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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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schwanger. Ich wusste, dass Dougie mich mag – oh, dein Gesicht, bitte schau nicht so, das ist ja schrecklich! –, und ich habe einmal mit deinem Bruder geschlafen, während du fort warst. Und jetzt bin ich schwanger. Ich werde ein Kind haben, und ich will, dass es unser Kind ist, deines und meines, egal, wer … wer … es gezeugt hat.« Sie verstummte. Alex hatte den Kopf zur Seite gedreht und starrte mit leicht geöffneten Lippen auf den Fußboden.
    »Du kannst jetzt sprechen«, sagte sie.
    »Sprechen?«, sagte Alex und blickte sie an, als ob er sie noch nie zuvor gesehen hätte. »Was soll ich sagen? Ist das alles?«
    »Nein«, sagte Bec, und sie erzählte ihm von Ritchie und Val. Alex machte seine Hände los und legte sie sich an den Kopf.
    »Ich bin überzeugt, ich hätte es dir auch ohne äußeren Zwang erzählt, ich bin davon überzeugt, aber sicher wissen werde ich es jetzt nie«, sagte Bec.
    »Warum sollte er –« Alex tappte blind den Worten hinterher, die Bec gesagt hatte. Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Die elementaren Streben des Denkens hatten sich aufgelöst. Es gab keinen Halt und kein Gefühl. Er war nichts als ein Bewusstsein in einem Körper. Er stand auf und blickte sich um.
    »Was tust du?«, sagte Bec und kam um den Tisch herum auf ihn zu.
    »Ich brauche was, woran ich mich festhalten kann«, sagte Alex.
    »Halt dich an mir fest«, sagte Bec. Sie versuchte, ihn in die Arme zu nehmen, doch er schüttelte sie ab und trat zurück.
    »Ich kann nicht«, sagte Alex, und das erste halbwegs klare Empfinden verdichtete sich in ihm. »Ich schäme mich.« Er wich in die Ecke der Küche zurück, sackte auf den Fußboden, schloss die Arme um die Knie und versteckte den unteren Teil seines Gesichts dahinter.
    »Sprich mit mir«, sagte Bec, kniete sich neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Wie kommst du dazu, dich zu schämen?«
    »Ich schäme mich, weil ich nicht wütend bin«, sagte Alex.
    »Vergiss nicht, dass du Vater werden wirst«, sagte Bec.
    »Werde ich das?«, sagte Alex. »Du solltest dich mit meinem Bruder zusammentun. Er braucht eine Frau.«
    »So sind meine Gefühle für ihn nicht«, sagte sie. »Es hatte nichts mit Liebe zu tun.«
    »Wie konntest du –« Alex brach ab und senkte wieder den Kopf. »Ich sollte wütend auf dich sein. Ich sollte wütend auf ihn sein. Aber ich bin nicht wütend.« Er sah sie verwundert an. »Wenn ich ein Mann wäre, wäre ich wütend, nicht wahr? Ich wäre rasend, hysterisch.« Er stand auf. »Siehst du, das ist es. Es fällt mir zu leicht, dir zu vergeben. Ich habe keine Zähne. Keine Klauen.« Er hielt sich die Hand vors Gesicht. »Ich bin nicht lebenstüchtig. Ich bin unfähig, mich fortzupflanzen. Männer wie ich müssen beiseitetreten. Ich bin schwach. Ich bin das überflüssige Produkt einer verweichlichten Zivilisation. Du hattest recht, an mir zu zweifeln. Ich empfinde nichts als Scham, dass du dich gezwungen gesehen hast, das zu tun. Scham und Scham über die Scham und Scham über die Scham über die Scham.«
    »Glaubst du, ich will, dass du wütend wirst?«
    »Ich fühle nichts.«
    »So fühlt sich Schmerz an, wie nichts.«
    »Was du getan hast, war sinnvoll.«
    »Aber es war nicht richtig.«
    »Ich wüsste nicht, warum nicht.«
    »Weil du der Mann bist, den ich will, und niemand anders.«
    »Die Menschen wissen nicht immer, was sie wollen. Das letzte Wort haben die Hormone.«
    »Du bist der Mann, niemand anders, und darin liegt ein Versprechen, und wenn ich anfange, dieses Versprechen zu brechen, dann beschmutze ich alles, was ich sage oder tue. Wenn es so sinnvoll gewesen wäre, hätte ich mit dir darüber sprechen sollen.«
    Wie haben sie es getan?, dachte er bei sich. In unserem Bett? Und es kam ihm grundverkehrt vor, dass ihn die Vorstellung von seinem Bruder nackt zwischen Becs Beinen eher mit Neugier als mit Zorn erfüllte; die Scham kam zurück.
    »Vielleicht dachte er, er kann so seine Schulden bezahlen«, sagte er, bevor ihm einfiel, dass er ihr von dem Darlehen nichts erzählt hatte. »Er schuldet mir Geld.«
    »Ich weiß«, sagte Bec und blickte stirnrunzelnd auf den Boden. Sie sah Alex wieder an. »Wie viel ist es?«
    »Hundertzwanzigtausend Pfund.«
    »Und du meinst, als dein Bruder tat, worum ich ihn bat, da dachte er, er würde eine Schuld zurückzahlen?«
    »In seiner Vorstellung vielleicht.«
    »Warum hast du mir nicht gesagt, dass er dir so viel schuldet?«
    »Ich wollte nicht, dass du denkst, mir ist Geld

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