgerandete Brille von der Nase und legte sie beiseite.
»Ich nehme an, du hattest kein Glück?«, fragte er ohne weitere Einleitung.
»Das Medium war tot, als ich es fand. Ermordet.«
»Verdammt.« Wilson zog seine dichten grauen Augenbrauen über seiner bemerkenswerten Nase zusammen. »Delmont ist tot? Bist du auch ganz sicher?«
»Bei einer solchen Sache irrt man sich nur selten.« Adam warf die gefaltete Zeitung auf den Tisch und ging zur Anrichte, um sich die Speisen anzusehen. »Ich habe keinen Hinweis auf ein Tagebuch finden können, also muss ich wohl davon ausgehen, dass der Mörder es gestohlen hat. Die halbe Nacht und den größten Teil des Morgens habe ich damit verbracht, Nachforschungen in dieser Sache anzustellen.«
Wilson nahm diese Information mit besorgtem Gesicht entgegen. »Der Mord ist ganz sicher eine eigenartige Wendung in der ganzen Sache.«
»Nicht unbedingt. Der durchschnittliche Bösewicht würde in dieser Sache wohl ein großes Potenzial für eine Erpressung sehen.« Adam griff nach einem silbernen Vorlegebesteck und häufte sich Rühreier mit geräuchertem Lachs auf einen Teller. »Die Erwartung eines großen Geldbetrages bringt einige Menschen schon dazu, über einen Mord nachzudenken.«
Wilson sah ihn nachdenklich an. »Bist du sicher, dass das Medium wegen des Tagebuches umgebracht wurde?«
»Nein.« Adam trug seinen Teller zum Tisch und setzte sich. »Aber mir scheint es eine logische Erklärung zu sein, unter diesen Umständen.«
»Nun, wenn du Recht hast, dann wird sich derjenige, der im Besitz dieses Tagebuchs ist, wohl schon bald bei dir melden.«
»Ich ziehe es nicht vor, still zu sitzen und zu warten, bis der Mörder mir eine Einladung schickt, in der er mich bittet, ihm einen bestimmten Betrag zu geben.« Adam machte sich über seine Rühreier her. »Ich habe die Absicht, ihn zuerst zu finden.«
Wilson trank einen Schluck von seinem Kaffee, dann stellte er die Tasse wieder ab.
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