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Liebe und andere Schmerzen

Liebe und andere Schmerzen

Titel: Liebe und andere Schmerzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hrg. Jannis Plastargias
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Kerl! Leider zeigte er null Interesse an mir. In seiner Stammkneipe himmelte ich ihn schamlos an, was Gerrit lediglich ein Gähnen entlockte. Es war die schiere Qual. Ich schüttete Samira mein Herz aus. Sie löffelte ihren Joghurt und rümpfte die Nase. Heute sah sie wie ein verwahrlostes Kätzchen aus, mit dem wackelnden Leberfleck.
    »Hilf mir, Samira, bitte«, flehte ich liebeskrank.
    »Kann nicht«, murrte sie.
    »Mach doch einmal eine Ausnahme, du bist mir was schuldig. Wie oft habe ich dich aus dem Mob in unserer Kindheit rausgehauen, ha?«
    Ihre Augen funkelten. »Ach? Du willst mich erpressen?«
    Ich senkte den Blick vor Samiras Wut, bestand aber darauf, dass es ihre verdammte Pflicht war, mich zu unterstützen.
    »Okay«, lenkte sie ein, »ich verstehe deinen Wunsch, geh hin und hol dir das Objekt deiner Begierde.«
    Sie fuchtelte mit den langen Armen um mich herum, zischelte: »Szinggwigringkawumm!«, für einen Moment flammte es in ihrem Wohnzimmer glutrot auf, es sirrte und pfiff, dann war es still. Ich umarmte sie glücklich.
    »Na los doch«, sagte sie freundlich.»Aber ich schwöre dir, es war die absolute Ausnahme. Bitte mich nie wieder um so etwas, denn ich werde es nicht tun. Kein einziges Mal mehr.«
    Ich versprach es hoch und heilig, schwor es sogar beim Namen meiner Mutter, und war so aufgeregt vor Vorfreude, dass meine Stimme ganz tief und heiser klang. Ich rannte heim, um mich herauszuputzen.
    Vor der Wohnungstür begegnete mir die Nachbarin. Sie sah mich seltsam an und fragte:
    »Wohnen Sie hier?«
    War sie besoffen?
    »Aber ja, Frau Meier!«, sagte ich befremdet und knallte die Tür hinter mir zu.
    Als ich mich im Spiegel erblickte, wäre ich fast gestorben. Das war doch nicht möglich! Mit zitternden Fingern tippte ich Samiras Nummer ins Telefon.
    »Bist du sicher, dass du den richtigen Liebeszauber genommen hast? Weißt du, wie ich aussehe?«, brüllte ich.
    Samiras glockenhelles Lachen erklang.
    »Klar, weiß ich das, Stefanie. Du wolltest doch unbedingt den tollen Kerl. Um ihn zu kriegen, musst du ab jetzt Stefan heißen, kapiert?«
    Ich brach ohnmächtig zusammen.
    Als ich zu mir kam, warf ich einen genaueren Blick in den Spiegel, um festzustellen, dass ich ein ganz passabler Mann geworden war, und kicherte über die Untertreibung des Jahrhunderts. So überirdisch hatte ich vorher nicht ausgesehen! Waschbrettbauch, breite Schultern, bronzebraun glänzten Haut und Haar, veilchenblaue Augen blitzen vergnügt aus den edlen Gesichtszügen. Ungläubig starrte ich lange Zeit auf den Prachtkerl. Das Kleid musste natürlich gegen ein anderes Outfit gewechselt werden; ich zog meinen größten Pullover und meine engsten Jeans an. Was für ein Knackpo! Dann raste ich zu Samira.
    Eine unbekannte Schönheit öffnete mir. Ein Rasseweib im grünen Etuikleid. Sie warf die golden schimmernden Locken in den Nacken.
    »Na? Schon erholt vom ersten Schock?«
    »Samira?«, fragte ich stotternd.
    »Komm rein«, sagte sie nickend.
    Wir setzten uns nebeneinander aufs Sofa und ich konnte mich einfach nicht satt sehen an ihr.
    »Ein Mal ist kein Mal«, kicherte sie. »Nur für heute Abend.«
    Gecko Felix lugte hinter seinem Cocteau hervor und schnalzte leise, als ich zum ersten Mal meine Hand zwischen die Schenkel einer Frau legte.

Brigitte Münch
    LETZTE LIEBE
    I Morgán ist achtundsechzig. Und in diesen achtundsechzig Jahren ist es ihm heute zum ersten Mal passiert, dass er verschlafen hat. Ein paar Sekunden lang starrt er ungläubig auf den alten Wecker mit dem gesprungenen Glas – doch es bleibt dabei: es ist halb drei. Die lebhaften Geräusche auf der Straße und die goldenen Streifen, die die Sonne durch die Ritzen der Jalousie gegen die Wand wirft, bestätigen zusätzlich die vorgerückte Stunde.
    Morgán macht eine Bewegung, um aus dem Bett zu springen, doch ein stechender Schmerz in den Rippen lässt ihn wieder zurücksinken. Er fährt sich über die schweißnasse Stirn und murmelt:
    »Na, was denn! Was soll denn das? Willst du dir etwa eine Krankheit anlachen, alte Schachtel?«
    Müde lässt er den Blick durch seine ärmliche Behausung schweifen, bis er schließlich an zwei großen Körben haften bleibt, die unter dem Fenster stehen. Morgán ist Straßenverkäufer. Seitdem er denken kann, zieht er Tag für Tag und Abend für Abend durch die Varieté- und Nachtclubviertel von Kairo: den einen Korb mit Nüssen, Mandeln und Pistazien gefüllt, den andern mit Blumen und Jasmin-Girlanden. Wie soll er heute

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