Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe Unbekannte (German Edition)

Liebe Unbekannte (German Edition)

Titel: Liebe Unbekannte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: István Kemény
Vom Netzwerk:
Namen haben dort diese Villen erbauen lassen, und auf den Säulen neben den Eingangstoren sind diese riesigen, zwei Zentner schweren Steinkugeln. Und so eine Kugel rollte uns die Áron-Gábor-Straße hinterher, stell dir das mal vor! Sie kam hinter uns aus der Kurve geflogen, hinüber auf unsere Seite, und wenn mich mein Freund nicht auf die Mitte der Fahrbahn gerissen hätte … diese verdammt schwere Kugel sprang beinah schon, so schnell rollte sie … Sie flog gegen einen Baum, prallte zurück und rollte weiter die Áron-Gábor-Straße hinunter. Dann verschwand sie. Ich lief auf der Seite, die näher am Gehsteig war, und das ist das Wichtigste an der Geschichte: Da man nicht wissen konnte, wie weit die Kugel hinausfliegen würde, schubste mich Kornél nicht auf den Gehsteig, sondern zog mich zu sich. Weil es in der Mitte der Fahrbahn sicherer war! Sogar darauf hatte er geachtet. Und so etwas passiert ihm ständig. Er zieht die Gegenstände an. Und stoßt sie ab. So ein Kerl ist er. In seiner Nähe rollen Steinkugeln herum, und er rettet dir das Leben! Und gleichzeitig macht er dich wahnsinnig. Verstehst du nun, was für ein Kerl er ist?“
    Nun verstand ich es. Gerda hatte manchmal so ein Vorgefühl. Und es verwunderte mich beinah gar nicht, dass in diesem Moment Gerda den Wagen betrat. Sie fuhr meist mit dem Zug, da sie von der Praxis in der Tétényi Straße kam und in Kelenföld einstieg, und am Bahnhof Kelenföld hatte der Zug ja gerade gehalten, also war das nichts Übernatürliches, im Gegenteil, es war überaus natürlich. Und da steckte ich den Zeigefinger quer in den Mund, als würde ich daran kauen. Es war eine alberne, jedoch völlig unauffällige Geste. Das war das Notsignal, das Gerda, Erika und ich für den Fall erfunden hatten, dass wir aus irgendeinem triftigen Grund so tun müssten, als würden wir einander nicht kennen: Es sah aus, als würde ich fingerkauend ein Gähnen unterdrücken wollen.
    „Kannst du wirklich verstehen, was für ein Kerl er ist? Es ist nicht zum Aushalten. Es ist einfach nicht zum Aushalten, Tamás!“
    Gerda kam in unsere Richtung, Gábor saß mit dem Rücken zu ihr und hielt mir die Flasche Wein hin. Mit einer Hand nahm ich die Flasche und bleckte, immer noch mit dem Finger im Mund, wild die Zähne. Sie war sehr verdutzt, das sah ich ihr an, aber sie schaltete sofort. Sie erkannte das Zeichen und als sie an uns vorbeiging, warf sie einen Seitenblick auf Gábor. Absolut richtig, vergeudete sie keine Zeit damit, auch mich anzusehen. Sie merkte sich Gábors Gesicht. Ich hingegen sah sie an: Die Verblüffung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Und die Angst. Denn bisher war es nie nötig gewesen, dass wir eines unserer Notsignale abgaben. Ich muss sie beruhigen, dachte ich, ich werde gleich auf die Toilette gehen. Ich wusste, dass Gerda sich in den nächsten Wagen setzen würde, so nah wie möglich zu uns, damit sie mir notfalls helfen konnte.
    Ich weiß bis heute nicht, weshalb ich das Notsignal abgegeben habe. Ich wusste schon während ich es tat, dass es blöd von mir war. Aber der Apfelwein hatte auch bei mir seine Wirkung getan, obwohl ich nur ein Viertel von Gábors Menge getrunken hatte. Er gehörte zu den Menschen, die schnell betrunken wurden. Ich hätte wissen müssen, dass er in diesem Zustand selbst dann nicht gefährlich sein konnte, wenn er es vielleicht sonst war. Allerdings ließ mich seit dem Nachmittag der Gedanke nicht los, dass Gábor wegen Patai etwas von mir wollte.
    Dem Impuls, mich kurz umzudrehen und Gerda hinterherzuschauen, konnte ich nicht widerstehen, aber daran war auch nichts Auffälliges. Sie hatte gerade den anderen Wagen betreten und, soweit ich es im Halbdunkel erkennen konnte, mir einen beruhigenden Blick zugeworfen: Sie sei in der Nähe, ich solle keine Angst haben und mich geschickt anstellen. Jetzt schoss mir der Gedanke durch den Kopf, ihr hinterherzurennen, sie zu bitten, sich zu uns zu setzen und sie früher oder später mit Gábor zu verheiraten. Das wäre der natürliche Lauf der Dinge gewesen, da Gábor sich zunehmend als mein Freund entpuppte, und nur meine blöden Reflexe wegen Patai einfach zu langsam waren. Dann sprang ich aber doch nicht auf, um ihr hinterherzurennen, „Ach, hallo, Gerda, du bist ja an uns vorbeigelaufen, das hier ist ein Freund von mir“, denn Gábor fing plötzlich an zu wimmern, was die Spitzel-Version völlig zunichtemachte. Verdutzt drehte ich mich zu ihm um.
    „Was ist denn los?!“
    „Sie haben sich

Weitere Kostenlose Bücher