Liebe und Gymnastik - Roman
er erneut in Gedanken.
Don Celzani war glücklich. Der Weg war also frei, und nach diesem Besuch musste die Maestra ihm auch wohlgesinnter sein als früher. Er hatte vor, zunächst mit der gebotenen Vorsicht versuchsweise einen Antrag zu machen und dann, wenn der erste Versuch gut aufgenommen wurde, das Äußerste zu wagen. Der erste Versuch konnte überall stattfinden. Er suchte also nach einer Gelegenheit auf der Treppe. Doch er hatte Pech. Die Zibelli hatte sich zum hundertsten Mal mit der Freundin versöhnt, aus den üblichen Gründen. Als der Student Ginoni seine Eroberungsversuche einen nach dem anderen von der Pedani abgewiesen sah, hatte er begonnen, der Zibelli kleine Aufmerksamkeiten zu erweisen, teils aus Rache, teils aus einer gewissen groben Flegelhaftigkeit, aufgrund deren er hoffte, aus Ärger Liebe herauszupressen: keine erklärte Werbung, sondern eine Art von halbernster «Eselei», freundschaftliche Unterhaltungen, hier und da ein Sträußchen Blumen, ausdrucksvolle Händedrücke, wenn er sie allein traf. Und obwohl sie diesen Bekundungen kein sonderliches Gewicht beimaß, wusste die Zibelli sie, ohne den Grund zu ahnen, doch als Schmeicheleien für ihre Eitelkeit, als Erquickung, als angenehmen Weidegrund für ihre Fantasie zu schätzen. Wieder in gutem Einvernehmen mit der Pedani, begleitete sie sie daher nun jedes Mal, wenn sie wusste, dass sie dem jungen Mann nicht begegnen würden, beim Ausgehen und auf dem Nachhauseweg, wie ehedem. Ihretwegen schlugen also mehrere Versuche Don Celzanis, die Pedani abzupassen, fehl.
Einmal, als er schon meinte, die Schöne ganz allein zu überraschen, trat Professor Padalocchi aus seiner Wohnung und hielt sie auf, um sich über seine übliche Atemnot zu beklagen und ihr zu sagen, dass ihn das Armkreisen, das sie ihm empfohlen hatte, zu sehr anstrenge. Nach kurzer Überlegung empfahl ihm die Maestra lautes Lesen und erklärte ihm, die Beschleunigung der Atmung durch diese Übung werde mit 1,26 veranschlagt. Er solle jedoch darauf achten, beim Lesen eine lose Krawatte zu tragen: Er werde bestimmt eine Besserung erzielen. Der Sekretär hoffte, dass sie nun fertig wären, aber der schreckliche Alte erbat Aufklärung über die Beugebewegungen in der Schreber-Gymnastik, und da ließ er seinen Plan fallen.
Ein anderes Mal hatte er sie beim Nachhausekommen fast eingeholt, unten am Fuß der Treppe, sie war allein, als hinter ihnen Ingenieur Ginoni eintrat, der ebenfalls gerade heimkehrte. Seitdem Don Celzani den Rückfall in seine Leidenschaft erlitten hatte, hatte er ihm gegenüber wieder die Rolle des Beschützers eingenommen, halb wohlwollend, halb spöttisch. Aber diesmal fügte er ihm wirklich ein Leid zu.
«Signorina Pedani», sagte er mit größtem Ernst und legte dem Sekretär die Hand auf die Schulter, «ich darf Ihnen hier einen der ausdauerndsten und tüchtigsten Akrobaten des Turiner Turnvereins vorstellen.»
Don Celzani erschauerte, leugnete, errötete, glühte vor Ärger. Er hätte sich verstecken mögen und wünschte dem Unverschämten von Herzen alles erdenklich Schlechte. Doch die Maestra gab einen Ausruf freudigen Erstaunens von sich, sah ihn an, wie um nach den Veränderungen zu suchen, die die Gymnastik an ihm bewirkt hatte. In diesem Augenblick stand er in seiner üblichen priesterlichen Haltung da, sie aber meinte, in seinen Augen mehr Lebendigkeit zu entdecken. Trotzdem hatte sie den Verdacht, das Ganze könne ein Scherz sein.
«Sehen Sie, ein zweites Mal können Sie es nicht leugnen», sagte der Ingenieur. «Glauben Sie mir, Signorina Maestra, erreicht zu haben, dass Don Celzani in den Turnsaal geht, das wird als die wunderbarste Ihrer Heldentaten gelten!»
Dieses «Don» traf Celzani in diesem Moment empfindlich. Aber er sah auf dem Gesicht der jungen Frau ein so aufrichtiges Lächeln, ohne jeden Anflug von Spott, das ihn tröstete. Ja, der Augenblick war da, er würde gut daran tun, keinen Tag länger zu zögern. Und noch am selben Abend, vor Anbruch der Nacht, zu einer Zeit, da er wusste, dass die Zibelli außer Haus war, stieg er unter dem Vorwand, nachsehen zu müssen, ob die Trinkwasserleitung beschädigt sei, zur Wohnung der Pedani hinauf.
Er hatte gehofft, in ihrem Zimmer empfangen zu werden. Sie empfing ihn jedoch im Wohnraum. Sie trug ihre türkis gestreifte Gymnastikbluse, unter der sich ihre Schultern wunderbar abzeichneten, und ein weißes Röckchen mit einem Tintenfleck über dem Knie. Zum ersten Mal wirkte sie ein wenig
Weitere Kostenlose Bücher