Liebe Unbekannte (German Edition)
liefern wollen.
„Was hat der Meister mit der Staatssicherheit zu tun? Ich will kein schlechtes Wort über den Meister hören“, sagte Gábor scherzhaft, um das Problem herunterzuspielen. Und Kornél ließ sich leicht beruhigen, denn in diesem Moment wollte er nichts mehr, als einen Film über die alten Bibliotheksleute drehen, da er gerade im Bann der Bibliothek lebte.
Sie einigten sich also darauf, dass Patai ihnen doch ruhig eine Kamera besorgen sollte, und sie würden sich vor ihm in Acht nehmen. Ja, Gábor dachte sich sogar ein geschicktes Ablenkungsmanöver aus. Sie würden die Interviews mit der Kamera natürlich machen, jedoch ein Diktafon dabeihaben, und die Kamera bei den wirklich heiklen Fragen ausschalten. So hätten sie sowohl etwas für Patai als auch geheimes Material.
„Das ist das Ziegen-Paradoxon“, erklärte er. „Wir werden mit zwei Kohlköpfen und einer Ziege arbeiten. Die Ziege wird satt von dem einen und vom anderen weiß sie nichts.“
„Jetzt kommt er mir hier auch noch mit Ziegen“, sagte Kornél in sanftem, gespielt mürrischem Ton, denn genau das war die Lösung.
Sie verabschiedeten sich am
Astoria
voneinander und legten noch einmal den Zeitplan fest: Gábor würde im Februar, gleich nachdem er vom Wehrdienst entlassen worden sei, sofort in die Bibliothek kommen, wahrscheinlich als Hilfskraft für das Institut zur Herausgabe von Enzyklopädien eingestellt werden (wie Kornél), das würde sich noch herausstellen, Kornél würde bis dahin alles herausbekommen und für Gábor und ihren Plan den Weg ebnen. Und er würde auf Gábor warten, dieser solle sich keine Sorgen machen, er würde nicht ohne ihn anfangen. Gábor habe bis dahin nichts anderes zu tun, als im Februar wohlbehalten durch das Tor der Kaserne in Tapolca herauszuspazieren, und dann würden sie loslegen können.
Gábor schwamm jedoch zwanzig Minuten später bereits in der Donau und trat, nach einem Zwischenspiel von einigen Wochen im Krankenhaus, am 15. November die Stelle in der Bibliothek an. Er hätte es nicht bis Februar ausgehalten.
Bereits nach wenigen Tagen im Militärkrankenhaus kam ihm der Gedanke, überstürzt gehandelt zu haben. Bis dahin hatte er gedacht, Kornél erwarte ihn in der Bibliothek voller Ungeduld. Als dieser jedoch seinen Freund besuchte, schwärmte er ihm etwas von einer Frau vor, deren Namen er ihm zuerst gar nicht verraten wollte, da die Angelegenheit nicht nur hoffnungslos, sondern zudem noch geheim sei. Dann weihte er Gábor doch ein, vertraute ihm den Namen Emma Olbachs an und zeigte ihm sogar ein Bild von ihr. Gábor war begeistert, denn sie war nicht nur strahlend schön, sondern erinnerte ihn auch noch an eine Türkentaube, da ihre Augen so weit auseinander lagen, dass sie wahrscheinlich nur mit zur Seite geneigtem Kopf lesen konnte. Kornél lächelte resigniert. Nun ja … Es sei jedoch wirklich hoffnungslos, und dafür gebe es gleich mehrere Gründe.
Gábor verstand ihn nicht. Sie erschien ihm so perfekt, dass er nicht einmal Neid empfand. Ihre Schönheit überstieg das Maß, dessen er sich würdig fühlte. Seine eigene zukünftige Rolle in Kornéls neuer Liebe sah er darin, dass er eine Art gemeinsames Kind von Kornél und dieser Frau sein werde. Um den man sich würde kümmern müssen, ihn hierhin und dahin mitnehmen, und diese neue Frau würde sich insgeheim mit Kornél beraten, welche ihrer Freundinnen sie mit ihm verkuppeln sollten. Dieses idyllische Bild ging Gábor durch den Kopf, und er freute sich schon darauf, da er seit Tímeas Flucht niemanden hatte, die Frauen machten einen großen Bogen um ihn.
„Du hast das völlig falsch verstanden“, erklärte Kornél etwas ungeduldig. „Ich sage doch, dass von einer neuen Liebe gar keine Rede ist. Das ist eine aussichtslose Sache. Ohne jegliche Zukunft.“
Es fehlten wichtige Informationen. Wenn es hier eine Frau gab, die in Kornél verliebt war und Kornél auch in sie, wieso sollte das dann keine Liebe sein? Und Kornél erklärte, dass sie die Freundin von Emőke Széles sei, wodurch Gábor zugleich auch klar wurde, dass diese keineswegs aus Kornéls Leben verschwunden war.
„Natürlich sind wir noch zusammen“, sagte Kornél verwundert. „Das ist eine große Liebe! Wir werden einander umbringen! Wie es sich gehört. Darum geht es.“
Vorerst verschwieg er Gábor, dass Emőke schwanger war, da er immer noch hoffte, sie sei es vielleicht doch nicht.
„Und der Rockmusiker?“
„Das war falscher Alarm.“
Da
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