Liebe und andere Parasiten
wichtig.«
»Es war dir also lieber, ich denke, du bist geizig? Wie konntest du zulassen, dass ich ein Haus mit ihm teile, und mir nicht sagen, dass er so einen Berg Schulden hat?«
»Niemand weiß es. Auch meine Eltern nicht.«
Bec schauderte. »Hast du einen Handel mit ihm gemacht?«
»Nein.«
»Vielleicht doch, und es war dir nur nicht klar.«
»Nein.« Er erinnerte sich an das Flussufer und beschloss, das Gespräch von damals geheim zu halten.
Becs Telefon piepte. Es war eine SMS von Dougie.
»Er ist auf dem Weg nach London«, sagte sie. »Ich glaube, er weiß nicht, dass du es weißt. Was sollen wir tun?«
»Was sollen wir wegen Ritchie tun?«, sagte Alex.
»Wir? Sind wir noch wir?«, sagte Bec. Keiner konnte den anderen noch anfassen, und keiner wusste, was er sagen sollte.
69
An diesem Nachmittag hatte Dougie einem Bekannten und dessen Geschäftspartner an einem kleinen runden Tisch in einem Pub in Shettleston gegenübergesessen. Zwischen ihnen befanden sich Dougies halb leeres Glas Bier, Smiths schwarzer Kaffee, McGilverays Glas Mineralwasser, ein Stapel links oben zusammengehefteter Druckseiten und ein silberner Kugelschreiber. Es war drei Uhr nachmittags in Glasgow, und es fiel nicht viel Tageslicht herein.
»Ich bin sonst eher ein Thekensteher«, sagte Dougie. »Das Rauchverbot hat mir die Petersilie verhagelt. Mit der Kippe an der Theke, da ist man beschäftigt. Man hat was zu tun.«
»Für das Rauchen im Pub ist noch nie einer bezahlt worden«, sagte Smith. »Unterschreibst du?«
Dougies Blick fiel auf die einsame Silhouette eines Mannes, der vor den blinkenden Spielautomaten hin und her ging. Ab und zu drückte er einen der Knöpfe, ohne dass es ihm je gelang, das unaufhörliche Brummen und Pfeifen der Automaten anzuhalten. Die einzige andere Menschenseele in dem Lokal war das Mädchen hinter der Theke, das mit erstaunlicher Energie die Gläser polierte und dabei kaum alt genug war, um sich selbst vom Sortiment zu bedienen.
»Was ist, wenn ich’s nicht tue?«, sagte Dougie.
»Dann gibt’s keine Kohle«, sagte Smith. Er griff in seine Jacke, holte einen weißen Briefumschlag heraus und legte ihn neben den Vertrag. »Und deine Wohnung kriege ich am Ende trotzdem.«
Dougie öffnete den Umschlag und ließ die Kanten der roten Scheine über den Daumen zischen.
»Wie viel ist das?«
»Acht Riesen.«
»Wir hatten von zehn gesprochen.«
»Du hast von zehn gesprochen. Heutzutage wollen alle ihre Mädels klapperdünn und ihre weißen Umschläge superfett haben. Die Verhältnisse sind schuld, nicht ich, dass es dann doch immer andersrum ist.« Smith lehnte sich gemütlich auf seinem Stuhl zurück und faltete die Hände über dem Bauch. Er und der Anwalt trugen offene North-Face-Skijacken über Anzug und Krawatte.
»Und du bist ein richtiger Anwalt, eh?«, sagte Dougie zu McGilveray, während er sich den Stift nahm.
»Ja, bin ich.«
»Und du hast ein schönes Haus, Frau, Kinder?«
»Habe ich. Und ich arbeite hart, um für sie zu sorgen.«
Dougie überflog noch einmal den Vertrag. Die Wendung »wird einbehalten« stach ihm ins Auge, obwohl sie sich typografisch vom übrigen Text nicht abhob.
»Wenn du ein richtiger Anwalt bist, wieso arbeitest du dann für diesen Scheißkerl?«, sagte er.
Smith beugte sich vor. »Es bringt dir nichts und wird dir nie was bringen, wenn du hier in der Stadt den harten Burschen spielst. Du bist ja nicht mal von hier. Du bist der Sohn von ’nem Landarzt, Himmel, Arsch und Zwirn. Ich tu dir einen Gefallen. Achttausend bar auf die Kralle und dreißigtausend weniger Schulden für eine ramschige ehemalige Kneipe, die gewiss keine vierzig wert ist.«
»Sie war fünfundsiebzig wert, als ich sie gekauft hab.«
»Der Laden war nie fünfundsiebzig wert. Hier.« Smith zog einen zusammengeknüllten Zehnpfundschein und etwas Kleingeld aus der Tasche und warf alles auf den Tisch. »Das lege ich noch für deine Kaufreue dazu.«
McGilveray sagte: »Wenn du die Zahlungen termingerecht leistest, wird es kein Problem geben. Dann behältst du dein Eigentum.«
»Und du kriegst deine dreißig Prozent«, sagte Dougie.
»Dein Bruder haut dich schon wieder raus«, sagte Smith.
»Auf keinen Fall«, sagte Dougie. Er beugte sich über den Vertrag und kritzelte mit rasender Geschwindigkeit seine Unterschrift darauf.
»Und noch mal hier«, sagte der Anwalt weiterblätternd. »Und hier.«
»Bitte sehr«, sagte Smith und reichte ihm das Geld. »Hast du einen Tipp fürs
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