Liebe und andere Parasiten
Haji Katanga eine Schachtel mit Fragebögen und ein paar Meter hinter ihm Alex in weißem Hemd, hellgrauen Jeans und staubigen Stiefeln vorsichtig ein Tablett mit Impfstoffgläschen tragen, die frisch aus dem Kühlgerät kamen. Er zog auf der Straße zwischen den Häusern ein verwackeltes V aus Kindern, Hunden und Hühnern hinter sich her. Den Blick hielt er auf die Gläschen gerichtet, damit er sie auch ja nicht umkippte, und Bec sah, dass er davon fasziniert war, wie die aufsteigenden Eisdunstfähnchen die rot werdende Sonne fingen. Sein Kopf neigte sich tiefer und tiefer, und er ging immer langsamer, bis er stehen blieb und die Kinder und Hunde sich um ihn scharten, voller Neugier, was seine Aufmerksamkeit erregte. Sie sah, wie er ihr Interesse allmählich registrierte; angeregt zu erklären versuchte; sich erinnerte, was er eigentlich tun sollte; aufmunternd zu ihr herüberblickte; den zerfledderten Zug rotwangig weiterführte.
»Dr. Katanga, Ihr Assistent bummelt«, sagte sie zu Haji.
Haji schaute sich um und sah Bec dann kopfschüttelnd an. »Man kriegt heute kein gutes Personal mehr«, sagte er.
Später blickte sie von der Schlange der Kinder und Mütter auf und erkannte in der Ferne Alex mit einer Gruppe älterer Jungen um eine hohe Dorftrommel stehen. Sie zeigten ihm, wie man sie spielte, und er schüttelte den Kopf, unterbrach sie, hielt zwei Stöcke hoch, die er gefunden hatte, und vollführte einen Schlagzeugwirbel, und sie schüttelten den Kopf und unterbrachen ihn und schlugen die Trommel mit den Händen, und er schüttelte den Kopf und unterbrach sie und immer so weiter.
Während der letzten Wochen des Impfstofftests wandten sich Becs Gedanken der Zukunft zu, und sie stellte fest, dass Alex darin enthalten war und dass ihr das gefiel. Es war Luxus, im Geruch der Liebe nackt Haut an Haut mit einem Mann zu liegen, der nicht nur wusste, was sie meinte, wenn sie über die basolaterale Domäne der Leberzellmembran klagte, sondern ihr auch versichern konnte, dass ihre Arbeit sich lohnte.
»Es ist wie ein episches Gedicht«, sagte er eines Nachts und wippte dabei leicht vor Begeisterung, wie er es sich mit wachsender Unbefangenheit ihr gegenüber angewöhnt hatte. »Auf der einen Seite die Menschheit und Haemoproteus, auf der anderen die Moskitos und Malaria-Parasiten.«
»Wer ist der Anführer?«, sagte Bec.
»Du. Mit Rosshaarhelm auf dem Kopf und deine mächtige Spritze schwingend, drehst du dich auf deinem herrlichen schwarzen Ross zu den Schlachtreihen um, die sich beiderseits von dir erstrecken, und befiehlst dem Trompeter, zum Angriff zu blasen. Verdammt, ein Spion im Lager! Hast du das gehört?« Er wandte sich hin und her, klatschte die Hände in der Luft zusammen, schaute, ob er die Mücke erwischt hatte, und schlug abermals nach dem pulsenden Sirren, das zu ihnen unters Netz gedrungen war.
»Hast du dein Malarone genommen?«, sagte Bec.
»Werde ich nicht dadurch immun, dass ich mit dir schlafe?«
»Nein. Du bist nicht der Erste, der das sagt«, sagte Bec, am Laken zupfend. Unwillkürlich zuckte ihr Mund, und ihr Blick richtete sich nach innen auf die Erinnerung an eine einwöchige Affäre mit einem kenianischen Immunologen vor Jahren. Alex merkte es und ließ sich unwillig auf das Bett zurückfallen, und sie schmiegte sich an ihn und legte ihm die Hand aufs Herz. »Aber du kannst der Letzte sein.«
»Das hört sich wie ein Versprechen an«, sagte Alex, auf einen Haken gefasst.
»Wenn du mich dann noch haben willst«, sagte Bec. »Ich bin nicht einfach.«
»Einfach ist billig«, sagte Alex. Sie hat auch Val das Versprechen gegeben, dachte er; ist das der Haken?
Bec spürte seinen Zweifel. »Es ist ja nicht so, dass mich jemand mit einem Ring überrumpelt und ich ihn nehme«, sagte sie. Sie fühlte sich aufgefordert, eine Zusage in Worte zu fassen, eine schlichte, feierliche und bindende Form, aber die Gesellschaft, der sie angehörte, wollte ihr scheinen, hatte dem alten Stück, das Frauen und Männer miteinander aufführten, Text und Rollen weggenommen, ohne neue als Ersatz zu liefern. Sie hatte daher die Freiheit, ihr Gelöbnis zu improvisieren, und Freiheit, verstand sich, war etwas Gutes, aber wenn eine moderne, freie Frau ein aufrichtiges und lebensveränderndes Versprechen abgeben musste, griff sie als Erstes zu irgendeinem antiquierten Klischee. Dabei kam es ihr unnötig vor; sie hatte das Gefühl, dass alles längst entschieden und sie bereits ein Paar waren.
»Ich muss etwas
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